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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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schmuggelte sie ihm kleine eilige Briefchen zu, die sie verstohlen zur Post brachte. Ein einziges entsetzliches Geheimnis lastete auf ihrem Gewissen: Zusammen mit der alten Haushälterin hatte sie ihrem Bruder einen heimlichen Besuch in seiner Wohnung im Albany 1 abgestattet und ihn – den unartigen, verworfenen, lieben Tunichtgut – bei einer Zigarre und einer Flasche Curaçao gefunden. Sie bewunderte ihre Schwester, vergötterte ihre Mutter, hielt Mr. Crawley nächst dem gefallenen Engel Southdown für den besten und fähigsten aller Männer. Mutter und Schwester, sehr überlegene Damen, erledigten alles für sie und betrachteten sie mit dem liebenswürdigen Mitleid, das wahrhaft überlegene Frauen stets aus einem großen Vorrat zu verschenken haben. Ihre Mama schrieb ihr die Kleider, Bücher, Hüte und Gedanken vor. Sie mußte auf dem Pony reiten, Klavierstunden nehmen und alle möglichen anderen Mittel zur körperlichen Ertüchtigung anwenden, wie es Lady Southdown für angemessen hielt. Die Gräfin hätte ihre Tochter wohl bis zu ihrem gegenwärtigen sechsundzwanzigsten Lebensjahr mit einem Kinderschürzchen herumlaufen lassen, wenn Lady Jane das nicht hätte ablegen müssen, als sie der Königin Charlotte vorgestellt wurde.
    In der ersten Zeit ihres Aufenthalts in Brighton stattete Mr. Crawley nur ihnen seine persönlichen Besuche ab, während er sich damit begnügte, im Hause seiner Tante nur seine Karte abzugeben und sich bei Mr. Bowls oder dessen Gehilfen nach der Gesundheit der Patientin zu erkundigen. Wenn Mr. Crawley Miss Briggs auf ihrem Heimweg von der Bibliothek mit einer Ladung Romane unter dem Arm traf und der Gesellschafterin von Miss Crawley die Hand schüttelte, so errötete er, was bei ihm sonst gar nicht üblich war. Er stellte Miss Briggs der Dame, mit der er spazierenging (es war Lady Jane Sheepshanks), vor mit den Worten: »Lady Jane, erlauben Sie mir, Ihnen die beste Freundin und liebevollste Gefährtin meiner Tante, Miss Briggs, vorzustellen, die Sie unter einem anderen Namen bereits kennen, nämlich als Verfasserin der entzückenden ›Lyrik des Herzens‹, die Sie doch so sehr lieben.« Lady Jane errötete ebenfalls, als sie Miss Briggs freundlich das Händchen reichte. Dabei sagte sie höflich und unzusammenhängend etwas über die Mama und ihre Absicht, Miss Crawley ihre Aufwartung zu machen, und wie froh sie sei, die Freunde und Verwandten von Mr. Crawley kennenzulernen. Mit sanften Taubenaugen verabschiedete sie sich von Miss Briggs, während Pitt Crawley sie mit einer tiefen höflichen Verbeugung beehrte, wie er sie der Großherzogin von Pumpernickel gemacht hatte, als er noch Attaché am Hofe dort war.
    Dieser gerissene Diplomat und echte Schüler des machiavellistischen Binkie! Er war es, der Lady Jane das Exemplar von Miss Briggs' frühen Gedichten gegeben hatte, da er sich erinnerte, es mit einer Widmung der Dichterin an die verstorbene Frau seines Vaters in Queen's Crawley gesehen zu haben; und er hatte den Band nach Brighton mitgebracht. Ehe er ihn der sanften Lady Jane überreichte, hatte er ihn in der Southamptoner Postkutsche gelesen und mit Bleistift verschiedene Stellen angestrichen.
    Er war es auch, der Lady Southdown die großen Vorteile auseinandergesetzt hatte, die sich aus der Freundschaft zwischen ihrer Familie und Miss Crawley ergeben könnten – Vorteile weltlicher als auch geistlicher Art, wie er sagte; denn Miss Crawley sei jetzt ganz allein; die gräßliche Verschwendungssucht und die Heirat seines Bruders Rawdon hätte diesem verworfenen jungen Mann ihre Zuneigung völlig verscherzt, und die habgierige Tyrannei und der Geiz von Mrs. Bute Crawley hätten die alte Dame dazu gebracht, sich gegen die unverschämten Ansprüche dieses Familienzweiges aufzulehnen. Obwohl er sich sein ganzes Leben hindurch, vielleicht in ungebührlichem Stolz, zurückgehalten habe, ihre Freundschaft zu erwerben, so glaube er jetzt doch, daß man alle schicklichen Mittel ergreifen müsse, um ihre Seele vor dem Verderben zu retten und ihr Vermögen ihm, als dem Haupt des Hauses Crawley, zu sichern.
    Die gestrenge Lady Southdown zollte den beiden Vorschlägen ihres Schwiegersohns Beifall und war dafür, Miss Crawley unverzüglich zu bekehren. Dort, wo sie zu Hause war, in Southdown und in Schloß Trottermore, fuhr diese große und furchtbare Missionarin der Wahrheit in ihrer Kutsche mit Vorreitern auf dem Lande umher und verteilte Pakete von Traktaten unter die Dorfbewohner und

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