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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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für ihre Halbtrauerkleidung traf, kam Petru mit dem Postschiff aus Palermo.
    »Hier drin ist alles«, mit diesen Worten legte er einen großen Umschlag auf den Schreibtisch seines Herrn. »Mir schwant, es brechen schlimme Zeiten an.«
    Der Marchese öffnete das Kuvert und las die Papiere.
    »Was haben Sie also beschlossen?« Mit dieser Frage trat Baron Uccello später im Zirkel auf ihn zu. »Bleiben Sie in Vigàta, oder gehen Sie nach Amerika zurück?«
    »Ich bleibe noch ein paar Tage, erledige eine Sache, und dann geht’s zurück nach Amerika. Von Zeit zu Zeit, wenn mich der Hafer sticht, komme ich wieder her. Aber begraben sein will ich nicht in Vigàta.«
    »Wollen Sie nicht bis nach der Hochzeit Ihrer Nichte warten?«
    Der Marchese sah ihn an, blieb ihm jedoch die Antwort schuldig. Was allerdings den Ort seiner Beerdigung anging, war er ein schlechter Prophet.
     
    Als Padre Macaluso in Don Totòs Arbeitszimmer trat, sah er, daß Baron Uccello bereits zugegen war, was ihn nicht sonderlich freute. Was auch immer der Grund war, weshalb Petru ihn herbestellt hatte, er, der Baron, würde auf alle Fälle nicht neutral, sondern kontra sein, denn die Kirchenmänner konnte er nun mal nicht ausstehen.
    Der Marchese erhob sich, ging auf ihn zu, reichte ihm die Hand und bat ihn, Platz zu nehmen. »Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Nein danke, Marchese, um diese Tageszeit verderbe ich mir sonst den Appetit.«
    »Dann kommen wir gleich zur Sache. Ich habe mir erlaubt, lieber Padre, Sie herzubitten, denn ich weiß, daß Sie es waren, der meine Nichte überzeugt hat, sich mit Impiduglia zu verloben.«
    »Du guter Gott, das war ich nicht allein. Da waren auch die Signori… «
    »Die Signori interessieren mich nicht.«
    »Sehen Sie, auch der Apotheker…«
    »Lassen Sie den Apotheker aus dem Spiel. Und machen Sie bloß nicht noch mehr Schritte zurück, Sie könnten sonst nach hinten fallen und sich weh tun. Ist das klar?«
    »Sonnenklar.«
    »Ntontò hat nun mal zu viele und zu schwere Schicksalsschläge erlitten, weshalb ich als Onkel Sorge tragen muß, daß nicht noch ein größeres Unheil über sie hereinbricht.«
    »Was gibt es Schlimmeres als den Tod der Eltern und den eines Bruders?«
    »Es gibt noch Schlimmeres, lassen Sie sich das gesagt sein, Herr Pfarrer. Ich habe Petru nach Palermo geschickt, um Erkundigungen über diesen Impiduglia einzuholen. Fangen wir gleich mal damit an, daß er vier Geliebte hatte.«
    Padre Macaluso lächelte.
    »Finden Sie daran etwas spaßig?«
    »Nein, aber das sind doch Jugendsünden. Seit Impiduglia in Vigàta lebt, ist er gewiß zur Vernunft gekommen.«
    »Zur Vernunft, wie das? Etwa im Bett von Frau Clelia Tumminella?«
    Padre Macaluso lächelte nicht mehr.
    »Gehen wir zu ernsthafteren Dingen über. Impiduglia frönt hemmungslos dem Glücksspiel, er ist mit Leib und Seele der Spielsucht verfallen. Sein gesamtes Vermögen hat er bei Kartenspiel und Roulette verloren.«
    »Das wußte ich nicht.«
    »Das glaube ich Ihnen gern. Darf ich Ihnen noch etwas anderes sagen? Er hat sich von Papìa einen Teil von Ntontòs Mitgift auszahlen lassen, und die Hälfte davon hat er sofort verspielt. Damit aber nicht genug: Er wurde auch zweimal wegen Betrugs verurteilt. Sehen Sie sich die Unterlagen an.«
    Padre Macaluso zog ein Häufchen Papiere vom Schreibtisch zu sich heran. Was er las, waren keine Ungereimtheiten, sondern Urteilsauszüge und vereidigte Zeugenaussagen.
    »Was soll ich nur machen?« fragte er niedergeschlagen.
    »Mit Impiduglia sprechen. Ich gebe ihm drei Tage Bedenkzeit und stelle ihm drei Bedingungen zur Wahl. Entweder packt er sein Bündel und verschwindet, weiß der Teufel, wohin; Ntontò schreibt er ein nettes Brieflein, um ihr zu sagen, daß er es einfach nicht übers Herz bringe, sich fest zu binden, und nicht für die Ehe geschaffen sei. Die zweite Möglichkeit ist, daß er nicht verschwindet und wir damit im offenen Krieg sind. In diesem Fall lasse ich meine Nichte entmündigen und werde ihr gesetzlicher Vormund, und der Herr Impiduglia kann Ntontòs Geld dann mit dem Fernrohr beäugen. Das bei Gericht zu erreichen ist nicht schwierig. Das Gesetz folgt immer der Straße, die vom Geld vorgezeichnet ist. Oder aber er kommt hier in mein Haus, bittet mich um Verzeihung für das Leid, das er Ntontò zuzufügen beabsichtigt hat; dann gebe ich ihm eine kleine Abfindung, und jeder von uns geht seiner Wege. Er darf jedoch nicht den Fehler machen und im Laufe dieser drei Tage meine

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