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Jage zwei Tiger

Titel: Jage zwei Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Hegemann
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Herbstcoloris .«
    »Fucking hell.«
    »Und noch nicht mal ein elegantes Gesicht, sondern die könnte auch irgendwie die ausgelernte Fachverkäuferin von Fleischartikeln sein, die fragt: ›Noch ein Scheibchen Mortadella?‹«
    »– und dir die dann so hinwedelt, als sei es ein oller Lappen.«
    »Mit einem Pistazienstück.«
    »Genau. Das aber schon rausgefallen ist. Zumal das ja immer das Beste war an Mortadella, das rausgefallene Pistazienstück.«
    »Horror.«
    »Und die andere Tussi, auf die ich achten soll? Von der brauch ich auch noch ne präzise Beschreibung.«
    Aram sagte: »Okay, dann hol ich mal die Rechnung.«
    Und Cecile sagte: »Au ja, bitte. Also, die andere, wie sah sie aus?«
    »Mmh, die andere«, sagte Julia. »Ah, Scheiße, wie kann ich das beschreiben, meine Tante hast du ja mal kennengelernt, kannst du dich an diesen grünen gestreiften, komischen Kackkunstgewerbemantel erinnern, den sie damals trug?«
    »Äh, ja, also, nein.«
    »Aber du weißt, worauf ich hinauswill, wenn ich sage: nicht Wolle und auch nicht Filz, sondern – aus nem festeren Material, das man auch nie versteht und das grundsätzlich so leicht gestreift ist und so leicht glänzt und irgendwie potthässlich.«
    Cecile und Julia kehrten an dieser Stelle sozusagen in sich und dachten fieberhaft nach, um was für ein Material es sich handeln könnte. Dann kam Aram irgendwann zurück und hatte Angst, was verpasst zu haben.
    »Scheiße, ich war nicht dabei, erzähl noch mal«, sagte er, während er sich wieder hinsetzte und über den Tisch zu ihnen beugte.
    »Vielleicht kannst du das Material benennen, ich nenn’s gerade Kunstgewerbemantel, es ist so ein komisches, fast wie …«
    »Tencel!«, schrie Aram.
    »Hä?«, schrien Cecile und Julia im Chor und guckten danach reflexhaft über die Schulter der jeweils anderen, um sicherzugehen, dass sie nicht zu viel Aufmerksamkeit erregt hatten. Hatten sie zwar, aber auch das war längst egal, die Eltern zweier seitengescheitelter arischer Zwillinge guckten strafend, but they didn’t give a fuck. Der andere Gast des Restaurants war eine Engländerin unter dreißig, die das Alleinreisen ganz offensichtlich hatte verrückt werden lassen. Sie steckte in einem festlichen blauen Seidenkleid und bat die Kellner einen Tick zu hysterisch darum, sie erstens vor der Leuchtreklame des Restaurants zu fotografieren und zweitens die Schalen der von ihr verzehrten Austern als Andenken einpacken zu lassen.
    Aram: »Tencel heißt das, glaube ich. Sprecht ihr über ein eng anliegendes Oberteil?«
    Julia: »Nein, über einen Mantel, der irgendwie so rüberhängt. Das Material wirkt fast wie Bast. Und ist meistens gestreift.«
    Aram: »Dann ist das irgend so eine Leinenabart.«
    Julia guckte skeptisch.
    »Genau, Hanf, so arty Kunstmarktshit eben, ich kann’s mir vorstellen. Und die Haare?«, sagte Cecile.
    »Na ja, sie war jedenfalls dick, also so wirklich dick, sodass man es sah, und ganz klein.«
    »Wie klein? So klein wie Alexandra?«
    »So klein wie ich, muss ich zu meiner Schande gestehen, also eins sechzig.«
    »Bist du völlig beschissen? Du bist nicht klein.«
    »Ja, ich weiß, egal. Jedenfalls. Die Haare. Eine Frisur, die vom Mittelscheitel gewellt auf die Schultern hinabhing, schwarzer Ansatz, ansonsten blond, sah kacke aus, aber ganz reine Haut, hat man eh in dem Alter. Leicht aufgedunsen. Brille auf. Wie gesagt, wirklich winzig. Und ähm. Das war’s auch eigentlich schon. Habt ihr ein Bild vor Augen?«
    »Ja klar, aber –«
    »Wo ist denn mein Mascara, zur Hölle.«
    »– wie ist denn der Look, Julia, also, assoziativ? Wer war das?«
    »Ähm, warte. Ja. Meine Geschichtslehrerin, weißte, tut mir leid.«
    »Trug sie dann auch so ein dämliches H&M -Pseudoseidending mit leichtem U- Ausschnitt?«
    »In Glanz? O Gott, ja, fies diese Dinger, genau so, du scheinst es erfasst zu haben.«
    »Fucking hell.«
    »Sagtest du bereits.«
    »Und was genau soll ich jetzt machen, wenn ich eine von denen tatsächlich erkenne?«
    »Du lotst sie nach draußen und knallst sie ab. Nein, verdammt, du sagst ›Hey Osterhase‹.«
    »Stilechtes Codewort.«
    »Und dann, dass du was dabeihast und wie viel. Der Rest geht von alleine.«
    »Sie führt mich durch die Gegend und stellt mir potenzielle Abnehmer vor, toll.«
    »Genau. Guck mich nicht so an, du wolltest doch unbedingt arbeiten für dein Geld.«
    »Ich beschwer mich gar nicht, ich find’s ne völlig dankbare Position. Wie viel nehm ich?«
    »Für ein Teil, das

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