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Jahrestage  4. Aus dem Leben von  Gesine Cresspahl

Jahrestage 4. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl

Titel: Jahrestage 4. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Johsohn
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sieben Jahre alt, die aus den Schränken Geschirr und Besteck für fünf Gedecke aussucht und aufstellt, alles mit einem besorgten, angestrengten Gehabe, das sagen möchte: Ja, wenn ich nur da bin für euch! Dann läßt die Mutter mit den Kannen für Tee und Kaffee sich nieder, vier Leute essen schon, als die ältere Tochter an den Tisch kommt, lahm von verschlafener Eile, im Stehen ein Brot herrichtet, im Gehen essend, in ihrem Rücken beschützt von dem mitfühlenden Wissen aller, heute wird in ihrer Klasse eine Arbeit geschrieben, und ausgerechnet im Russischen. Der Wind ging mittlerweile die Dunkelheit des Himmels mit einer Reibe an, es erscheinen darin längliche weißliche Schlitze. Diese Leute hatten zu reden. Von dem Bauern, der sein kakelndes Huhn zur Rede stellt: Nu hab dich man nicht so für deine achsseen Heller! denn das war der ungefähre Preis für ein Ei. Oder: Sieh mal, wie dick sich das Rotkehlchen aufplustert auf der Mauer, das muß um die null Grad sein draußen. Wenn nun der Eichelhäher kommt. Nesträuber haben es auch schwer; neulich ist ihm ein ganzer Schwarm Amseln entgegen geflogen. Amseln? Ja. Am-seln. Inzwischen ist die linke, die nordöstliche Himmelshälfte fast ganz abgeräumt, die rechte zu Schlieren aufgelöst, das waren also doch Wolken; nun kommt das Licht sprungweise. Nordwind. Setz ein Hut auf heute, kalt wird das. Dann sagen alle Tschüß, oder auch Hattjé, für alle beginnt endgültig der Tag; Jakob geht zum Bahnhof.
    – Jakob konnte gar kein Tschechisch!
    Wenn er zurecht kommen wollte mit den Leuten von der tschechischen Eisenbahn, mußte er sie verschonen mit seinem Russisch aus Mecklenburg. Was Jakob in dem Brief zitiert hat: Protože nádraži je velmi daleko. (Weil der Bahnhof weit weg ist.)
    Ne, jejich manželky jsou Česky. (Nein, Vorsicht doch! Ihre Frauen sind Tschechinnen.) Ještě dělám chyby. (Ich mache immer noch Fehler.)
    – Was du so kannst, Gesine.
    Aber für Jakob stand jeden Morgen ein Junge im Fenster, vier Jahre alt, und wartete auf seinen Freund:
    – Ich seh dich.
    – So do I.
    – Well, see you later.
    – Will do.
    Und mit den Redensarten auf dem Bahnhof kannte er sich aus, unter den Tschechen:
    – Mit dir nehm ich es allemal noch auf! groß wie du bist.
    – Denn fang an.
    – Denn ich bin man klein, und laufen kann ich fix.
    Feliks: schwarzer Kinnbart über immer weißem Hemdkragen; Tonsurglatze. Tonja: Noch in Besorgnis gütiger Blick hinter der ungeschickten Brille; ein Dutt. Was die beiden sich wunderten, daß ein so junger Mann von siebenundzwanzig Jahren so geschickt sein soll, allein zu leben! Dem bügelt man die Hemden.
    Im Kreis Nordmähren, Marie. An der March, der Morava. Das müßtet ihr doch so bei lüttem in der Schule haben, die Olmützer Punktation. An die siebzigtausend Leute. Ein Erzbischofssitz. Ein Wenzelsdom. In der Mauritiuskirche die größte Orgel Mährens. Der
Heilige Berg.
Die
Olmützer Sprachinsel.
    – Das hört sich an nach einsamen Spaziergängen.
    Der Eisenbahner Feliks nahm den Kollegen Jakob mit zum Biertrinken. Die Familie reiste mit ihm, drei Stunden Schnellzug, nach Prag, führte ihn von der Ecke der Kaprova und Maislova ulice zur Dušni ulice, Mikulášska, Celetná ulice, zum Altstädter Rathaus, zum Fleischmarkt, zum Kinský-Palais, zum Karolinum, zum Gebäude der Assicurazioni Generali, zum Gebäude der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt, zur Bílkova ulice, zu Dlouhá třída: damit er dort die Fotografien aufnehmen konnte, wie sie bei ihm bestellt waren von einer Freundin im Westdeutschen. Da sie einstweilen verhindert war, im Tschechischen Besuch zu machen. Die hat eine Einladung seit dem. Abends in Olmütz fanden sie eine verwüstete Wohnung.
    – Da waren Einbrecher gewesen, angereist vom Riverside Drive in New York.
    Da hatten sie die Katze vergessen, ohne ihr ein Schlupfloch zu lassen im Kellerfenster, in der Hintertür. Der Katze aber war bewußt als eine Pflicht ihres Berufes, nur draußen sich zu erleichtern; den Drang im Leibe und in ihrer Not sprang sie vom Geschirrschrank auf die Nähmaschine, vom Eierkorb ins Sirupfaß. Wie verlegen sie war, als sie zurück kamen, die bei ihr angestellten Menschen. Wie gemein sie es fand, mit Lachen bestraft zu werden, mit einem warmen Bade. Hatte doch genug Sorgen mit dem Sohn, dem schmeichelnden Blondchen, das für Jagd auf Vögel und Mäuse verdorben war, zu faul. So vor dem Nachwuchs bloß gestellt zu werden!
    Wie anders die Hunde: schrieb Jakob. Bei

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