Jahrmarkt der Eitelkeit
Traktätchen zu, und zwar »Die heulende Wildnis«, »Die Waschfrau von Wandsworth« und »Das beste Bajonett des britischen Soldaten«. Da Mrs. Kirk sich in den Kopf gesetzt hatte, Amelia noch vor dem Einschlafen zu erwecken, bat sie die junge Frau, sie vor dem Schlafengehen zu lesen.
Alle Männer aber, gute Burschen, die sie waren, sammelten sich um die hübsche kleine Frau ihres Kameraden und machten ihr mit militärischer Galanterie den Hof. Sie feierte einen kleinen Triumph, der ihre Stimmung belebte und ihre Augen leuchten ließ. George war ganz stolz auf ihre Beliebtheit und freute sich darüber, wie munter und graziös und trotzdem naiv und etwas schüchtern sie die Aufmerksamkeiten der Herren entgegennahm und ihren Komplimenten antwortete. Und er in seiner Uniform – wieviel hübscher war er als alle im Zimmer Anwesenden! Sie fühlte, daß er sie liebevoll beobachtete, und strahlte vor Freude über seine Güte. Ich will zu allen seinen Freunden nett sein, beschloß sie in ihrem Herzen. Ich will alle lieben, die ihn lieben. Ich will mir Mühe geben, immer munter und gut gelaunt zu sein, um ihm ein glückliches Heim zu schaffen.
Das Regiment nahm sie wirklich mit Jubel auf. Die Hauptleute freundeten sich mit ihr an, die Leutnants spendeten Beifall, die Fähnriche bewunderten sie. Der alte Cutler, der Arzt, machte ein paar Witze, die wir nicht wiederholen wollen, weil sie in sein Fach schlagen, und Cackle, der assistierende Doktor der Medizin aus Edinburgh, ließ sich herab, sie in Literatur zu prüfen, und stellte sie mit seinen drei besten französischen Zitaten auf die Probe. Der junge Stubble ging von einem zum anderen und flüsterte: »Beim Zeus, ist sie nicht ein nettes Mädel?« und wandte seine Augen nur von ihr ab, wenn der Glühwein serviert wurde.
Hauptmann Dobbin sprach den ganzen Abend fast kein Wort mit ihr. Er brachte jedoch mit Hauptmann Porter vom Hundertfünfzigsten den bezechten Joe ins Hotel. Dieser hatte mit großem Erfolg sowohl in der Offiziersmesse als auch bei der Soiree Mrs. O'Dowd in ihrem Turban mit dem Paradiesvogel seine Tigerjagdgeschichte zum besten gegeben. Nachdem Dobbin den Steuereinnehmer den Händen seines Bedienten überantwortet hatte, ging er die Straßen auf und ab und rauchte vor der Gasthaustür noch seine Zigarre. Mittlerweile hatte George seine Frau sorgfältig in den Schal gehüllt und sie nach allgemeinem Händedrücken von Mrs. O'Dowd weggeführt. Die jungen Offiziere begleiteten sie an den Wagen und ließen sie hochleben, während die Kutsche sich entfernte. Beim Aussteigen reichte Amelia ihm ihr kleines Händchen und machte ihm lächelnd Vorwürfe, weil er sie den ganzen Abend nicht beachtet habe.
Der Hauptmann überließ sich noch lange, nachdem das Gasthaus und die Straße zur Ruhe gegangen waren, dem köstlichen Vergnügen des Rauchens. Er beobachtete, wie die Lichter in den Fenstern von Georges Wohnzimmer verschwanden und im daranstoßenden Schlafzimmer wieder auftauchten. Es war fast Morgen, als er in sein eigenes Quartier zurückkehrte. Er konnte die hellen Zurufe von den Schiffen im Fluß hören, wo sie ihre Ladung aufnahmen, ehe sie die Themse hinabglitten.
Fußnoten
1 englisches Kartenspiel.
29. Kapitel
Brüssel
Mr. Joseph hatte für seinen offenen Wagen ein paar Pferde gemietet. Mit diesen Tieren und seinem eleganten Londoner Wagen gab er bei den Spazierfahrten in Brüssel gar keine schlechte Figur ab. George kaufte sich ein Pferd zu eigenem Gebrauch und begleitete mit Hauptmann Dobbin oft den Wagen, in dem Joseph und seine Schwester täglich Ausflüge machten. Sie fuhren wie gewöhnlich auch an diesem Tag zu ihrer Zerstreuung im Park spazieren, und dort erwies es sich, daß Georges Bemerkung über die Ankunft Rawdon Crawleys und seiner Frau stimmte. Inmitten eines kleinen Reitertrupps, einigen der bedeutendsten Personen in Brüssel, war Rebekka zu sehen. Sie trug ein sehr hübsches, eng anliegendes Reitkostüm und saß auf einem prachtvollen kleinen Araber, den sie vortrefflich ritt (sie hatte in Queen's Crawley vom Baronet, Mr. Pitt und Rawdon selbst das Reiten gelernt). Neben ihr der tapfere General Tufto.
»Ha, da ist ja der Herzog selbst«, rief die Majorin O'Dowd Joseph zu, der heftig errötete, »und dort, auf dem Braunen, das ist Lord Uxbridge. Wie elegant er aussieht! Mein Bruder Mallay Malony gleicht ihm wie eine Erbse der anderen.«
Rebekka ritt nicht auf den Wagen zu. Als sie aber ihre alte Freundin Amelia darin sitzen sah,
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