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Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)

Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)

Titel: Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damian Dibben
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jedoch war, dass bereits reger Betrieb herrschte: Etwa zwanzig Schauspieler, Masken mit hängenden Mündern vorm Gesicht, tummelten sich auf der Bühne. In den ersten Sitzreihen lümmelten in allen möglichen und unmöglichen Posen mindestens genauso viele Zuschauer.
    »Scheint sich um eine Probe zu handeln«, flüsterte Charlie ehrfürchtig.
    Die beiden Hauptdarsteller in der Mitte, ein dürrer Mann und eine korpulente Frau, sprachen ihren Text, und der Chor unterstrich das Gesagte mit expressiven Verrenkungen.
    »Dem dargestellten Wechselbad der Gefühle nach zu urteilen, scheint es sich um ein Coming-of-Age-Drama zu handeln«, kommentierte Nathan. Lucius, der hartgesottene Kämpfer, rümpfte verächtlich die Nase. Ihm war die Darbietung offensichtlich zu gefühlslastig.
    Plötzlich brüllte die dickliche Dame auf der Bühne ihren Widerpart aus vollem Hals an. Jake nahm an, es wäre Teil des Stücks – bis sie sich die Maske vom Gesicht riss, sie demonstrativ zertrat und sich dann auf ihren Partner stürzte. Lucius’ Naserümpfen wich blankem Entsetzen, als er feststellte, dass es sich bei der Dame in Wahrheit um einen bärtigen Mann mittleren Alters handelte. Der Chor versuchte, die beiden zu trennen, aber ohne Erfolg, und schließlich wurde auch noch das Publikum in die wilde Schlägerei verwickelt. Der Tumult beruhigte sich erst, als der Schauspieler mit dem Bart mit einem letzten wilden Fluch wütend hinter die Bühne stampfte.
    Jake und Nathan schauten Charlie fragend an. »Mein Latein ist eigentlich ganz hervorragend«, erklärte Nathan, »aber ich fürchte, das war selbst für mich zu schnell.«
    Charlie musste sich selbst erst einen Reim auf das Geschehene machen. Dann erklärte er, bei dem aufgebrachten Schauspieler habe es sich wohl um den histrio primus gehandelt – den Star des Ensembles. Sein ursprünglicher Partner, der bis zum Vortag die Rolle des Ehemannes in dem Stück übernommen hatte, war wegen einer dringenden Angelegenheit unvermittelt abgereist. Der dürre Kerl, der für ihn eingesprungen war, sei – so der histrio primus  – der Rolle nicht würdig.
    »Eine dringende Angelegenheit? Gestern?«, fragte Jake.
    »Ich bin nicht ganz sicher«, erwiderte Charlie, »aber es scheint, als wäre er mit einer rothaarigen Dame abgereist. Ich schlage vor, wir gehen zu den Schauspielerumkleiden und sehen, ob sich dort Näheres in Erfahrung bringen lässt.«
    Auf der Bühne ging es immer noch so hitzig zu, dass keiner bemerkte, wie die vier sich an ihnen vorbeischlichen. Sie waren kaum hinter den Kulissen angekommen, da hörten sie auch schon wieder das wilde Gezeter des aufgebrachten histrio primus. Sie folgten der Stimme bis in einen der Ankleideräume, wo sich der Mann gerade umzog.
    Charlie strich sich die Frisur glatt, dann traten sie ein, und Charlie bat um ein kurzes Gespräch »unter Kollegen«. Zunächst musste auch er eine donnernde Tirade über sich ergehen lassen, doch als er wortreich versicherte, dass er die Probe verfolgt und ganz und gar seiner Meinung sei, beruhigte sich der echauffierte Künstler etwas. Er neigte herablassend den Kopf und stellte sich als Fico Mirabilis vor, den unglaublichen Fico. Es folgte weiteres Geschimpfe darüber, wie schwer es heutzutage sei, ein klassisches griechisches Drama (bei dem Wort »klassisch« trat eine Träne in Ficos Augen) auf die Bühne zu bringen. Die vulgären Spiele in Rom seien der Untergang der Kultur, die Theaterkunst sei vom Aussterben bedroht, es gehe nur noch um reißerische Unterhaltung, möglichst viele gut zahlende Zuschauer und so weiter …
    Charlie nickte verständnisvoll und schaute dabei so betroffen drein, dass Jake sich schon fragte, welcher der beiden der begabtere Schauspieler war. Als Fico endlich zum Ende seines Klagelieds gekommen war, fragte Charlie ihn nach der eiligen Abreise seines ursprünglichen Bühnenpartners.
    Zuerst zornig, dann verächtlich und schließlich zutiefst besorgt schilderte Fico, was vorgefallen war. Mindestens zweimal erwähnte er den Namen Agata und spuckte dabei aus.
    Charlie bedankte sich mit einer tiefen Verbeugung. »Ich denke, die Informationen dürften reichen«, sagte er an seine Begleiter gewandt und verabschiedete sich.
    Auf dem Weg zurück zum Hafen gab Charlie den Inhalt des Gesprächs wieder: »Wie es scheint, handelte es sich bei dem ›Paket‹, das Agata hier in Empfang nahm, um Ficos Schauspielerkollegen«, verkündete er nicht ohne Stolz auf seine Lateinkenntnisse. »Der

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