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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Verstand und die bessere Erziehung überzeugten den Jungen sehr bald, daß sein Großvater ein Dummkopf sei, und er begann nun, herumzukommandieren und auf ihn herabzusehen. Denn seine frühere Erziehung, so bescheiden und beschränkt sie auch gewesen war, hatte aus Georgy einen viel besseren Gentleman gemacht, als alle Pläne seines Großvaters es vermochten. Er war von einer gütigen, schwachen, zärtlichen Frau aufgezogen worden, die keinen Stolz hatte als ihn, deren Herz so rein und deren Benehmen so demütig und bescheiden war, daß sie gar nichts anderes als eine wahre Lady sein konnte. Sie befaßte sich mit edlen Aufgaben und stillen Pflichten. Wenn sie auch niemals brillante Dinge äußerte, so sagte oder dachte sie dagegen auch nie etwas Unfreundliches. Arglos und schlicht, liebevoll und rein – was konnte unsere arme kleine Amelia bei diesen Eigenschaften anderes sein als eine echte Dame?
    Der junge Georgy hatte diese weiche, nachgiebige Natur beherrscht, und der Kontrast zwischen dieser Einfachheit und Feinfühligkeit und der plumpen Prahlsucht des einfältigen Alten, mit dem er dann in Berührung kam, brachte ihn dazu, auch diesen zu beherrschen. Wäre er ein Kronprinz gewesen – er hätte nicht besser in der Achtung seiner selbst erzogen werden können.
    Während sich seine Mutter zu Hause nach ihm sehnte und wohl jede Stunde des Tages und auch die meisten Stunden der traurigen, einsamen Nacht an ihn dachte, genoß der junge Herr eine Unmenge Freuden und Tröstungen, die ihn die Trennung von Amelia leicht ertagen ließen. Kleine Jungen, die weinen, wenn sie zur Schule gehen sollen, weinen, weil es ein unfreundlicher Ort ist. Nur die wenigsten weinen aus reiner Liebe. Wenn du bedenkst, daß sich die Augen deiner Kindheit beim Anblick eines Pfefferkuchens trockneten und daß dich ein Rosinenkuchen für den Schmerz bei der Trennung von deiner lieben Mama und deinen Schwestern entschädigte, dann, mein Freund und Bruder, brauchst du auch jetzt nicht zu sehr deinem Feingefühl zu vertrauen. Nun, George Osborne genoß also jeden Luxus und jede Bequemlichkeit, die einem reichen, verschwenderischen Großvater angemessen für ihn erschien. Der Kutscher wurde beauftragt, ihm das hübscheste Pony zu kaufen, das für Geld zu haben war, und George lernt auf ihm in einer Reitschule reiten. Nachdem er dann ohne Steigbügel zu aller Zufriedenheit die Hürden genommen hatte, führte man ihn durch die New Road zum Regent's Park und dann in den Hyde Park, wo er mit viel Gepränge, Martin den Kutscher hinter sich, umherritt. Der alte Osborne, der seine Citygeschäfte jetzt etwas leichter nahm und sie mehr seinen jüngeren Teilhabern überließ, fuhr öfter mit Miss Osborne die gleiche Richtung zum Treffpunkt der Modewelt. Wenn dann der kleine Georgy mit seiner Stutzermiene in stolzer Haltung herangesprengt kam, pflegte der Großvater die Tante des Jungen anzustoßen und zu sagen: »Sieh mal, Miss Osborne.« Er lachte dann jedesmal, und sein Gesicht wurde vor Vergnügen rot, wenn er dem Knaben aus dem Fenster zunickte, wenn der Reitknecht die Kutsche grüßte und der Lakai Master George.
    Auch seine Tante, Mrs. Frederick Bullock, ließ sich täglich auf dem Ring sehen. Der Schlag und das Geschirr ihres Wagens waren mit goldenen Bullen geschmückt und aus den Fenstern starrten drei teiggesichtige kleine Bullocks, mit Schmuck und Federn überladen. Mrs. Frederick Bullock warf dem kleinen Emporkömmling Blicke bittersten Hasses zu, wenn er, die Hand in die Seite gestemmt, den Hut auf einem Ohr, stolz wie ein Lord vorüberritt.
    Obwohl Master George kaum elf Jahre alt war, trug er doch schon einen Riemen und schöne Stiefelchen wie ein Mann. Er hatte vergoldete Sporen und eine Reitpeitsche mit vergoldetem Knauf und eine elegante Nadel im Halstuch und die hübschesten kleinen Glacéhandschuhe, die Lamb in der Conduit Street liefern konnte. Seine Mutter hatte ihm zwei Halsbinden geschenkt und ihm mit aller Sorgfalt ein paar kleine Hemden genäht und gesäumt; als aber ihr Eli 1 die Witwe besuchen kam, waren sie schon durch viel feinere ersetzt. Er trug kleine juwelenbesetzte Knöpfe auf der batistenen Hemdbrust. Ihre bescheidenen Geschenke waren beiseite gelegt worden; ich glaube, Miss Osborne hatte sie dem Sohn des Kutschers gegeben. Amelia versuchte zu glauben, daß sie sich über die Veränderung freue. Sie war auch wirklich glücklich und entzückt, daß der Knabe jetzt so schön aussah.
    Sie hatte sich für einen Shilling

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