Jahrmarkt der Eitelkeit
nicht ein mitleidiges Auge auf den heldenmütigen Krieger werfen, dessen Name in den Ruhmesannalen seines Vaterlandes verzeichnet ist?« fragte Miss Briggs, die durch die Ereignisse bei Waterloo sehr erregt war und die jede Gelegenheit ergriff, sich romantisch auszudrücken. »Hat nicht der Hauptmann – oder der Oberst, wie ich ihn jetzt nennen darf, Taten vollbracht, die dem Namen Crawley zu Glanz und Ruhm verhelfen?«
»Briggs, Sie sind eine Närrin«, sagte Miss Crawley. »Oberst Crawley hat den Namen Crawley in den Schmutz gezerrt, Miss Briggs. Eine Zeichenlehrerstochter zu heiraten, nein, wirklich! Eine Gesellschafterin zu heiraten – denn etwas Besseres war sie nicht, Briggs – ja, sie war dasselbe wie Sie, nur jünger und bedeutend hübscher und klüger. Ich möchte wissen, ob Sie mit der abscheulichen Kreatur, deren niederträchtigen Winkelzügen er zum Opfer fiel, unter einer Decke gesteckt haben, da Sie sie doch so bewunderten. Ja, ich möchte behaupten, Sie haben mit ihr unter einer Decke gesteckt. Aber von meinem Testament werden Sie enttäuscht sein. Sie sind bitte so gut und schreiben Mr. Waxy, daß ich ihn sofort zu sprechen wünsche.« Miss Crawley hatte es sich jetzt angewöhnt, fast täglich ihrem Rechtsanwalt, Mr. Waxy, zu schreiben, denn sie hatte alle ihre Anordnungen hinsichtlich ihres Eigentums widerrufen, und sie war in großer Verlegenheit, was mit ihrem Geld später einmal werden sollte.
Wie die zunehmende Schärfe und Häufigkeit ihres Spottes gegenüber Miss Briggs bewies, hatte sich der Gesundheitszustand der alten Jungfer beträchtlich gebessert. Die arme Gesellschafterin trug all diese Angriffe demütig und feige, mit einer halb großmütigen, halb heuchlerischen Resignation, mit einem Wort, mit der sklavischen Unterwürfigkeit, die Frauen ihrer Bestimmung und ihres Charakters zeigen müssen. Wer hat noch nicht erlebt, wie eine Frau eine andere tyrannisieren kann? Was sind schon die Qualen, die Männer zu erdulden haben, im Vergleich zu den täglich abgeschossenen Pfeilen von Hohn und Grausamkeit, mit denen arme Frauen von den Tyrannen ihres eigenen Geschlechts durchbohrt werden? Arme Opfer! Aber wir schweifen vom Thema ab, und dazu gehört nur, daß Miss Crawley stets besonders unerträglich und wild war, wenn sie sich von einer Krankheit erholte – etwa wie man sagt, daß heilende Wunden am meisten schmerzen.
Während sie nun, wie alle hofften, der Genesung zuging, war Miss Briggs das einzige Opfer, das die Kranke vorließ. Miss Crawleys Verwandte in der Ferne vergaßen jedoch ihr geliebtes Familienmitglied nicht und versuchten, sich durch eine Menge von Liebesgaben, Geschenken und liebevollen Briefen in ihrem Gedächtnis lebendig zu erhalten.
Als ersten wollen wir ihren Neffen Rawdon Crawley erwähnen. Einige Wochen nach der berühmten Schlacht bei Waterloo, als Miss Crawley in der »Gazette« von der Beförderung und der Tapferkeit des hervorragenden Offiziers gelesen hatte, brachte ihr das Paketboot von Dieppe ein Kästchen voller Geschenke und einen ehrerbietigen Brief von ihrem Neffen, dem Oberst, nach Brighton. In dem Kästchen befanden sich ein Paar französische Epauletten – ein Kreuz der Ehrenlegion und der Griff eines Degens – Reliquien vom Schlachtfeld. Der Brief berichtete humorvoll, daß der Degengriff einem hohen Offizier der Garde gehört habe. Als er gerade geschworen hatte, »die Garde kann zwar fallen, wird sich aber niemals ergeben«, wurde er von einem einfachen Soldaten gefangengenommen, der den Degen des Franzosen mit seinem Musketenkolben zerbrochen hatte. Rawdon hatte sich darauf der zertrümmerten Waffe bemächtigt. Das Kreuz und die Epauletten stammten von einem französischen Kavallerieoberst, der in der Schlacht unter den Streichen des Adjutanten gefallen war. Rawdon Crawley nun wußte nichts Besseres mit der Beute anzufangen, als sie seiner gütigsten und liebevollsten alten Freundin zu schicken. Sollte er ihr auch von Paris aus schreiben, wohin die Armee jetzt marschierte? Es wäre ihm vielleicht möglich, ihr Interessantes aus der Hauptstadt und von ein paar ihrer alten Freunde aus der Zeit der Emigration zu berichten, denen sie in ihrer Not so viel Güte bewiesen hatte.
Die alte Jungfer veranlaßte die Briggs, dem Oberst einen gnädigen Brief voller Komplimente zu schreiben und ihn aufzufordern, seine Korrespondenz fortzusetzen. Sein erster Brief sei so ausnehmend lebhaft und amüsant gewesen, daß sie den nachfolgenden mit Vergnügen
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