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Jagt das rote Geister-Auto!

Jagt das rote Geister-Auto!

Titel: Jagt das rote Geister-Auto! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Gesicht
war ebenmäßig, aber der Ausdruck verkniffen.
    Jetzt weiß ich’s, dachte Rode. Gestern
nachmittag stand der unten. Hat die Firma angestaunt. Und ich hielt ihn für
einen berufsmäßigen Demonstranten — weil er so menschenfeindlich aussieht. Als
fände er alles zum Erbrechen.
    In diesem Moment, zwischen dem 3. und
4. Stock, hielt der Lift.
    Ein Ruck! Klick! Irgendwo knirschte
Metall. Die Sicherungssperre, die die Liftkabine vor dem freien Fall in den
Keller bewahrt, rastete ein.
    „Häh?!“
    Der Rothaarige — der niemand anders war
als Leo Zeckel — starrte auf die Schaltknöpfe.
    Mit einem Schritt war er dort, drückte,
fingerte, betätigte den Notknopf.
    Esel! dachte Rode. Damit erreichst du
gar nichts. Nur der Pförtner kann uns helfen. Und wenn der gerade auf dem Klo
ist — was er immer ist um diese Zeit — dauert es noch mindestens zehn Minuten.
    „Wir stecken fest“, heulte Zeckel.
    Sein Gesicht war jetzt fahl wie Asche.
    Eine gezügelte Form von Bösartigkeit
regte sich in Rode.
    „Da kann man nur hoffen, daß noch
jemand im Hause ist“, sagte er. „Was ich aber nicht glaube. Kann schon sein,
daß wir hier festsitzen bis morgen früh.“
    Leos Zähne begannen zu klappern.
    Rode wunderte sich. War der
übergeschnappt? Wie der sich benahm! Ein Irrer?
    Leo riß seine Jacke auf.
    Sie hatte sechs Innentaschen. Alle
enthielten Werkzeuge. Leo wählte einen Schraubenzieher und begann mit
fieberhafter Eile, die Schrauben im Stahlboden der Kabine zu lockern.
    Doch die saßen fest. Schon beim ersten
Versuch brach der Schraubenzieher ab.
    „Nun mal langsam!“ meinte Rode und
bereute seine Panikmacherei. „Es wird ein Stromausfall sein. Wir...“
    „...sind verloren“, kreischte Leo.
    „Was?“
    „Wir werden zerfetzt.“
    „Wie... meinen Sie das?“
    „In... in“, Leo starrte auf seine
Armbanduhr, „genau sechs Minuten.“
    „Was? Wieso?“ Rode umklammerte seine
Aktentasche mit beiden Armen.
    „Ich habe eine Bombe angebracht. Eine
Höllenmaschine. Im Keller — genau unter dem Fahrstuhlschacht. Sobald sie... Wir
stürzen in die Tiefe... Nein, wir fliegen auseinander.“
    Rodes Herzschlag setzte aus. Die Brust
wurde eng. Kein Gefühl mehr in den Armen.
    Er ließ die Aktentasche fallen.
    Geld! Was war das angesichts des Todes?
Ein Dreck! Schlimmer! Er, Paul Rode, hatte sein Gewissen beladen — so kurz vor
seinem Ende.
    „Dann... sind... sind... Sie der
Erpresser, der die Briefe... Briefe schickt an... Bruchseidl.“

    Leo lehnte an der Wand und nickte. Sein
Unterkiefer hing auf die Brust. Die Zunge baumelte heraus wie bei einem
Jagdhund, der tieffliegende Düsenjäger verfolgt und keinen erwischt.
    „Es ist aus“, keuchte Leo. „Wir sterben
gemeinsam. Tut mir leid. Umbringen wollte ich niemanden. Ich wollte nur
zerstören. Ein bißchen. Weil ich diese geldgeilen Schicki-Micki-Typen wie
Bruchseidl hasse. Mein Name ist Leo Zeckel. Mit wem habe ich die Ehre,
gemeinsam zu sterben?“

18. Die beiden aus dem Lift
     
    Tim spurtete die ganze Strecke und
mußte feststellen, als er bei der Firma Bruchseidl ankam, daß weder Glockners
Privatwagen noch ein Polizei-Fahrzeug parkend in der Abendluft stand.
    Tim verschnaufte kurz, rieb sich mit
dem Taschentuch übers Gesicht und stellte sein Rennrad neben dem Portal an die
Mauer.
    Alle Fenster waren dunkel, nirgendwo
brannte Licht. Nirgends regte sich etwas. Hier breitete sich seit etwa zehn
Minuten der Feierabend aus, und die Bruchseidl-Angestellten hatten sich
heimwärts begeben.
    Tim ging zum Portal und drückte gegen
die Glastür.
    Offen.
    Im Glaskasten des Pförtners brannte
Licht. An einer Schalttafel im Hintergrund blinkte ein rotes Lämpchen wie ein
Notsignal. Aber der Pförtner war nicht zu sehen.
    Ich bin hier der erste, dachte Tim, und
der ist hier der letzte. Oder vergaß er, abzuschließen? Irgendwas hat Herrn Glockner
aufgehalten. Wahrscheinlich wird er noch kommen.
    In diesem Moment öffnete sich im
hinteren Teil der Eingangshalle eine Tür. Für Sekunden war eine Klo-Spülung zu
hören. Dann schlurfte der Pförtner heran, ein unlustiger Graukopf mit
Tränensäcken.
    Ein strenger Blick richtete sich auf
Tim.
    „Was suchst du hier?“
    Das haben wir gern, diesen Schnauz-Ton,
dachte Tim.
    „Ich bin gewissermaßen mit Kommissar Glockner
verabredet. Hierselbst. Das ist der Herr, der die Untersuchung leitet wegen der
geklauten Kohle. Wovon Sie sicherlich schon gehört haben.“
    Tim drehte sich um, denn ein Wagen
hielt vor dem Portal:

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