Jahrestage 2
eine Schande für die Stadt. Der Junge sei so verkommen gewesen, er habe nicht einmal krumme Geschäfte mit der Ziegeleipacht zustande gebracht. Hätten die Briten Jansen nicht versehentlich wegen Waffenbesitzes erschossen, es fänden sich Leute in Jerichow genug, ihn umzubringen. Zum Beispiel Hünemörder, der nach der Hitlerrede 1934 lediglich gesagt habe: Nein, meine Herren, und wenn wir nicht 1939 im Krieg stecken bis zum Hals! Hünemörder kam erst 1936 aus dem Konzentrationslager frei, und zog von Jerichow nach Lübeck, eigens um sich den Anblick von Friedrich Jansen zu ersparen. Ein allgemeines Beispiel für das Verhalten von Friedrich Jansen: Nach dem Tod Lisbeths habe er einen Ausschnitt aus dem Lübecker General-Anzeiger vom Frühjahr 1931 in Jerichow umhergezeigt. Darin war die Rede von einem 23jährigen Stallschweizer, Erich Ahrnt, aus Berlin gebürtig, der in Hohenhorn bei Schwarzenbek eine Scheune voller Korn und Heu angezündet und den Tod in einem Motorschutzkasten erwartet habe. Beine stark verkohlt, Oberkörper wenig verbrannt. Es habe Leute wie Wulff und Kollmorgen nicht wenig Mühe gekostet, das Gerücht von einer Verbindung zwischen den beiden Todesfällen auszutreten. Auch das habe er Wulff zu danken.
EDUARD TAMMS .
Nachfolger von Jansen, und ein Bürgermeister. Die britische Abwehr habe ihn nicht einmal deswegen verhaftet, weil er bis 1945 die geltenden Gesetze angewandt hatte, sondern weil seine Frau mit Leuten in schwarzer Uniform verwandt war. Er hatte solchen Anhang nicht einmal benutzt, um an einen anderen Platz zu kommen als Jerichow.
Wie sich der Adel im Winkel um Jerichow verhalten habe.
AXEL VON RAMMIN , Reichsfreiherr und all das, habe Geld zu österreichischen Freunden geschmuggelt, damit ein Jude aus Mecklenburg emigrieren konnte mit dem, was ihm gehörte. Die BÜLOWS (die Oberbülows) hätten sich nicht zwingen lassen, einen Sohn vom Studium aus England zurückzuholen. Die BOBZIENS verweigerten der S. A. den Gräfinnenwald für Geländeübungen; sie lieferten auch am hellichten Tage an die Frau des verhafteten Pastors, ohne Berechnung. Die MALTZAHNS hätten beide Söhne in die S. S. gehen lassen. Die LÜSEWITZENS sollen ihre ungarischen und italienischen Hilfsarbeiter in Ställen gehalten haben; ab 1942 allerdings nicht mehr. Schließlich, den Landesbauernführer für Mecklenburg habe der Graf FRIEDRICH FRANZ GROTE aus Varchentin gemacht. Als ein anderer Graf, HANS KASPAR VON BOTHMER , aus dem Krieg zurückkam, schwer verwundet, öffnete er sein Schloß als Typhuskrankenhaus, half bei der Pflege und starb nach nicht langer Zeit am Fleckfieber.
Warum PASTOR BRÜSHAVER kein Freund sei.
Einer von den Studierten, Offizier, bei der Kaiserlichen Marine, noch lange deutschnational. Im hitlerschen Kirchenkampf Mitglied des Pfarrernotbundes, ungehorsam gegen die Weisungen des Reichsbischofs; den Sohn aus erster Ehe aber ließ er gegen die legale Regierung Spaniens fliegen und hoffte insgeheim, der werde hoch genug für eine Flugplatzkommandantur befördert, bis er ihn zurückbekam in einer verlöteten Kiste, die er nicht öffnen durfte. Dieser Brüshaver habe Lisbeths Tod in einer Predigt besprochen, die für seine Verhaftung ausreichte, und obendrein gab er ihr eine vollständige Beerdigung, gegen die Wünsche von Gestapo und Landeskirche. Damit trennte er sich von seinen drei Kindern aus der zweiten Ehe, die in Rostock unter den Bomben der Royal Air Force verbrannten, und er trennte sich von seiner Frau. Nach dem Willen der Nazis habe er bis 1960 im Konzentrationslager leben sollen, und als er 1945 Aggie Brüshaver in Jerichow suchen kam, sei ihm vor Hungerkrankheit das Sprechen schwergefallen. Er, Cresspahl, begreife wohl, daß der Mann sich nicht nur Lisbeth zuliebe ans Gericht geliefert habe, auch aus eigenen Gründen; dennoch könne er dessen Unbefangenheit nicht erwidern. Er sei so weit nicht.
SEMIG .
DR. MED. VET. ARTHUR SEMIG . Ein Mecklenburger aus der griesen Gegend bei Ludwigslust, verheiratet mit DORA KÖSTER aus Schwerin. Trauzeuge für Lisbeth, Taufpate für Gesine. Wenn es so etwas wie Christentum gebe, habe er das seine in einer ordentlichen Art unterhalten. Er habe sich wohl abfinden wollen mit seinen jüdischen Großeltern, auch noch mit den Gesetzen der Nazis gegen ihn; er habe Jerichow verlassen aus reiner Gefälligkeit gegen seine Freunde, um sie nicht zu gefährden.
Ob er –
Gewiß sei nur der Tod der alten KÖSTERS . Nach einem nicht ungefährlichen
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