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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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liebte er sie selbst viel zu zärtlich. Unaussprechlicher Kummer, Mitleid, Schrecken verfolgten ihn, als er, nachdem er sie gesehen hatte, wie ein Verbrecher davonschlich.
    Als Osborne hörte, daß sein Freund sie gefunden hatte, erkundigte er sich warm und ängstlich nach dem armen Kind. Wie ging es ihr? Wie sah sie aus? Was sagte sie? Der Kamerad ergriff seine Hand und blickte ihm ins Gesicht.
    »George, sie stirbt«, sagte William Dobbin. Er konnte nicht weitersprechen.

    In dem Häuschen, wo Familie Sedley Zuflucht gefunden hatte, gab es ein dralles irisches Dienstmädchen, das alle Hausarbeit tat. Dieses Mädchen hatte sich während der vergangenen Tage vergeblich bemüht, Amelia Hilfe oder Trost zu geben. Emmy aber war viel zu traurig, um auf sie zu hören, und bemerkte nicht einmal die Versuche der anderen, sie aufzuheitern.
    Vier Stunden nach dem Gespräch zwischen Dobbin und Osborne kam dieses Dienstmädchen in Amelias Zimmer, wo sie wie gewöhnlich über ihren Briefen, ihren kleinen Schätzen, brütete. Das Mädchen lächelte und machte mit schlauer und glücklicher Miene allerlei Versuche, die Aufmerksamkeit der armen Emmy zu erwecken. Aber diese nahm keinerlei Notiz von ihr.
    »Miss Emmy!« sagte das Mädchen.
    »Ich komme gleich«, sagte Emmy, ohne sich umzusehen.
    »Ich habe etwas auszurichten«, fuhr das Dienstmädchen fort. »Da ist etwas – jemand – hier ist ein neuer Brief für Sie – lassen Sie doch die Leserei von den alten sein.« Und sie reichte ihr einen Brief. Emmy nahm ihn und las.
    »Ich muß Dich sehen«, sagte der Brief. »Liebste Emmy – mein Liebling – meine liebe, kleine Frau, komm zu mir.«
    George und ihre Mutter standen vor der Tür und warteten, bis sie den Brief gelesen hatte.

19. Kapitel
Miss Crawley in Pflege
    Wir haben gesehen, daß Mrs. Firkin, die Kammerfrau, sich verpflichtet fühlte, jedesmal, wenn sie ein für die Familie Crawley wichtiges Ereignis erfuhr, es Mrs. Bute Crawley im Pfarrhaus mitzuteilen. Wir haben weiter oben auch erwähnt, wie freundlich und aufmerksam diese gutmütige Dame gegen Miss Crawleys vertrauenswürdigen Butler war, und auch für Miss Briggs, die Gesellschaftsdame, war sie stets eine gütige Freundin gewesen und hatte sich deren Wohlwollen durch eine Unzahl von Aufmerksamkeiten und Versprechungen erworben, die den Spender so wenig kosten und dem Empfänger doch so angenehm und wertvoll sind. Jede sparsame Hausfrau sollte wissen, wie wohlfeil und doch gern gesehen solche Erklärungen sind und welchen Wohlgeschmack sie der einfachsten Speise im Leben verleihen. Wer war bloß der Dummkopf, der das Sprichwort »Schöne Worte machen den Kohl nicht fett« erfand? Ich sage dagegen, die Hälfte allen Kohls der Gesellschaft wird mit keiner anderen Zutat angerichtet und serviert. Wie der unsterbliche Alexis Soyer 1 eine köstlichere Suppe für einen halben Penny zubereiten kann als ein schlechter Koch, der Fleisch und Gemüse pfundweise verbraucht, ebenso kann ein geschickter Künstler mit ein paar einfachen, gefälligen Redensarten mehr ausrichten als ein bloßer Stümper mit einem ganzen Vorrat von wirklichen Wohltaten. Ja, wir wissen sogar, daß wirkliche Wohltaten einige Mägen oft zum Erbrechen reizen, während die meisten jede Menge schöner Worte gut verdauen und immer noch mehr von dieser Kost verlangen. Mrs. Bute hatte der Briggs und der Firkin so oft ihre große Zuneigung beteuert und ihnen erzählt, was sie alles für so vortreffliche und ergebene Freundinnen tun würde, besäße sie nur Miss Crawleys Vermögen, daß die fraglichen Damen sie sehr schätzten und ihr ebensoviel Dankbarkeit und Vertrauen entgegenbrachten, als hätte Mrs. Bute sie mit kostspieligen Gunstbezeigungen überhäuft.
    Rawdon Crawley allerdings, dieser selbstsüchtige, schwerfällige Dragoner, gab sich nie Mühe, sich bei den Adjutanten seiner Tante angenehm zu machen. Er legte seine Verachtung für die beiden ganz offen an den Tag, ließ sich einmal von der Firkin die Stiefel ausziehen, schickte sie ein andermal im Regen mit entwürdigenden Aufträgen weg, und gab er ihr schon mal eine Guinee, so warf er sie ihr zu wie eine Ohrfeige. Da die Tante die Briggs auch zur Zielscheibe ihres Spottes machte, so folgte der Hauptmann ihrem Beispiel und zielte mit seinen Späßen auf sie – Späßen, so zart wie der Hufschlag seines Pferdes. Mrs. Bute dagegen zog sie in schwierigen Angelegenheiten oder in Fragen des Geschmacks zu Rate, bewunderte ihre Gedichte und bewies durch

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