Jahrmarkt der Eitelkeit
und Verlierer zuweilen mit Bitterkeit davon sprachen. Wie die Franzosen meinten, der Herzog von Wellington habe nur deshalb nie eine Schlacht verloren, weil er durch eine erstaunliche Reihe glücklicher Zufälle stets Sieger geblieben sei, und bei Waterloo habe er nur durch Betrug den letzten großen Stich gemacht, so deutete man auch im englischen Hauptquartier an, daß nur Falschspiel die ständigen Erfolge von Oberst Crawley erklären könnten.
Obwohl zu jener Zeit Frascati 2 und der »Salon« 3 in Paris geöffnet waren, hatte doch die Spielleidenschaft so um sich gegriffen, daß die öffentlichen Spiellokale für das allgemeine Bedürfnis nicht ausreichten. Deshalb wurde in den Privathäusern so eifrig gespielt, als ob es keine öffentlichen Einrichtungen zur Befriedigung dieser Leidenschaft gäbe. Bei Crawleys bezaubernden kleinen abendlichen réunions 4 ging man diesen verhängnisvollen Vergnügungen nach – zum großen Verdruß der gutmütigen kleinen Mrs. Crawley. Tief bekümmert sprach Rebekka über die Leidenschaft ihres Gatten für die Würfel und klagte gegenüber allen, die ihr Haus betraten. Sie beschwor die jungen Leute, nie, niemals einen Würfelbecher anzufassen, und als der junge Green von den Schützen einst eine beträchtliche Summe verloren hatte, hatte Rebekka eine tränenreiche Nacht, wie der Diener dem unglücklichen jungen Herrn erzählte, und sie fiel sogar vor ihrem Gatten auf die Knie und bat ihn, die Schuld zu erlassen und den Schuldschein zu verbrennen. Aber wie konnte er das! Er selbst hatte ebensoviel an Blackstone von den Husaren und Graf Punter von der Hannoverschen Kavallerie verloren. Green konnte sich einigermaßen Zeit lassen; aber bezahlen? – natürlich, bezahlen mußte er. Es war kindisch, zu verlangen, daß er einen Schuldschein verbrennen sollte.
Andere Offiziere, hauptsächlich junge – denn die jungen Leute drängten sich um Mrs. Crawley –, kamen mit langen Gesichtern von ihren Gesellschaften, wo sie stets mehr oder weniger Geld an ihren verhängnisvollen Spieltischen zurückgelassen hatten. Ihr Haus kam langsam in einen schlechten Ruf. Die alten Hasen warnten die weniger Erfahrenen vor der Gefahr. Oberst O'Dowd vom ...ten Regiment, einem von denen, die damals in Paris standen, warnte Leutnant Spooney von seinem Korps. Ein lauter, heftiger Streit entbrannte zwischen dem Infanterieoberst und seiner Gemahlin, die im Café de Paris speisten, und Oberst und Mrs. Crawley, die ebenfalls dort aßen. Die Damen auf beiden Seiten griffen ein. Mrs. O'Dowd schnippte mit den Fingern Mrs. Crawley ins Gesicht und nannte deren Mann »nichts Besseres als einen Schwindler«. Oberst Crawley forderte Oberst O'Dowd; aber als der Oberbefehlshaber von dem Streit hörte, ließ er Oberst Crawley kommen, der gerade die Pistolen, »mit denen er Hauptmann Marker erschossen hatte« bereitmachte, und seine Unterredung mit ihm bewirkte, daß kein Duell stattfand. Wäre Rebekka nicht vor General Tufto auf die Knie gefallen, hätte man Crawley nach England zurückgeschickt. Von da an spielte Rawdon ein paar Wochen nur mit Zivilisten.
Trotz Rawdons zweifelloser Geschicklichkeit und seines steten Erfolges wurde es seiner Frau bei Betrachtung dieser Dinge doch bald klar, daß ihre Lage recht unsicher war, und wenn sie auch selten etwas bezahlten, so würde ihr kleines Kapital doch eines Tages gleich Null werden. »Das Spiel, Liebster«, pflegte sie zu sagen, »ist gut, das Einkommen etwas aufzubessern, aber es taugt nicht als alleinige Einkommensquelle. Eines Tages haben die Menschen es satt zu spielen, und wo bleiben wir dann?« Rawdon meinte, daß ihre Bemerkung berechtigt sei, hatte er doch selbst bemerkt, daß die Leute nach einigen Abendveranstaltungen bei ihm wirklich des Spiels müde waren und sich trotz der Reize Rebekkas selten sehen ließen.
So angenehm und leicht ihr Leben in Paris auch war, so war es doch letzten Endes nur Zeitvergeudung und liebenswürdige Spielerei, und Rebekka sah ein, daß sie Rawdons Glück im eigenen Lande erreichen müsse. Sie mußte ihm eine Stellung oder ein Amt in England oder in den Kolonien verschaffen, und sie beschloß, nach England zu gehen, sobald der Weg dahin für sie geebnet war. Als ersten Schritt hatte sie Crawley veranlaßt, sein Patent in der Garde zu verkaufen und sich auf halben Sold setzen zu lassen. Sein Dienst als Adjutant bei General Tufto hatte schon früher aufgehört. Rebekka machte sich in allen Gesellschaften über diesen Offizier
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