Jake Djones und die Huter der Zeit
brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen«, meinte Charlie und zog den Lederbeutel hervor, den Jake schon an Bord der Campana gesehen hatte. »Mr Volsky ist zwar glatt rasiert, aber das brauchen wir ja niemandem auf die Nase zu binden.« Er öffnete den Beutel und begutachtete mit sichtlichem Stolz seine Sammlung an falschen Bärten. SchlieÃlich zog er einen heraus und hielt ihn Jake vors Gesicht. »Ausgezeichnet«, sagte er zufrieden.
Topaz machte sich gerade an dem letzten Koffer zu schaffen, bekam den Deckel aber nicht auf. »Dieser hier scheint aus irgendeinem Grund abgeschlossen zu sein«, sagte sie und zog eine Klammer aus ihrem Haar. Topaz bog den dünnen Metalldraht gerade, führte ihn in das Schloss ein, und wenige Augenblicke später ertönte ein Klicken.
Als Topaz den Koffer öffnete, schnappten die drei Agenten laut nach Luft: Er war bis oben hin gefüllt mit funkelnden Kostbarkeiten. Gleich zuoberst befand sich eine Kassette mit Unterteilungen wie in einem Setzkasten, und in jedem der kleinen Abteile lag ein Ring mit einem geschliffenen Edelstein daran. Darunter fand sich eine weitere Kassette mit riesenhaften Diamanten, Smaragden und Rubinen, darunter noch eine und noch eine. Zuallerunterst schlieÃlich entdeckten sie stapelweise Banknoten und mindestens ein Dutzend groÃer Goldbarren.
»Warum in aller Welt schleppen sie so viel Geld mit sich herum?«, fragte sich Topaz laut.
Charlie zog theatralisch die Augenbrauen nach oben. »Nun, ich habe das Gefühl, die Antwort auf dieses und alle anderen Rätsel dürfte hinter den Mauern von Schloss Schwarzheim liegen.«
21
In der Höhle des Löwen
E ine halbe Stunde später ratterte die Kutsche der Volskys über die StraÃe auf das düstere Tor von Schloss Schwarzheim zu. Charlie saà auf dem Kutschbock, Mr Drake auf einer der Truhen neben ihm. Zum schwarzen Mantel trug er die Mütze, die er in einem Täschchen gefunden hatte, in dem der Kutscher seine wenigen Besitztümer aufbewahrte, dazu einen blonden Bart, mit dem er so gut wie nicht mehr wiederzuerkennen war.
Im luxuriösen, mit Seide ausgekleideten Fahrgastraum saÃen Jake und Topaz als reiche Russen verkleidet. Mit dem korsettierten Kleid und dem Golddiadem auf dem Kopf sah Topaz umwerfend aus, doch Jakes Verwandlung war noch weitaus bemerkenswerter: Mit Schnauzer und Kinnbart, in feinsten Zwirn gekleidet, war er vom Scheitel bis zur Sohle ganz der junge Pelzmagnat.
»Charlie«, rief Topaz, den Kopf zum Fenster hinausgestreckt, »ich sage es nur ungern, aber ich glaube, es wäre an der Zeit, Mr Drake irgendwo zu verstecken.«
Charlie nickte widerstrebend, öffnete einen der Koffer und setzte den Papagei vorsichtig hinein. »Es ist nur für kurze Zeit«, versicherte er und gab Mr Drake eine extragroÃe Portion Erdnüsse als Proviant. »Du musst jetzt ganz leise sein.« Es behagte Charlie ganz und gar nicht, sein SchoÃtier in den dunklen Koffer zu sperren, aber für eine Handvoll Erdnüsse tat Mr Drake so gut wie alles, was sein Herr von ihm verlangte.
Als sie vor den düsteren Wachtürmen des Tores stehen blieben, bemerkte Jake ein nervöses Flackern in Topazâ Augen. Sie griff sich mit der Hand an den Hals, als versuchte sie, ihren zitternden Atem zu beruhigen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Jake leise.
»Schon irgendwie seltsam«, erwiderte Topaz mit einem Seufzen. »Man möchte meinen, die Angst würde mit der Zeit weniger, dabei scheint es nur schlimmer zu werden.«
Einer der Torwächter kam aus dem Wachhäuschen auf sie zugeschritten, hob seine riesige Hand und fragte mit einer Kinnbewegung in ihre Richtung nach den Namen der Neuankömmlinge.
»Mikhail und Irina Volsky aus Odessa«, antwortete Charlie auf Englisch mit unverkennbar russischem Akzent und gab dem Soldaten das Einladungsschreiben.
Der Wachmann betrachtete es wortlos und inspizierte mit zusammengekniffenen Augen die Insassen der Kutsche.
Jake und Topaz starrten geringschätzig zurück.
Endlich gab er Charlie das Einladungsschreiben zurück und signalisierte dem Rest der Wachmannschaft, das Tor zu öffnen. Quietschend hob sich das eiserne Fallgitter, die Kutsche fuhr los und hinein in die weitläufige Festungsanlage von Schloss Schwarzheim.
Jake blickte aus dem Fenster. Vor ihm erhob sich ein in Nebelschwaden gehüllter Berg, auf dessen scharfer Spitze sich als
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