Jakob der Reiche (German Edition)
bisher namhaften Patriziern gehört hatten. Andere kauften oder pachteten in der Umgebung oder bis zur Donau im Norden und bis zu den Alpen hin Gutshöfe und sogar verwaiste Burgen. Der Grund für all die Eilfertigkeit war das Gerücht, dass Maximilian sich auch in Augsburg ein Palais zulegen wollte.
Es war das Jahr, in dem der Raubritter Götz von Berlichingen seine Hand verlor. Im Palast des mächtigen Handelshauses der Fugger von der Lilie gingen Tag für Tag Kunden und Lieferanten, Abgesandte und Boten ein und aus. Es war ein ständiges Kommen und Gehen wie an einem Fürstenhof. Dutzende von Bediensteten und angestellten Schreibern wimmelten durch die Gänge und Räume.
Ausgehende Waren wurden in den Büchern mit einem Vermerk versehen, der nicht »erledigt«, sondern nur »abgesandt« bedeutete. Noch bei Jakob Fuggers Eintritt in die Firma war dieser Vermerk auf der rechten Seite der Kontobücher eingeschrieben worden. Jetzt blieb er so lange auf der Schuldseite stehen, bis eine der eigenen Faktoreien oder der betreffende Geschäftspartner den Eingang bestätigte.
Jakob hatte den Kreis der Eingeweihten hinsichtlich seiner Bemühungen, einen Teil der Burgunderschätze zu kaufen, auch auf Hans Kohler in Venedig ausgeweitet. Ulrich und Georg vermuteten, dass er Sibylle dadurch von Conrad Rehlinger zurückkaufen wollte, der selbst verheiratet war, mehrere Kinder hatte und schon vor der Verheiratung Sibylles ihr Buhle gewesen war …
An einem schönen, warmen Frühlingstag ließ Conrad Peutinger Jakob eine Einladung zum Essen überbringen. Wie zufällig befand sich auch Hans Kohler in diesen Tagen in Augsburg. Schon am frühen Nachmittag machten sich die beiden Männer zusammen mit Sibylle Fugger auf den Weg. Peutinger hatte noch drei weitere Gäste in sein Haus geladen, die er als Doktoren der Theologie aus Lyon, Zürich und Straßburg vorstellte.
»Sie wollen sich in meiner Bibliothek einige Schriften ansehen, die sich mit Fragen des Kirchenrechts befassen«, erklärte Conrad, doch Jakob merkte sofort, dass er log. Ohne weitere Nachfragen setzen sie sich und ließen auftragen. Wie so oft bei derartigen Anlässen versuchten die gelehrten Herren, ihr Wissen dadurch zu verbergen, dass sie sich besonders ausgelassen benahmen. Sie scherzten auf eine Art mit den Damen, die Jakob völlig unpassend vorkam.
»Die Anna Laminit ist inzwischen eine ganz große Hure vor dem Herrn«, behauptete der Zürcher grinsend. »Und zugleich eine Heilige, die nichts essen muss und dennoch unermüdlich Nacht für Nacht vornehmste Herren bei sich empfängt.«
Jakob vermied es, Conrad anzusehen. Stattdessen streifte sein Blick sein Eheweib.
»Ja, man hört auch in Lyon und in Paris, dass die Sitten in Augsburg recht locker geworden sind«, sagte der aus Lyon stammende Theologe und kicherte. »Selbst kirchliche Würdenträger aus Rom sollen sich hier schon Häuser kaufen.«
»Ich weiß nicht, wovon hier eigentlich gesprochen wird«, sagte Jakob unwillig. »Außerdem denke ich, dass sich die Damen vielleicht zurückziehen möchten.«
Sibylle und Margaretha Peutinger wollten protestieren, fügten sich aber.
»Am besten, wir kommen gleich zur Sache«, sagte Peutinger, nachdem sich die großen Türen hinter den beiden Frauen geschlossen hatten. Er lächelte kaum merklich und entrollte einige Bogen Pergament auf dem Speisetisch. Schweigend schob er die farbigen Zeichnungen zu Jakob und Kohler hinüber. Jakob verschlug es fast den Atem. Er starrte auf Zeichnungen von so atemberaubend kostbarem Schmuck, wie er ihn zuvor noch nie gesehen hatte. »Die drei Brüder« stand unter dem ersten Geschmeide, das schon der Großvater Herzog Karls des Kühnen besessen haben sollte. Blutrote Rubine und wasserklare Diamanten verzierten das wertvolle Stück.
Auf dem zweiten Pergament war ein Stück dunkle Seide dargestellt, auf das mit Diamanten der Leitsatz des Hosenbandordens gestickt war. »Gürtelein« stand unter der Preziose, von der es hieß, dass sie einmal dem englischen König Edward IV . gehört haben sollte, dem Schwager des kühnen Burgunders.
Das dritte Blatt zeigte die Weiße Rose, das Wappenbild des Hauses York, aus feinen Goldplättchen mit weißer Emaille rund um einen klaren Spinell gearbeitet. Auf dem letzten Pergamentstück befand sich die Zeichnung eines mit Juwelen übersäten goldenen Köchers für Zierfedern, der als Kopfschmuck getragen werden konnte. »Das Federlein«, las Jakob unter der Zeichnung. Er lächelte versonnen
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