Jagt das rote Geister-Auto!
trollte
sich die Einfahrt entlang in Richtung Tor, wo er sich hinter einen Fliederbusch
hockte, der mit einem Holunderstrauch eine Verfilzung eingegangen war.
In der Tat! Dieser parkgroße Garten
schrie nach einem Gärtner.
Klößchen lehnte sich wieder an seine
Ulme, schloß die Augen und döste ein. Gerade als er das Schnarchen anfing,
öffnete Tim die Fahrertür des Ferraris und glitt auf den Sitz.
Der Wagen roch noch wie gestern.
Das Leder fühlte sich kühl an.
Tim schaltete die Innenbeleuchtung an,
um jeden Winkel zu durchforschen.
Im Handschuhfach lag Krimskrams:
Autokarten von der näheren Umgebung, Europa und speziell Südfrankreich, ein Eau
de Parfüm für duftbewußte Herren, vier Kugelschreiber und ein abgebrochener
Bleistift, Sportfahrerhandschuhe, an denen sich zwei Nähte auf dröselten, drei
Kaugummis mit Pfefferminz-Geschmack, eine hartgetrocknete Orangenschale und
eine Packung Papiertaschentücher.
Etwas Aufschlußreiches über den
Geisterfahrer war nicht dabei.
Die Fächer in den Türen enthielten
nichts. Im Fond lag eine leere Plastiktüte.
Für einen dritten und vierten Mitfahrer
war wenig Platz vorhanden. Der Fond bestand aus sogenannten 2/2 Rücksitzen. Wer
lange Beine hatte, mußte seine Ohren auf den Knien abstützen.
Tim stieg aus und öffnete den
Kofferraum.
Leer.
Klüger bin ich jetzt nicht, dachte der
TKKG-Anführer.
Er setzte sich wieder hinters Lenkrad,
holte den Ferrari-Schlüssel aus dem Brustbeutel und machte am Zündschloß eine
halbe Umdrehung.
Jetzt ließ sich das Radio einschalten.
Es war ein toller Empfänger, ein
Äther-Abhorcher vom Besten. Logo! Wer diesen Superwagen fährt, wird nicht am
Radio sparen.
Tim hatte den Empfang leise gedreht. Er
erwartete, ein Symphonie-Konzert aus Tokio oder eine Sportübertragung aus San
Franzisko zu hören — mindestens.
Stattdessen rauschte es nur.
Null Sender! Kein Empfang.
Tim wollte gerade Hand an die Knöpfe
legen und suchen, als er die Stimme hörte.
„...an City 19. Hört ihr mich? An City
19...“
„Wir hören dich, Zentrale“, antwortete
eine andere Stimme. „Hier City 19.“
„Eben ging ein Anruf ein. Der Mann hat
seinen Namen nicht genannt. Er habe keine Zeit, müsse weiter. Hat offenbar auch
keine Hilfe geleistet. Es klang, als spreche er durch sein Autotelefon.
Jedenfalls gibt er an: Auf der Rohrdommel-Allee in Höhe der Kaiser-Wiesen
krieche ein Mann am Fahrbahnrand rechts. Stadtwärts. Der Mann sei
schwerverletzt — offenbar ein Unfallopfer. Ihr seid in der Nähe. Seht mal nach,
ob da was dran ist. Oder ob uns jemand verulkt.“
„Sind schon unterwegs“, antwortete der
Polizist aus Streifenwagen City 19. „Sollte mich nicht wundern, wenn das rote
Geisterauto wieder zugeschlagen hat. Ende.“
Mann! Tim zischte wie ein Drache, der
Sodbrennen hat. Hoffentlich ist das ein ganz normaler Unfall — mit
Fahrerflucht. Sonst hocken wir hier an der völlig falschen Adresse.
Er schaltete das Radio aus, zog den
Zündschlüssel ab und verließ die Garage.
Mit einem schaurigen Uhu-Ruf lockte er
Karl herbei. Klößchen mußte geweckt werden.
„Ihr glaubt es nicht“, berichtete Tim. „Das
Radio im Ferrari ist auf die Polizei-Funk-Welle geschaltet. Vielleicht hat
Bruchseidl seinen Spaß dran. Oder der Geisterfahrer hat das so gefingert, damit
er hört, wie die Streifenwagen sich postieren. Bisher konnte er ja auch immer
entwischen. Und eben hörte ich...“
Als der die Neuigkeit los war, sagte
Karl: „Rohrdommel-Allee — das ist doch der Zubringer zur Autobahn. Die Allee
führt am Motel Buchenhöhe vorbei. Wenn wir die Straße hier nach rechts
runterfahren, einmal rechts und am Pitzau-Weg links einbiegen, sind wir fast
da.“
„Du sagst es“, nickte Tim. „Also nichts
wie hin. Wenn der Verletzte kriechen kann, kann er auch reden. Vielleicht sah
er, ob’s ein rotes Geisterauto war oder...“
„...ein Bus der Städtischen
Verkehrsbetriebe“, grinste Klößchen.
„Witzbold!“ meinte Karl.
Sie nahmen ihre Tretmühlen und rollten
los.
21. Klößchen findet den Koffer
Außerhalb der Stadt fiel das Mondlicht
auf Wiesen und Felder. Richtig dunkel war es jetzt nur unter den Bäumen im
Wald.
Die Rohrdommel-Allee verläuft
zweispurig westwärts.
Stadtauswärts auf der rechten Seite
buckelte sich ein aufgeschütteter Hang mal meterhoch, mal in doppelter Höhe.
Oben wuchsen Büsche.
Mehr Büsche — nämlich drei bis vier Reihen
hintereinander — begrenzten die Straße auf der anderen
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