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Jake Djones und die Huter der Zeit

Jake Djones und die Huter der Zeit

Titel: Jake Djones und die Huter der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dibben Damian
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sonderlichen Appetit, aber mit dem Menü, das Charlie da mal eben nebenbei gezaubert hatte, hätte er locker jeden Kochwettbewerb gewonnen. Es bestand aus Kirschtomaten-Bruschetta, gefüllten Zwergpaprika mit marinierten Champignons und einer Himbeertorte mit Sahnebaiser als Nachtisch. Wie sich herausstellte, war Charlie strikter Vegetarier und hatte das Kochen am kaiserlichen Hof Napoleons gelernt.
    Nachdem der Tisch abgeräumt war, stellte Topaz ein kleines Kästchen auf den Tisch, und es trat Totenstille ein. Sie öffnete den Deckel, nahm die Phiole mit dem Atomium und die Horizontschale heraus. Die letzte halbe Stunde hatte Jake damit verbracht, sich vorzustellen, wie er explodierte, und sich gefragt, wie blutig ein solcher Tod wohl aussehen würde.
    Das Atomium schmeckte widerlich, wie ausgelaufene Batterieflüssigkeit, dachte Jake, und seine Wirkung setzte schneller und heftiger ein als beim letzten Mal – er hatte es kaum geschluckt, da kippte Jake auch schon rückwärts vom Stuhl. Er kam erst wieder zu Bewusstsein, als er Charlies piksende Finger zwischen den Rippen spürte.
    Â»Wach auf. Du kannst jetzt nicht schlafen. Wach auf.«
    Jake versuchte, seinen Blick fest auf die Gesichter über ihm zu heften.
    Â»Wach endlich auf! Jetzt zu schlafen ist verdammt gefährlich.«
    Â»Sind wir schon da? In Venedig?«, fragte Jake und verlor erneut das Bewusstsein.
    Nathan nickte Charlie kurz zu, der Jake daraufhin ein Glas mit eiskaltem Wasser ins Gesicht kippte.
    Mit einem lauten Keuchen fuhr Jake hoch. »Ich will nicht explodieren!«, schrie er. Zwei Minuten später war er wieder weg, und so ging es noch eine halbe Stunde weiter, bis Topaz schließlich vom Deck herunterrief: »Noch fünf Minuten bis zum Horizontpunkt!«
    Jakes Befinden änderte sich schlagartig. Mit plötzlich aufwallender Energie schnellte er vom Boden hoch, rief »Wir fliegen, wir fliegen!« und tanzte im Kreuzschritt durch die Kombüse.
    Nathan wandte, als schämte er sich für ihn, den Blick ab, und Mr Drake folgte seinem Beispiel.
    Â»Ich muss mit Topaz sprechen!«, verkündete Jake und stürmte an Deck, wo er sie wie der Filmheld, als der er sich in diesem Augenblick fühlte, leidenschaftlich in die Arme schloss.
    Topaz schnappte verblüfft nach Luft und lächelte verlegen. Inzwischen war auch Charlie an Deck gekommen und schüttelte nur verdutzt den Kopf.
    Jake wollte Topaz gerade küssen – da hatten sie den Horizontpunkt erreicht, und wie beim ersten Mal hatte er das Gefühl, wie eine Rakete in die Höhe zu schießen. Sein Alter Ego – oder was auch immer es war – raste auf den Rand der Erdatmosphäre zu, dorthin, wo das zarte Blau zu tiefem Schwarz wurde, und unter sich sah Jake das Mittelmeer, wie es sich an Frankreich, Spanien und den italienischen Stiefel schmiegte, schräg darüber, unter einer gigantischen Nebelbank, lagen die Britischen Inseln, genau wie im Wetterbericht im Fernsehen. Dann hatte seine Flugbahn den Zenit überschritten, und er stürzte wieder aufs Wasser zu. Jake sah sich selbst auf dem Deck der Campana , wie er Topaz umklammert hielt, dann brach er auf dem Deck der alten Galeere zusammen, schüttelte und krümmte sich vor Lachen.
    Charlie warf einen Blick auf seine Uhr und tippte lächelnd auf die Datumsanzeige. »Wir sind da: 15. Juli 1506.«
    Es war stockfinstere Nacht und ziemlich heiß. Das Meer war spiegelglatt und am Firmament glitzerten Myriaden von Sternen. Jakes Kopf dröhnte wie nie zuvor in seinem Leben, und ihm wurde die Peinlichkeit seiner Situation bewusst: Er wollte lieber sterben als Topaz in die Augen sehen. Nach kurzem Überlegen entschied er sich gegen beide Optionen und zog stattdessen seinen Blazer aus, um wenigstens die Hitze ein wenig besser ertragen zu können. Vorsichtig setzte er sich auf die Holzplanken und blickte achtern auf die sich zurückziehende See.
    Es war pechschwarze Nacht, alle auf Mont Saint-Michel schliefen tief und fest. Das gelegentliche Flackern einer Kerzenflamme war die einzige Bewegung in der absoluten Stille auf den verlassenen Gängen und Treppenhäusern des Schlosses. Auch die Seevögel schliefen stumm in ihren Nestern zwischen den dunklen Granittürmen und -rondellen.
    Eine Gestalt in einer dunkelblauen Kutte trat mit einem Kerzenleuchter in der Hand aus dem Zwielicht eines Bogengangs und schlich auf Zehenspitzen zur

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