Jakob der Reiche (German Edition)
offensichtlich abgedrängt werden sollte. Auch in Tirol regte sich Widerstand bei den Einheimischen. Manch einer hielt die Gelegenheit für günstig, um die übermächtig gewordenen Fugger von der Lilie bei Hof anzuschwärzen. Noch ehe Georg oder Ulrich irgendetwas davon mitbekamen, ging Jakob zum Gegenangriff über.
»Verbreitet im Palast, dass der Papst bei uns um Darlehen nachgefragt hat«, ordnete er bei einer Zusammenkunft seiner wichtigsten Mitarbeiter an. »Ich will, dass es Maximilian über verschiedene Quellen in jeder Ebene erfährt.«
»Aber es stimmt doch«, meinte Suiter verwundert. »Warum sagst du es ihm nicht direkt?«
»Weil ich Maximilian besser kenne als ihr. Er soll glauben, dass ich ihm nichts sage, weil ich bereits heimlich mit dem Heiligen Vater in Verhandlungen stehe. Als Grund dafür könnt ihr auch sagen, dass Papst Julius II . eigenes Geld prägen will und dass wir Fugger für den Wert des neuen Giulio bürgen sollen.«
»Willst du ihn dadurch zwingen, sich selbst vorzudrängen, wenn es um einen neuen Kredit geht?«, fragte Suiter erstaunt.
»Siehst du ein besseres Druckmittel als die Wahrheit?«, fragte Jakob zurück.
Das Ultimatum und die unverschämte Drohung hätten jeden anderen an den Galgen oder unter das Schwert des Scharfrichters bringen können. Nicht so Jakob. Er hielt Maximilian in einem Netzwerk gefangen, aus dem sich dieser aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte. Wo sich die römische Majestät auch Rat holte – überall erhielt sie ähnliche Antworten. Maximilian wusste seit Jahren, dass seine wichtigsten Berater ebenso wie er selbst auf den Gehaltslisten der Fugger von der Lilie standen. Wie sehr sie aber wirklich miteinander verstrickt waren, konnte auch ein sonst so kluger Kopf wie Maximilian nicht ahnen. Eines Tages bestellte er Jakob Fugger in seine Residenz nach Innsbruck. Ohne auf die Querelen und Unsicherheiten der vergangenen Monate einzugehen, sagte er ihm unverblümt, was er von ihm wollte.
»Wir müssen endlich Schluss machen mit diesen unverschämt gewordenen Franzosen. Man munkelt, dass es dem Papst gesundheitlich nicht gut geht und dass der König der Franzosen sein Nachfolger werden will.«
»Davon habe ich bereits gehört«, meinte Jakob lächelnd. »Aber bei aller Ehrerbietung – ein Valois auf dem Petrusthron wäre eine noch größere Schmähung Gottes als damals der Borgia-Papst.«
Maximilian sprang von seinem Stuhl auf und ging aufgeregt auf dem knarrenden Parkett hin und her.
»Er würde mich nie zum Kaiser krönen, wenn er Papst wäre«, sagte er dann. »Nicht dieser allerchristlichste Ludwig XII ., der schon jetzt so tut, als stünde er höher als mein Sohn Philipp, höher als ich und als die Könige von Portugal und England.«
»Wie dem auch sei«, entgegnete Jakob. »Auf jeden Fall wird er nicht einmal eine Kupfermünze hinzutun, wenn Ihr nach Rom ziehen wollt, um dort die Kaiserkrone zu empfangen.«
»Ich muss es tun«, stöhnte Maximilian. »Ich muss so schnell wie möglich über die Alpen! Für meinen Zug nach Rom benötige ich ein Heer, dazu Kanonen, Pferde und Geschirr. Wenn wir Pech haben, müssen wir bei Mailand gegen den Franzosen oder sogar gegen Venedig kämpfen, wenn uns die anderen den Ritt durch ihr Gebiet verweigern.«
»Genau das werden sie tun«, stellte Jakob mitleidlos fest. »Ihr braucht mindestens dreißigtausend Mann, wenn Ihr in Venedig Eindruck machen wollt. Eine derartige Streitmacht in ihrer Terra ferma verstößt aber gegen das Selbstverständnis eines Dogen und des Rats der Zehn, sodass sie Eurem Ersuchen auf freien Durchzug auf keinen Fall zustimmen werden.«
Jeder andere hätte die Hand, die ihn füttert, immer wieder gestreichelt – nicht so der letzte Ritter. Während er auf der einen Seite neues Geld von Jakob verlangte, drängte er seine Räte wenige Stunden später zu einer Reform des gesamten Tiroler Bergwesens.
»Macht mir die letzten kleinen Schmelzhütten stärker und baut unser eigenes Werk in Rattenberg immer weiter aus. Der Fugger hat mich völlig in der Hand. Ich muss ihm die Krallen ausreißen, sonst verlangt er wirklich, dass ich seine Darlehen zurückzahle.«
»Wir haben kaum noch etwas, das ihn interessieren könnte«, meinte der kaiserliche Rat Paul von Lichtenstein, »höchstens noch Ländereien oder irgendeine Grafschaft.«
»So weit kommt es noch!«, schnaubte Maximilian. »Dann rede ich lieber mit meinem Sohn. Erzherzog Philipp kann auf sein Erbe aus den burgundischen
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