Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
Vom Netzwerk:
Steynes Abgesandten und ließ Rawdon erbost zurück. Als die beiden draußen waren, blickte Macmurdo den anderen scharf an. Sein rundes, lustiges Gesicht nahm einen Ausdruck an, der mit Achtung nichts zu tun hatte.
    »In Kleinigkeiten sind Sie groß, Mr. Wenham«, sagte er.
    »Sie schmeicheln mir, Hauptmann Macmurdo«, entgegnete der Angeredete lächelnd. »Auf Ehre und Gewissen, Mrs. Crawley hat uns eingeladen, nach der Oper bei ihr zu soupieren.«
    »Natürlich, und Mrs. Wenham hatte gerade wieder Kopfschmerzen. Hören Sie, ich habe hier eine Tausendpfundnote, die ich Ihnen geben will. Bitte, stellen Sie mir eine Quittung darüber aus. Ich will die Banknote in einen Umschlag stecken, den ich an Lord Steyne adressiert habe. Mein Freund soll sich nicht mit ihm schlagen, aber sein Geld wollen wir lieber nicht nehmen.«
    »Es war alles ein Irrtum – ein großer Irrtum, mein lieber Herr«, sagte der andere mit der schönsten Unschuldsmiene. Hauptmann Macmurdo begleitete ihn unter Verbeugungen die Treppe hinab und begegnete dabei Sir Pitt Crawley. Die beiden Herren kannten sich flüchtig, und auf dem Wege zu Rawdons Zimmer erzählte der Hauptmann dem Baronet im Vertrauen, daß er die Angelegenheit zwischen Lord Steyne und dem Oberst geregelt habe.
    Sir Pitt war natürlich über diese Nachricht sehr erfreut und gratulierte seinem Bruder herzlich zu dem friedlichen Ausgang der Sache, wobei er gleich ein paar passende moralische Bemerkungen über die Schändlichkeit des Duellierens machte und sich darüber ausließ, wie unzulänglich es doch sei, einen Streit auf diese Weise beilegen zu wollen.
    Nach dieser Vorrede versuchte er mit aller ihm zu Gebote stehenden Beredsamkeit, eine Aussöhnung zwischen Rawdon und seiner Frau herbeizuführen, er wiederholte Beckys Angaben, wies darauf hin, daß sie wahrscheinlich wahr seien, und beteuerte seinen festen Glauben an ihre Unschuld.
    Rawdon wollte jedoch nichts davon hören. »Sie hat zehn Jahre lang Geld vor mir versteckt«, sagte er. »Erst letzte Nacht hat sie mir noch geschworen, sie hätte von Lord Steyne keins bekommen. Sie wußte genau, daß alles aussein würde, wenn ich es erst gefunden hätte; wenn sie nicht schuldig ist, Pitt, so ist sie doch so gut wie schuldig. Ich will sie niemals wiedersehen, niemals!« Das Haupt sank ihm auf die Brust, als er diese Worte sprach. Er sah ganz gebrochen und traurig aus.
    »Armer Junge«, sagte Macmurdo und schüttelte den Kopf.

    Eine Zeitlang widerstand Rawdon Crawley der Idee, eine Stelle anzunehmen, die ihm ein so verhaßter Gönner verschafft hatte; er wollte auch den Knaben von der Schule nehmen, wo er durch Lord Steynes Einfluß untergebracht worden war. Von den Vorstellungen seines Bruders und Macmurdos ließ er sich jedoch bewegen, diese Wohltaten nicht abzuweisen, vor allem aber, weil ihm der Hauptmann erklärt hatte, wie wütend Steyne bei dem Gedanken sein müsse, daß sein Feind mit seiner Hilfe sein Glück gemacht habe.
    Als der Marquis von Steyne nach seinem Unfall wieder ausging, kam der Kolonialminister mit vielen Verbeugungen auf ihn zu und gratulierte sich und der Regierung zu der vortrefflichen Ernennung. Wie dankbar Lord Steyne diese Glückwünsche entgegennahm, kann man sich vorstellen.
    Das Geheimnis des Rencontre zwischen ihm und Oberst Crawley wurde, wie Wenham sich ausdrückte, tief begraben, das heißt von den Sekundanten und den beiden Duellanten. Aber noch vor Ende des Tages besprach man die Angelegenheit an fünfzig Abendtafeln auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit. Der kleine Cackleby besuchte sieben Abendgesellschaften und erzählte die Geschichte jedesmal mit Kommentaren und Verbesserungen. Wie entzückt war Mrs. Washington White darüber! Die Frau des Bischofs von Ealing war über alle Maßen empört; der Bischof aber schrieb seinen Namen noch am gleichen Tag im Gaunt-Haus in die Besucherliste ein. Der kleine Southdown war traurig, und traurig war ebenfalls seine Schwester, Lady Jane, sehr traurig. Lady Southdown berichtete alles ihrer zweiten Tochter am Kap der Guten Hoffnung. Mindestens drei Tage lang war es Stadtgespräch, und in den Zeitungen erschien es nur nicht wegen der Bemühungen von Mr. Wagg, dem Mr. Wenham einen Wink gegeben hatte.
    Über den armen Raggles in der Curzon Street fielen die Gerichtsvollzieher und Makler her, aber die bisherige schöne Bewohnerin des armen kleinen Hauses – wo war sie inzwischen? Wer kümmerte sich darum? Wer fragte nach ein paar Tagen noch danach? War sie schuldig

Weitere Kostenlose Bücher