Jakob der Reiche (German Edition)
und schien alles um sich herum zu vergessen. Es waren zweifellos die schönsten Geschmeide, die er jemals gesehen hatte.
»Wie viel?«, fragte er schließlich in die Stille.
»Die Herren vom Rat der Dreizehn der Stadt Basel denken an vierzigtausend Gulden«, sagte Conrad leise. »Für alles. Und es soll so lange in ihrem Gewahrsam bleiben, bis auch der letzte Gulden in mailändischer, Zürcher, Freiburger oder walisischer Währung in Basel eingegangen ist.«
Jakob hatte zum ersten Mal in seinem Leben nicht den geringsten Wunsch, zu handeln. Es war, als hätte ein Fisch das Schwimmen oder ein Vogel das Fliegen verlernt.
»Ich nehme es«, sagte er mit fester Stimme. »Und es bleibt bei Euch, bis ich gezahlt habe.«
»Es ist sehr günstig, wie Ihr sicherlich wisst«, sagte der Sprecher der Abordnung vom Rhein. »Deshalb haben wir noch eine kleine, aber sehr wesentliche Bedingung.«
Jakob nickte ihm zu.
»Der Schmuck darf niemals öffentlich gezeigt oder getragen werden. Und niemand darf erfahren, von wem Ihr ihn gekauft habt. Das müsst Ihr schwören, sonst wird dieses Geschäft nicht abgeschlossen.«
Geheimvertrag mit Basel
Als Stadtschreiber von Augsburg hatte Conrad Peutinger das Recht, den Kaufvertrag zu beurkunden. Allen Beteiligten war klar, dass diese Urkunde niemals im Rathaus auftauchen oder in anderen Büchern eingetragen werden durfte.
»Und wenn Ihr mir an irgendeiner Stelle des Geschmeides geschliffenes und gefärbtes Glas statt Edelsteinen unterschieben wollt, trete ich sofort von diesem Handel zurück«, sagte Jakob warnend.
Sofort protestierten die Basler empört. »Es stimmt, in einem dieser Stücke ist tatsächlich ein Stück Glas eingefügt«, sagte einer von ihnen geistesgegenwärtig. »Aber das haben wir natürlich vom Gesamtpreis abgezogen.«
»Ich will nur hoffen, dass Ihr gute Augen habt«, meinte Jakob noch einmal, »denn wie gesagt, ein einziger Betrugsversuch, und alles ist zunichte …«
Jakob und Hans Kohler kümmerten sich bis ins kleinste Detail um die Zahlungen an die Basler. Zu keinem Zeitpunkt durften größere Summen in der Stadt am Rhein eintreffen. Alles musste so klein gestückelt und in so unterschiedlicher Währung erfolgen, dass nicht einmal die Beschäftigten im Rathaus irgendeinen Verdacht schöpfen konnten.
»Und sorgt um Gottes willen und Barmherzigkeit dafür, dass Ihr meine Zahlungen nicht in alten römischen Ziffern zusammenzählt«, bat Jakob Fugger nachdrücklich. »Schon der geringste Fehler bei dieser Rechenweise kann dazu führen, dass der eine oder andere Gulden falsch gezählt wird und als X statt V für Verwirrung bei den Kämmerern der städtischen Finanzen in Basel sorgen könnte. Ich will nicht, dass zum Schluss die ganze Sache wegen eines Schreibfehlers bei Euch auffliegt.«
Es war, als ahnte er, dass Jahre später genau dieses Versehen doch noch bekannt machte, was an diesem Tag vereinbart wurde.
Für die erste diskrete Zahlung sollte die Prägeanstalt in Sankt Gallen Münzen aus Rohsilber schlagen, die das Fuggersche Handelshaus aus Tirol zu den Eidgenossen liefern würde.
Für ein, zwei Jahre schien es ganz so, als wäre Jakobs Vorsicht übertrieben, wenn nicht sogar gänzlich überflüssig. Weder Frankreich noch die Habsburger interessierten sich für die laufenden Geschäfte des Augsburger Handelshauses. Sogar Ulrich und Georg fiel auf, dass die Innsbrucker und Maximilian selbst längst nicht mehr so argwöhnisch hinter jedem Guldiner her waren, den sie als Steuer abzwacken oder als Darlehen ausleihen konnten.
Zum ersten Mal schien König Maximilian für einen kurzen Zeitraum genügend Münzen in seinen Geldkästen zu haben. Durch ein Siegelgeld von zweihunderttausend Dukaten hatte König Ludwig XII . von Frankreich das Herzogtum Mailand erhalten. Auch vom Heiligen Stuhl in Rom, von dem die Fugger in den vergangenen Jahren mit zumeist berechtigten Zahlungsaufforderungen bedrängt worden waren, kamen neuerdings weder Mahnungen noch diskrete Hinweise auf nützliche Schmiergeldzahlungen.
Ulrich und Georg Fugger, die in den ersten Wochen vor Entsetzen und Ärger über den Kauf der Burgunderjuwelen kein Wort mehr mit Jakob gewechselt hatten, beruhigten sich langsam wieder.
»Auch wenn wir diese Juwelen im Augenblick gegen nichts auf der Welt eintauschen können«, erklärte er ihnen, nachdem sie wieder miteinander sprachen, »so behalten sie doch ihren Wert, der von Jahr zu Jahr steigen wird. Es ist nicht wie bei den Kuxen, den
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