Jahrmarkt der Eitelkeit
äußersten Entzückens.
»Ja, noch dazu, wo ich doch die Troddeln von seinen Stiefeln abgeschnitten hatte. Knaben vergessen solche Geschenke, die sie während ihrer Schulzeit erhalten, nie und ebensowenig die Geber.«
»Ich liebe Reitstiefel«, sagte Rebekka. Joe Sedley, der seine Beine außerordentlich bewunderte und stets diese dekorative chaussure 7 trug, war über die Bemerkung höchlich erfreut, wenn er auch seine Beine dabei unter den Stuhl zurückzog.
»Miss Sharp«, schlug George Osborne vor, »Sie, als geschickte Künstlerin, müssen uns ein großartiges historisches Gemälde von der Stiefelszene liefern. Sedley muß in ledernen Hosen dargestellt sein, mit einem der beschädigten Stiefel in einer Hand; mit der andern muß er mich an der Hemdkrause halten, und Amelia kniet mit erhobenen Händen neben ihm. Das Gemälde soll einen großartigen allegorischen Namen tragen, wie die Titelblätter in der Medulla und in der Abc-Fibel.«
»Hier werde ich aber keine Zeit dazu haben«, sagte Rebekka. »Ich will es machen, wenn – ich fort bin.« Und sie ließ die Stimme sinken und sah so traurig und elend aus, daß jedermann fühlte, wie grausam ihr Los sei und wie ungern man sich von ihr trennen würde.
»Ach, wenn du doch länger bleiben könntest, liebe Rebekka«, sagte Amelia.
»Warum?« gab die andere, noch trauriger, zurück. »Damit ich noch unglück ... damit es noch schwerer wird, dich zu verlassen?« Sie wandte den Kopf ab. Amelia begann, ihrem natürlichen Hang für Tränen, der, wie gesagt, eine Schwäche dieses einfältigen kleinen Dinges war, nachzugeben. George Osborne blickte die beiden jungen Mädchen gerührt und neugierig an, und Joseph Sedley holte aus seinem mächtigen Brustkasten etwas hervor, was einem Seufzer sehr ähnlich war, und ließ seine Augen auf seinen teuren Reitstiefeln ruhen.
»Wollen wir nicht ein bißchen Musik machen, Miss Sedley – Amelia?« bat George, der in diesem Augenblick eine außerordentliche, fast unwiderstehliche Lust verspürte, das erwähnte junge Mädchen in die Arme zu schließen und vor den Augen der ganzen Gesellschaft zu küssen, und sie sah ihn eine Sekunde lang an, aber wenn ich sagen wollte, daß sie sich in diesem Moment ineinander verliebten, dann wäre das wahrscheinlich nicht die Wahrheit; denn es steht fest, daß die Eltern diese beiden jungen Leute auf dieses Ziel hin erzogen hatten und ihr Aufgebot sozusagen schon seit zehn Jahren in den jeweiligen Familien immer wieder verlesen worden war. Sie begaben sich zum Klavier, das, wie es meist üblich ist, in dem hinteren Teil des Salons stand, und da es ziemlich dunkel war, legte Miss Amelia auf die natürlichste Weise der Welt ihre Hand in die Mr. Osbornes, der selbstverständlich den Weg zwischen den Stühlen und Ottomanen viel besser finden konnte als sie. Das aber ließ Mr. Joseph Sedley tête-à-tête mit Rebekka am Salontisch, wo das Mädchen mit dem Knüpfen einer grünseidenen Börse beschäftigt war.
»Man braucht da nach Familiengeheimnissen nicht erst zu fragen«, meinte Miss Sharp. »Diese beiden haben ihres verraten.«
»Sobald er eine Kompanie bekommt«, sagte Joseph, »glaube ich, wird die Sache in Ordnung kommen. George Osborne ist ein so feiner Bursche wie nur je einer.«
»Und Ihre Schwester ist das netteste Geschöpf der Welt«, fuhr Rebekka fort. »Glücklich der Mann, der sie heimführt!«
Bei diesen Worten seufzte Miss Sharp tief auf.
Wenn zwei Unverheiratete zusammen sind und so delikate Themen wie dieses besprechen, so stellt sich bald ein vertrauter und intimer Ton zwischen ihnen ein. Wir brauchen das Gespräch nicht wiederzugeben, das Mr. Sedley und die junge Dame nun führten; denn die Unterhaltung war, wie schon aus der vorangegangenen Probe ersichtlich, weder besonders witzig noch wortreich; in Privatgesellschaften und auch sonst ist sie das selten, außer in überspannten und ausgeklügelten Romanen. Da nebenan musiziert wurde, so sprachen sie natürlich dementsprechend leise, obwohl das Paar nebenan auch durch eine noch so laute Unterhaltung nicht gestört worden wäre, denn sie waren mit ihren eigenen Angelegenheiten vollauf beschäftigt.
Fast zum ersten Male in seinem Leben, so kam es Mr. Sedley vor, sprach er ohne die mindeste Schüchternheit, und ohne zu stocken, mit einer Person des anderen Geschlechts. Miss Rebekka befragte ihn ausführlich über Indien, was ihm Gelegenheit bot, manche interessante Anekdote über jenes Land und sich zum besten zu geben. Er
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