Jahrestage 1: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl
daß ›weniger als ein Sieg unvorstellbar ist‹.
…
Der Präsident erinnerte an die Besuche des Kardinals zu Weihnachten in Süd-Viet Nam und sagte: ›Die Gnade seiner Güte berührte jede Art von Menschen und Nationen.‹«
© by the New York Times Company
» WETTBEWERB DER VERLEGER UM DIE RECHTE AN DEN TAGEBÜCHERN CHE GUEVARAS
Ernesto Che Guevara, der lateinamerikanische Revolutionär, der während seines Lebens nur ein Buch veröffentlichte, ist posthum zum Mittelpunkt literarischer Bemühungen geworden.
Seit die bolivianische Regierung am 9. Oktober den Tod Mr. Guevaras und die Erbeutung seiner Kampftagebücher bekanntgab, hat eine Anzahl amerikanischer und europäischer Verleger sich um die internationalen Rechte an den Dokumenten beworben.
…
Verhandlungen um die Weltrechte an Mr. Guevaras bolivianischem Tagebuch sind im Gange zwischen Magnum Fotos Inc. und der bolivianischen Regierung. Die Regierung behauptet ein Besitzrecht an dem Manuskript mit der Begründung, das Tagebuch sei ein ›erbeutetes Kriegsdokument‹.
Magnum, ein Zusammenschluß international bekannter Pressefotografen, begann die Gespräche in La Paz vor sechs Wochen im Auftrag eines Konsortiums, dem auch die New York Times angehört. Zuverlässige Quellen geben den für das Tagebuch gebotenen Preis mit 125 000 Dollar an.«
© by the New York Times Company
» EIN REPORTER AUS MANILA STELLT EINE FATALISTISCHE HALTUNG DES HANOI-REGIMES ZUM KRIEGE FEST .
Jeden Werktagmorgen beim Hahnenschrei versammeln sich Fabrikarbeiter und Büroangestellte in Hanoi in Höfen zu fünfzehn Minuten Leibesübungen.
Dies ist eins von den Ritualen des Krieges, der, nach den Worten von Fun -, sein Volk anspannt für das, was ihre Führer das ›höchste Opfer‹ eines langen Krieges nennen.
Es ist kaum fraglich, daß die Nordvietnamesen sich auf einen solchen Ausgang vorbereitet haben, der nach offiziellen Voraussagen von Hanoi zehn bis zwanzig Jahre dauern kann.
Die Planer in Hanoi neigen zu höchst pessimistischen und fatalistischen Schätzungen. Wenn nordvietnamesische Führer von einem ›in die Länge gezogenen Krieg‹ sprechen, so rechnen sie damit, daß ihre Städte, die Hauptstadt und der benachbarte Hafen Haiphong eingeschlossen, vollständig dem Erdboden gleichgemacht werden.«
© by the New York Times Company
» ZWANZIGSTES JAHRHUNDERT AUF LETZTER FAHRT
Der Zug ›Zwanzigstes Jahrhundert, platzkartenpflichtig‹, Eisenbahnliebhabern seit 65 Jahren vertraut als der bedeutendste Zug der Welt, verließ gestern abend den Bahnhof Grand Central zum letzten Mal. Es gab kein Trara, und der Zug war nur halb voll.
…
Um genau achtzehn Uhr gab Herbert P. Stevens, ein Bremser, das Signal Freie Fahrt, und der historische Zug glitt Gleis 34 hinunter. ›Es wird nicht so sein wie früher‹: sagte er. ›Ich war 41 Jahre bei der Gesellschaft, und zehn auf diesem Zug. Er wird uns allen fehlen.‹
Unter den Passagieren waren vereinzelt solche mit Nerzstolen und Geglitzer zu bemerken. Ältere Herren und Damen, die mit dem ›Zwanzigsten Jahrhundert‹ in seinen großen Tagen gefahren sind, waren ein wenig wehmütig. Wie gewohnt erhielten die Herren, die den Zug bestiegen, Gartennelken, und die Damen Parfüm und Blumen.«
© by the New York Times Company.
4. Dezember, 1967 Montag
Als der Agitator Guevara tot war, banden seine Mörder ihn an eine Landekufe ihres Hubschraubers und flogen ihn nach Valle Grande.
Der Kardinal, der den Krieg liebte, liegt offen aufgebahrt in der Kathedrale des Heiligen Patrick in der New York Times.
Gestern hat es geregnet vom frühen Morgen bis in den späten Nachmittag. Der Schnee ist weggewaschen.
Gestern habe ich das Sterben versucht.
Der Traum wußte den Tag des Todes, ausgerechnet oder vorausgesagt, im voraus. Richtig hatte ich Schwierigkeiten beim Aufwachen, konnte aber die Geräusche in der Wohnung auf der Straße und die des Fahrstuhls vor unserer Tür erkennen. Einen Sarg müßte man in der Kabine hochkant stellen.
Bis zur Beerdigung muß man nun noch die Papiere in Ordnung bringen. An einem solchen Tage wäscht man sich nicht. Ich war so beschäftigt mit Planen, Marie mußte mich zweimal rufen, damit ich am Sarg mit zu Hand ging. Marie schien an ihrem Ende schwerer zu tragen. Wir setzten die Kiste langsam und mit Mühe auf ein Feldbett, das mit einem Mal unter der weichen braunen Decke vor der Tür stand. Der Sarg war schwer genug, daß ich selbst hätte darin sein können, aber da ich
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