Jahrmarkt der Eitelkeit
eine kleine Silhouette von ihm anfertigen lassen und sie neben ein anderes Porträt über ihrem Bett aufgehängt. Eines Tages kam der Knabe zu seinem üblichen Besuch wie gewöhnlich die kleine Bromptoner Straße herabgaloppiert, und wie gewöhnlich lockte er alle Bewohner zur Bewunderung seiner Herrlichkeit ans Fenster. Mit großem Eifer und einem Blick des Triumphes zog er ein Etui aus dem Mantel (der einen netten weißen Umhang und einen Samtkragen hatte) – ein rotes Saffianetui – und gab es ihr.
»Ich habe es für mein eigenes Geld gekauft, Mama«, sagte er. »Ich dachte, es würde dir gefallen.«
Amelia öffnete das Etui und stieß einen kleinen freudigen Schrei aus. Liebevoll umarmte sie den Knaben hundertmal. Es war ein hübsch gearbeitetes Miniaturbild von ihm selbst (obwohl wahrscheinlich für die Witwe lange nicht hübsch genug). Sein Großvater hatte ein Porträt von ihm bei einem Künstler machen lassen, dessen Arbeiten, in einem Schaufenster in der Southampton Row ausgestellt, ihm ins Auge gefallen waren. George, der immer reichlich mit Geld versehen war, fiel ein, den Maler zu fragen, wieviel eine Kopie des kleinen Porträts kosten würde; er sagte, er wolle sie mit seinem eigenen Geld bezahlen und seiner Mutter schenken. Der Maler, den das freute, fertigte die Kopie für einen geringen Preis an, und als der alte Osborne davon hörte, brummte er seine Zufriedenheit und gab dem Knaben doppelt soviel Sovereigns, wie er für die Miniatur bezahlt hatte.
Was war aber schon des Großvaters Wohlgefallen, verglichen mit Amelias Entzücken? Dieser Beweis der Liebe ihres Sohnes bezauberte sie so, daß sie dachte, kein Kind dieser Welt käme ihm an Güte gleich. Noch viele Wochen nachher machte sie der Gedanke an seine Liebe glücklich. Sie schlief besser mit dem Bildchen unter dem Kopfkissen, und wie viele, viele Male küßte sie es und weinte und betete über ihm! Schon eine kleine Freundlichkeit von denen, die sie liebte, erweckte in diesem furchtsamen Herzen Dankbarkeit. Seit der Trennung von George hatte sie noch keine derartige Freude und solchen Trost erfahren.
In seinem neuen Heim regierte Master George wie ein Lord: Beim Essen forderte er mit der größten Kaltblütigkeit die Damen zum Weintrinken auf und goß seinen Champagner in einer Weise hinunter, die seinen alten Großvater bezauberte.
»Sehen Sie ihn nur an«, sagte der alte Mann dann oft mit vor Freude gerötetem Gesicht und stieß seinen Nachbarn an. »Haben Sie schon jemals solch einen Burschen gesehen? Herrgott noch mal! Er wird sich bald einen Toilettenkasten und ein Rasiermesser kommen lassen. Ich will verdammt sein, wenn er es nicht tut.«
Die Possen des Knaben erfreuten jedoch Mr. Osbornes Freunde nicht so sehr wie den alten Herrn selbst. Richter Coffin fand kein Vergnügen daran, wenn Georgy sich in die Unterhaltung mischte und seine Anekdoten verdarb. Oberst Fogey entdeckte wenig Interessantes daran, den kleinen Jungen halb betrunken zu sehen. Polizeirat Toffys Frau war nicht besonders dankbar, als er ihr mit einem Stoß des Ellbogens ein Glas Portwein über das gelbe Atlaskleid schüttete und dann noch über das Unglück lachte; und es gefiel ihr ebensowenig, wenn es auch den alten Osborne ergötzte, daß George ihren dritten Sohn (einen jungen Herrn, ein Jahr älter als George, der Doktor Tickleus' Schule in Ealing besuchte und zufällig in den Ferien zu Hause war) am Russell Square verprügelte. Georges Großvater gab dem Knaben für diese Heldentat zwei Sovereigns und versprach, ihn für das Verprügeln eines jeden Knaben, der älter und größer war als er, zu belohnen. Es ist schwer zu sagen, welche guten Seiten der alte Herr bei diesen Kämpfen entdeckte. Er hatte eine unbestimmte Vorstellung, daß Streitereien einen Jungen abhärteten und daß es ihm nur nützen könnte, den Tyrannen spielen zu lernen. Die englische Jugend ist seit undenklichen Zeiten so erzogen worden, und es gibt Hunderttausende, die die Ungerechtigkeit und die Brutalität bei Kindern entschuldigen und bewundern.
Angestachelt von dem Lob und dem Sieg über Master Toffy, wollte George natürlich seine Triumphe fortsetzen. Als er eines Tages in der Gegend von St. Pancras in auffallend eleganten neuen Kleidern stolzierte und ein Bäckerjunge spöttische Bemerkungen über sein Äußeres machte, zog der junge Patrizier sofort mutig seine Stutzerjacke aus, gab sie dem Freund, der ihn begleitete (es war Master Todd von der Great Coram Street am Russell
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