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Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Jahrmarkt der Unsterblichkeit

Titel: Jahrmarkt der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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gescheite und anreizende Nachricht hereingeschickt, und als ich mit einer Unwahrheit antwortete, hatten Sie Geist genug, zu tun, als wollten Sie sich verabschieden. Sie dürfen meine Neugier befriedigen. Was ist es, was ich, wie Sie glauben, mehr als alles andere auf der Welt wünsche?»
    «Nicht zu sterben!» erwiderte Joe Sears, womit er sein schwerstes Geschütz abprotzte und einen Kernschuß abfeuerte.

8

    Unser Leben währet siebzig Jahre.
    PSALM 90, 10

    Wenn Sears glaubte, eine heftige Reaktion von Hannah Bascombe erleben zu können, so täuschte er sich. Der Schuß ging los wie eine Rakete, doch ihre funkelnden Augen, die ihn so forschend betrachteten, schienen sich nur einen Augenblick zu beschatten. Dann erwiderte sie abrupt: «Dummes Zeug! Keiner kann ewig leben.»
    «Das ist wahr. Aber nichts kann einen davon abhalten, es sich zu wünschen.»
    «Und Sie haben den Eindruck, daß das mein Wunsch ist?»
    «Niemand stirbt gern, Miss Bascombe.»
    Auf der Tafel mit den Knöpfen leuchtete ein Licht auf. Hannah Bascombe griff nach dem Telefon und hörte zu. Dann sagte sie: «Danke schön, nein», und legte den Hörer wieder auf. Einen Augenblick befand sich ihr Geist weit entfernt. Sie schien Sears’ Anwesenheit vergessen zu haben. Als sie zu ihm zurückkehrte, geschah es fast mit Ungeduld, die er sofort zu spüren bekam.
    «Ist das alles, was Sie mir sagen wollten, Mr. Sears?»
    Er hatte den Eindruck, auf der Flucht zu sein. Er vermochte die Person mit den herausfordernden Augen im jährlichen Presseinterview nicht mit dieser eiskalten, selbstbeherrschten Geschäftsfrau in Einklang zu bringen. Und dennoch glaubte er, er habe recht, irgendwo, irgendwie könne er ihre fixe Idee auslösen oder Zugang zu ihr finden. Er fürchtete, daß das Gespräch seinem Ende bereits gefährlich nahe sei.
    Er fragte: «Würde es Sie interessieren, zu erfahren, welchen Eindruck ich von Ihnen habe, Miss Bascombe?»
    Darauf erwiderte sie nichts, gab jedoch auch weder durch ein Wort noch durch eine Bewegung zu erkennen, daß sie ihm die Gelegenheit nehmen wollte, sich zu äußern.
    «Ich glaube, daß Sie unerbittlich entschlossen sind, dem Tod zu widerstehen:»
    «Meinen Sie? Und weshalb, Mr. Sears?»
    Aus ihrer Stimme klang Interesse mit einem Unterton von grimmiger Herausforderung, als ob sie um der Belustigung willen einmal feststellen wollte, wie weit er gehen würde, sich selber zum Narren zu machen. «Weil Sie, wenn Sie sterben, alles verlieren würden, wofür Sie Ihr Leben lang gelebt haben — das Reich, das Ihr Vater aufgebaut hat.»
    Sie sprach immer noch nicht. Er hatte begonnen und spürte, daß es nun keinen Weg mehr gab, der zurückführte. «Zwanzig Jahre lang ist Ihnen Washington auf den Fersen gewesen. Nun warten die Leute einfach auf das Unvermeidliche, weil sie dann ohnehin die Hand auf Ihr Vermögen legen und es in den Mühlentrichter der neuen Philosophie schütten können, nach der man die Verdienste von Männern und Frauen mit Weitblick, Mut und Unternehmungsgeist besteuern und ausgeben, ausgeben und besteuern müsse.»
    Hannah Bascombe sagte gelassen und endgültig: «Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Sie werden keinen roten Heller bekommen.»
    Sears fragte sich, wer denn hier nun verrückt sei, sie oder er. Er bohrte tiefer: «So ist es. Sie werden um Ihr Leben kämpfen. Sie werden nicht aufgeben. Wenn Sie nicht mehr gehen können, werden Sie kriechen. Oder Sie werden sich ins Bett legen und weiterkämpfen, bis nur noch Ihre Augen am Leben sind; und wenn diese sich verschleiern, werden Sie darum ringen, noch ein Beben in der Brust oder einen Hauch in Ihrer Kehle zu bewahren, damit die Anwälte und Steuerschätzer ihren Einzug nicht bei Ihnen halten können. Doch schließlich...»
    Clary hob sich halb von ihrem Stuhl, ihre Augen funkelten vor Widerwillen. «Miss Bascombe», rief sie, «lassen Sie ihn nicht weitersprechen! Er darf nicht so reden.»
    Doch die Ältere brachte sie mit einer gebieterischen Bewegung zum Schweigen und beendete dann selber Sears’ Satz:
    «Doch schließlich werde ich sterben.» Und nun war die Belustigung in ihren Augen ganz offensichtlich. «Es sei denn, Sie leihen mir, wie Sie andeuteten, Ihre Hilfe, um das zu verhindern. Wirklich, Mr. Sears, Sie sind der erstaunlichste Mann, dem ich jemals begegnet bin. Was verkaufen Sie? Ist es eine Pille, ein Universalmittel, etwas auf Flaschen Gezogenes, eine Diät, vielleicht ein elektrischer Leibgurt? Was kostet es mich, Ihr

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