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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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nachsenden, denn Sie werden mir doch schreiben, nicht wahr? Ich werde lange Zeit wegbleiben.«
    »Ich werde Ihnen über Georgy schreiben«, sagte sie. »Lieber William, wie gut Sie zu ihm und mir sind. Sehen Sie ihn nur an! Ist er nicht wie ein Engel?«
    Die rosigen Händchen des Kindes schlossen sich mechanisch um den Finger des ehrlichen Soldaten, und Amelia blickte ihm strahlend vor Mutterglück ins Gesicht. Die grausamsten Blicke hätten ihn nicht mehr verwunden können, als dieser Ausdruck hoffnungsloser Freundlichkeit. Er beugte sich über Mutter und Kind. Einen Augenblick lang konnte er nicht sprechen, und nur mit äußerster Kraftanstrengung konnte er ein: »Gott segne Sie!« hervorbringen. – »Gott segne Sie!« erwiderte Amelia, wandte ihm das Gesicht zu und küßte ihn.
    »Pst! Wecken Sie Georgy nicht auf«, fügte sie hinzu, als William Dobbin mit schweren Schritten zur Tür stapfte. Sie hörte nicht das Geräusch des davonrollenden Wagens – sie blickte auf das Kind, das im Schlaf lächelte.

36. Kapitel
Wie man von nichts gut leben kann
    Ich nehme an, auf unserem Jahrmarkt der Eitelkeit gibt es keinen, der nicht aufmerksam genug ist, sich zuweilen über die weltlichen Angelegenheiten seiner Bekannten den Kopf zu zerbrechen; auch wird wohl keiner so nachsichtig sein und sich nicht zuweilen wundern, wie sein Nachbar Jones oder sein Nachbar Smith bis zum Jahresende mit seinem Geld auskommt. Ich muß zum Beispiel bei aller Achtung für die Jenkins (denn ich speise ein paarmal in jeder Saison bei ihnen) zugeben, daß mich das Auftreten der Familie im Park in der großen Kutsche mit den stattlichen Lakaien bis an mein Lebensende verwundern und täuschen wird; denn obwohl ich weiß, daß die Equipage nur gemietet ist und sämtliche Dienstboten auf Kostgeld stehen, so müssen doch diese drei Menschen und der Wagen wenigstens sechshundert Pfund pro Jahr kosten – und dazu kommen dann noch die glänzenden Diners, die beide Jungen in Eton, die hervorragende Gouvernante und die Lehrer für die Mädchen, die Reise ins Ausland oder nach Eastbourne oder Worthing im Herbst, der jährliche Ball mit dem Souper aus Günthers Restaurant (aus dem, beiläufig erwähnt, die Speisen meistens dann geliefert werden, wenn Jenkins vornehme Gäste bewirtet. Das weiß ich sehr gut, da ich einmal dazu eingeladen war, um einen leeren Platz zu füllen. Ich sah sogleich, daß diese Mahlzeiten bedeutend besser sind als die gewöhnlichen, zu denen Jenkins seinen weniger vornehmen Bekannten Einladungskarten schickt).
    Wer wundert sich also nicht, wie Jenkins wohl auskommen mag.
    Was ist Jenkins eigentlich? Wir wissen es alle, er ist Geheimrat im Schnur- und Siegellackamt mit einem Einkommen von zwölfhundert Pfund pro Jahr. Hatte seine Frau Privatvermögen? Pah! Miss Flint, eins von elf Kindern eines kleinen Gutsbesitzers in Buckinghamshire. Alles, was sie von ihrer Familie erhält, ist ein Truthahn zu Weihnachten, und dafür muß sie ein paar von ihren Schwestern in der toten Saison ernähren und ihre Brüder aufnehmen und verpflegen, wenn sie in die Stadt kommen.
    Wie reicht also Jenkins mit seinen Einkünften? Ich frage mit jedem seiner Freunde: Warum ist er nicht längst gerichtlich belangt und warum ist er im vergangenen Jahr zu jedermanns Erstaunen von Boulogne wieder zurückgekommen?
    »Ich«, das ist hier die Welt im allgemeinen, die Mrs. Grundy 1 aus jedes Lesers Privatkreis, denn jeder von uns kann auf einige Familien seiner Bekanntschaft deuten, bei denen niemand weiß, wovon sie eigentlich leben. Jeder von uns hat schon mit seinem freundlichen Gastgeber angestoßen und sich gewundert, wovon, zum Teufel, dieser das Glas Wein bezahlt hat.
    Als sich Rawdon Crawley drei bis vier Jahre nach seinem Pariser Aufenthalt mit seiner Frau in einem kleinen, aber hübschen Haus in der Curzon Street in Mayfair eingerichtet hatte, gab es kaum einen unter den zahlreichen Freunden, die sie darin bewirteten, der sich nicht die obige Frage vorgelegt hätte. Der Romanschreiber weiß, wie schon gesagt, alles. Und da ich in der Lage bin, dem Publikum erzählen zu können, wie Crawley und seine Frau ohne Einkommen lebten, so bitte ich nur die Zeitschriften, die die Angewohnheit haben, Auszüge aus den verschiedenen, gerade erschienenen Werken zu veröffentlichen, die folgende genaue Darstellung und Berechnung nicht abzudrucken, da mir als dem Entdecker der Sache (noch dazu mit einigen Kosten) auch die alleinige Nutznießung davon gebührt. Mein

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