Jahrmarkt der Eitelkeit
Federbüsche. Sie putzte sich mit großer Geschicklichkeit, um dem Eroberer zu gefallen, und zeigte alle ihre bescheidenen Talente, um seine Gunst zu gewinnen. Die Mädchen pflegten sie feierlich zu bitten, ein wenig Musik zu machen, und sie sang dann ihre drei Lieder und spielte ihre zwei Stückchen, sooft man es wünschte, und ihr Vergnügen dabei steigerte sich ständig. Während dieser ergötzlichen Unterhaltung saßen Miss Wirt und die Anstandsdame dabei und studierten den Adelskalender und sprachen von den Vornehmen.
Am Tage nachdem George von seinem Vater den »Wink« erhalten hatte, lag er kurz vor dem Mittagessen in sehr kleidsamer und vollkommen natürlicher Melancholie auf einem Sofa im Salon hingestreckt. Er war auf Geheiß seines Vaters bei Mr. Chopper in der City gewesen (obwohl der alte Herr seinem Sohne große Summen zukommen ließ, setzte er ihm nie ein festes Taschengeld aus und gab ihm bloß etwas, wenn er in guter Laune war). Darauf hatte er drei Stunden bei Amelia, bei seiner lieben kleinen Amelia, in Fulham verbracht, und als er dann nach Hause kam, fand er seine Schwestern in gestärkten Musselinkleidern im Salon vor, die beiden alten Damen plaudernd im Hintergrund und die ehrliche Swartz in ihrem Lieblingskleid aus bernsteingelbem Atlas, mit Türkisarmbändern, zahllosen Ringen, Blumen, Federn und allen Arten von Besatz und Flitter, fast ebenso elegant herausgeputzt wie ein weiblicher Schornsteinfeger am ersten Mai 1 .
Nachdem die Mädchen verschiedene vergebliche Versuche gemacht hatten, ihn ins Gespräch zu ziehen, unterhielten sie sich über Moden und die letzte Hofgesellschaft, bis er von ihrem Geschwätz ganz krank war. Er verglich das Benehmen der drei mit dem von Emmy, ihre schrillen, unangenehmen Stimmen mit Emmys zartem, klingendem Tonfall, ihre Haltung, ihre eckige Steifheit mit den bescheidenen, sanften Bewegungen und dem verschämten Liebreiz Amelias.
Die arme Swartz saß auf Emmys ehemaligem Platz. Ihre juwelenüberladenen Hände lagen gespreizt in ihrem bernsteingelben Atlasschoß. Ihre Behänge und Ohrringe funkelten, und ihre großen Augen rollten durch den Raum. Völlig mit sich zufrieden, tat sie nichts und hielt sich für bezaubernd. Die Schwestern hatten noch nie etwas so Kleidsames gesehen wie Atlas.
»Verdammt«, sagte George zu seinem vertrauten Freund, »sie sah aus wie eine Porzellanpuppe, die den ganzen Tag nichts zu tun hat, als zu lächeln und mit dem Kopfe zu wackeln. Beim Zeus, Will, ich mußte mich beherrschen, daß ich ihr nicht das Sofakissen an den Kopf warf.« Diesen Gefühlsausbruch hielt er jedoch zurück.
Die Schwestern fingen an, die »Schlacht von Prag« zu spielen.
»Hört auf mit dem verdammten Zeug«, brüllte George wütend vom Sofa. »Es macht mich ganz verrückt. Spielen Sie uns lieber etwas, Miss Swartz. Singen Sie etwas, irgend etwas, bloß nicht die ›Schlacht von Prag‹.«
»Soll ich ›Blauäuglein Mary‹ singen oder das Lied von der Gartenlaube?« fragte Miss Swartz.
»Die hübsche ›Gartenlaube‹«, sagten die Schwestern.
»Das haben wir schon gehört«, entgegnete der Misanthrop auf dem Sofa.
»Ich kann auch ›Flefe di Tasche‹ singen«, sagte die Swartz sanftmütig, »wenn ich bloß den Text hätte.«
Es war das letzte Stück aus dem Repertoire des netten jungen Mädchens.
»Ach, ›Fleuve du Tage‹ 2 «, rief Miss Maria, »das Lied haben wir«, und sie ging, das Buch zu holen, in dem es stand.
Dieses damals so außerordentlich beliebte Lied war den Damen von einer jungen Freundin geschenkt worden, deren Namen auf dem Titelblatt stand. Miss Swartz hoffte vielleicht, als sie das Lied zu Georges Beifall gesungen hatte (denn der junge Hauptmann erinnerte sich, daß es ein Lieblingslied Amelias war), auf ein Dakapo. Sie spielte dabei mit den Notenblättern, als ihr Auge auf das Titelblatt fiel und sie in der Ecke »Amelia Sedley« las.
»Mein Gott!« rief Miss Swartz und drehte sich auf dem Klaviersessel wie ein Kreisel. »Ist es meine Amelia? Die Amelia, die im Pensionat von Miss Pinkerton in Hammersmith war? Ich weiß, sie ist es. Sie ist es, und ... Erzählen Sie mir doch von ihr ... Wo ist sie?«
»Sprechen Sie nicht von ihr!« sagte Miss Maria Osborne hastig. »Ihre Familie hat sich in Unehre gebracht. Ihr Vater hat Papa betrogen. Und Ihr Name darf hier nie und nimmermehr erwähnt werden.«
Das war Miss Marias Antwort auf Georges Grobheit wegen der »Schlacht von Prag«.
»Sind Sie eine Freundin von Amelia?«
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