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Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Toman
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Sibbys Hütte, der Herzstrang, der Met … Warum, um Himmels willen, haben Sie mir nicht geholfen?«
    (O Gott! Die Pinkelpause!)
    Er sieht mich kurz an, als wäre ich ein grünes Marsmännchen mit rosa Tupfen, das zu einem Bryan-Adams-Look-Alike-Contest antritt. So ungefähr. Dann ändert sich sein Gesichtsausdruck, wird weicher, fast mitfühlend, und er schüttelt langsam den Kopf.
    »Entschuldigung, ich habe vergessen, dass Sie noch geschont werden müssen. Sie sind noch nicht ganz auf dem Damm.«
    »Geschont? Was soll das heißen, geschont? Was habe ich denn eigentlich? Ich erinnere mich nur an einen Schuss und einen Aufprall, etwa hier …«
    Ich fasse mir mit der Hand vorsichtig an den Kopf. Tatsächlich spüre ich eine riesige, schmerzende Beule und noch etwas, das mich weit mehr entsetzt: meine Frisur! Ogottogottogott! Hektisch kämme ich mit den Fingern durch das verfilzte Gestrüpp, das früher einmal mein Haar gewesen sein muss. Ich mag mir auch keineswegs ausmalen, wie es um den Zustand meines Make-ups bestellt ist, und dieser Geruch, der unter meinem erhobenen Arm hervorströmt, erinnert auch nicht mehr wirklich an Donna Karan. Scheibenkleister! Schnell ziehe ich mir die Decke bis zum Kinn. Sicher, er sieht nicht viel besser aus, aber er ist ein MANN , und Männern verleihen fahle Haut, verdreckte Kleidung, wuchernde Bartstoppeln sowie zerzauste Haare zumindest eine leicht romantische Aura. Wildmannwürze. Wir Frauen dagegen sehen einfach nur beschissen aus!

    Ich schnuppere und stelle zufrieden fest, dass mein Gestank sich unter die Decke zurückgezogen hat. Dafür hängt etwas anderes im Raum, ein Geruch, der, ich weiß nicht warum, mir seltsam vertraut vorkommt. Doch was für ein Geruch ist das? Ich komme nicht darauf.
    Eine Krankenschwester steckt den Kopf zur Tür herein, macht eine bedeutungsvolle Geste Richtung Uhr und verschwindet wieder.
    »Besuchszeit«, meint Alt schulterzuckend.
    »Dumme Frage, aber wo bin ich hier eigentlich?«
    »Im Landeskrankenhaus Salzburg. Sie sind unter Beobachtung, immer noch. Glauben Sie mir, die haben Ihnen kaum eine Chance gegeben. Sie sind ein medizinisches Wunder!«
    Ich starre ihn ungläubig an. In meiner Magengrube macht sich ein heißes, flaues Gefühl breit. Es ist durchaus möglich, dass ich mir gleich in die Hose pinkle. Gibt es so etwas wie einen verspäteten Schockzustand?
    »Bitte was? Wegen einem Schlag auf den Kopf? Ist da oben - irgendwas geplatzt oder so? Dafür fühlt es sich eigentlich …«
    »Gift.«
    »Wie?«
    »Sie haben eine schwere Vergiftung. Ihnen wurde der Magen ausgepumpt, trotzdem war schon eine gewisse Menge des Gifts vom Körper aufgenommen worden. Sie werden es überleben, falls es das ist, was sie fragen wollten. Die Ärzte«, er erhebt sich, »werden Ihnen in Kürze die unappetitlichen Details verraten. Ich gehe dann besser, Sie sollten sich ausruhen.«
    »Moment!«
    Er hält mitten in der Bewegung inne. Etwas an der Art, wie er mich forschend betrachtet, macht mich unglaublich zappelig,
was wiederum dazu führt, dass ich schroffer als nötig mit ihm spreche.
    »Sie gehen nirgendwo hin, bis Sie mir nicht erzählt haben, was hier eigentlich los ist. Sehe ich so aus, als ob ich ein friedliches Mittagsschläfchen …«
    »Es ist bald Abend!«
    »… ein Schläfchen machen könnte, solange ich nicht vollständig aufgeklärt wurde, warum ich mich hier in diesem sterilen Krankenzimmer befinde, wie ich hergekommen bin, und, last but not least, was für eine Rolle Sie dabei spielen, Herr Alt!«
    Er hebt resigniert die Arme, streicht sich die widerspenstigen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die natürlich sofort wieder nach vorn springen, und setzt sich erneut auf den Sessel neben meinem Bett.
    »Von mir aus. Sie sind hier, weil man Sie vergiftet hat. Mit einem Stück Kuchen, so weit ich informiert bin. Sie sind in einem Krankenwagen hierhergebracht worden, den ich von der Ortsausfahrt aus gerufen habe. Und was meine Rolle angeht«, er zögert, spricht aber schließlich weiter, »ich bin Privatdetektiv und versuche seit einiger Zeit, in dem Bergdorf etwas über die sonderbaren Todesfälle herauszufinden. Die Tante des kleinen Mädchens, Sarah - Sie erinnern sich vielleicht an das Grab -, diese Tante hat mich engagiert.«
    Kurz wird sein Gesichtsausdruck abwesend, als dächte er über ein Problem nach. Dann schüttelt er den Kopf und reibt sich mit dem Finger die Nasenwurzel.
    »Diese - Frau - Selene heißt sie, also, sie glaubt nicht, dass das

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