Jakob der Reiche (German Edition)
Kästen klingeln. Und sie teilen gut christlich zwischen dem Papst, den Erzbischöfen und uns.«
Jakob schüttelte den Kopf. »Was wissen die Blutsauger in Innsbruck von all den Schwierigkeiten, die wir gerade mit diesen Ablassgeldern haben. Ja, Hans, in manchen Kirchen wird bereits gegen alles gewettert, was mit dieser frommen Abgabe für den Petersdom in Rom zu tun hat.« Er drehte sich etwas zur Seite. Dann sagte er ohne jeden Übergang: »Außerdem habe ich keine hunderttausend Gulden, die ich König Maximilian leihen könnte, auch dann nicht, wenn er uns sämtliche noch in seinem Besitz verbliebenen Bergwerke in Tirol und die Kupferhütten verpfänden würde.«
Suiter blickte lange zu Boden. Dann sagte er: »Es wäre besser, wenn sich das Geld beschaffen ließe. Es wäre wirklich besser – auch wenn du es dir selbst erst leihen müsstest …«
Nachdem Hans Suiter wieder abgereist war, begann Jakob damit, seine Pläne für die kommenden Jahre zu ordnen. Er schickte Kohler mit einer letzten Rate direkt von Venedig nach Basel und ließ ihn ohne große Bewachung die Teile der Burgunderschätze abholen und nach Augsburg bringen.
Es war ein stürmischer Abend im Herbst des Jahres 1504, an dem Jakob seine Ehefrau Sibylle nach langer Zeit wieder einmal bat, mit ihm gemeinsam zu speisen. Sie wusste nicht, worum es ging, wurde aber neugierig, als er auch noch ausdrücklich wünschte, sie möge sich für diesen Abend festlich kleiden und frisieren lassen. Zum ersten Mal in ihrer Ehe wählte er auch jene Kleider aus, die zu tragen er sie bat. Sie verkehrten nach wie vor höflich miteinander, wenn ihre Konversation auch kühl blieb und sich auf das Notwendigste beschränkte. Sie kannte ihn inzwischen auch gut genug und ahnte, dass er ihr wieder einmal eines seiner vielen Geschenke machen wollte. Seit ihrer Hochzeit hatte es zahlreiche ähnliche Gelegenheiten gegeben – auch wenn er nie Dank oder irgendeine andere Gegenleistung dafür von ihr verlangt hatte.
An diesem Abend aßen sie ein wenig leicht gepfefferten, nur mit Kräutern und Knoblauch gedünsteten Donauwaller, brachen Brot nach welscher Art dazu und tranken einen leichten, kellergekühlten weißen Wein aus der Gegend des Lago Maggiore. Dabei sprachen sie über verschiedene Familienangelegenheiten, über Stiftungen, die Jakob und seine Brüder am Chorgestühl von Kirchen, bei der Ausgestaltung des Rathauses und für das Domkapitel gemacht hatten.
Schließlich, bei süßen Küchlein aus Mürbeteig und Mandeln, blickte Jakob auf und schickte die Bediensteten mit einer Handbewegung fort.
In diesem Augenblick hatte er das Gefühl, wieder vierzehn Jahre alt zu sein, auf einem kalten Kirchenboden zu knien, den Kopf zu senken und darauf zu warten, dass ihm durch eine stumpfe Klinge das Kopfhaar mehr ausgerissen als abrasiert wurde. Die Unterwerfung zu seiner allerersten Tonsur hatte ihn mit wütendem Protest und großer Einsamkeit erfüllt.
Auch damals war alles leer in ihm gewesen. Er hatte Gott geliebt, verehrt, gefürchtet und war bereit gewesen, sein junges Leben für ihn hinzugeben. Aber andere – Kanoniker, Stiftsherren, Priester und der Bischof – hatten nichts dergleichen von ihm haben wollen. Er, der sich aus eigenem Antrieb und auf Wunsch der Mutter einem höheren Ideal verschrieben hatte, war im Grunde doch nicht mehr gewesen als ein Opfer. Die Würdenträger der Kirche hatten niemals ihn, den jungen Jakob Fugger, sondern nur das Geld haben wollen, das der Erstgeborene der Familie für den Jüngsten zahlte, damit er in den geistlichen Stand aufgenommen wurde. Sie hatten ihn geopfert, ihn als lebenden Zehnt an die Kirche abgegeben, weil sie sich auch davon eines Tages noch Gewinn versprachen, und sei es in einer anderen Welt.
Er schloss für einen Atemzug die Augen. Dann löste sich die harte Strenge aus seinem hageren Gesicht, und ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
»Ich habe etwas für dich, wie du dir wahrscheinlich schon gedacht hast«, sagte er.
Sie blickte ihn mit einer abweisenden Kühle an, die ihn bis tief ins Innerste schmerzte. Nichts um ihre Augen herum bewegte sich, kein Fältchen und kein Muskel. Es war, als würde nur ihr schmaler Mund leben, während sie ihm antwortete: »Du weißt, ich freue mich über jedes deiner wertvollen Geschenke.«
»Ja, das weiß ich, Sibylle; denn dein Dank klingt immer aufrichtig. Trotzdem bitte ich dich, ganz genau auf die Schmuckstücke zu schauen, die ich dir heute schenken möchte.«
Er
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