Jahrmarkt der Eitelkeit
hatten in seinem Wagen eine Spazierfahrt nach Rottingdean gemacht. »Wir wollen eine Partie Billard spielen«, sagte einer seiner beiden Freunde, der große mit dem gefärbten Schnurrbart.
»Nein, verdammt, nein, Hauptmann«, antwortete Joe etwas beunruhigt. »Kein Billard heute, Crawley, mein Junge. Gestern hat es gereicht.«
»Sie spielen sehr gut«, sagte Crawley lachend. »Nicht wahr, Osborne? Hat er nicht die fünf Punkte großartig gemacht, wie?«
»Prachtvoll«, sagte Osborne. »Joe ist ein Teufelskerl beim Billard und überhaupt bei allem. Ich wünschte, es gäbe hier Tigerjagden. Dann könnten wir vor Tisch noch einige erlegen. (Dort geht ein hübsches Mädchen! Was für Fesseln, was, Joe?) Erzähl uns doch die Geschichte von der Tigerjagd und wie du die Bestie im Dschungel erledigt hast – eine wundervolle Geschichte, Crawley.« Hier gähnte Osborne. »Es ist doch verdammt langweilig hier«, sagte er. »Was können wir bloß anfangen?«
»Wollen wir ein paar Pferde ansehen, die Snaffler gerade vom Markt in Lewes mitgebracht hat?« fragte Crawley.
»Wie wäre es, wenn wir zu Dutton Gelee essen gehen würden«, fragte der Schalk Joe, der zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte. »Ein verteufelt hübsches Mädchen haben sie bei Dutton.«
»Wie wäre es, wenn wir uns ansehen, wie der ›Blitz‹ kommt? Es ist gerade die rechte Zeit«, sagte George. Dieser Vorschlag trug den Sieg über Stall und Gelee davon, und sie gingen zum Postkutschenbüro, um die Ankunft des »Blitzes« zu sehen.
Unterwegs trafen sie den Wagen – Joseph Sedleys offenen Wagen mit seinem prachtvollen Wappenschmuck –, das glänzende Gefährt, in dem er majestätisch einsam mit Dreispitz und verschränkten Armen oder, glücklicher, in Damengesellschaft herumzukutschieren pflegte.
Im Augenblick saßen zwei Personen in dem Wagen: die eine war klein, mit hellem Haar und in modischer Kleidung, die andere in einem braunseidenen Umhang und einem Strohhut mit rosa Bändern, mit rosigem, rundem, glücklichem Gesicht, dessen Anblick einem guttat. Sie ließ den Wagen anhalten, als er sich den drei Herren näherte. Nach diesem Autoritätsbeweis schien sie ziemlich nervös und errötete seltsamerweise. »Die Spazierfahrt war wunderschön, George«, sagte sie, »und – und wir sind so froh, daß wir wieder da sind. Und Joseph, sorg dafür, daß er nicht zu spät zurückkommt.«
»Verführen Sie unsere Männer nicht, Mr. Sedley, Sie schlimmer, schlimmer Mann, Sie«, sagte Rebekka und drohte Joseph mit einem hübschen kleinen Finger in den zierlichsten französischen Wildlederhandschuhen. »Kein Billard, kein Rauchen, keine Dummheiten!«
»Meine liebe Mrs. Crawley – ach, oh, bei meiner Ehre!« war alles, was Joe als Antwort hervorbringen konnte, aber er bewahrte doch leidlich Haltung; mit schiefem Kopf lächelte er zu seinem Opfer hinauf, die eine Hand hielt er auf dem Rücken, den er auf den Spazierstock stützte, mit der anderen (der Hand mit dem Diamantring) fingerte er an seiner Hemdkrause und an seinen Westen herum. Als der Wagen sich entfernte, warf er den schönen Insassinnen Diamantenhandküsse zu. Er wünschte, ganz Cheltenham, ganz Chowringhee, ganz Kalkutta würde ihn in dieser Stellung sehen, da er in Gesellschaft eines so berühmten Stutzers wie Rawdon Crawley von der Leibgarde solch einer Schönheit nachwinkte.
Unser junges Brautpaar hatte Brighton als Aufenthaltsort für die ersten paar Tage nach der Hochzeit ausersehen und lebte nun dort sehr behaglich und ruhig im »Schiffshof«, bis Joe zu ihnen kam. Er war aber nicht der einzige Gesellschafter, den sie dort fanden. Wen sollten sie eines Nachmittags, als sie von einem Strandspaziergang zum Hotel zurückkamen, treffen als Rebekka und ihren Mann? Sie erkannten sich augenblicklich. Rebekka flog ihrer lieben Freundin in die Arme. Crawley und Osborne schüttelten sich herzlich die Hand. Becky fand im Laufe weniger Stunden den Weg, um George den kleinen unerfreulichen Wortwechsel zwischen ihnen vergessen zu machen.
»Erinnern Sie sich noch an damals, als wir uns bei Miss Crawley sahen? Ich war damals sehr grob zu Ihnen, mein lieber Hauptmann Osborne. Ich glaubte, Sie vernachlässigten die liebe Amelia, und deshalb war ich so böse, so schnippisch, unfreundlich und undankbar. Vergeben Sie mir doch!« sagte Rebekka und streckte ihm ihre Hand mit so freimütiger, gewinnender Anmut hin, daß Osborne sie einfach ergreifen mußte. Du hast keine Ahnung, mein Sohn, wieviel Gutes
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