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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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plötzlich stehen und drehte sich auf dem Stiefelabsatz um. Mit leuchtenden Augen starrte er den Vierzehnjährigen an.
    »Weißt du vorlauter Scholar eigentlich, was du gerade gesagt hast?«
    »Natürlich weiß ich das«, behauptete Conrad Peutinger selbstbewusst. Er zupfte an den ersten spärlichen Haaren auf seiner Oberlippe.
    »Und wozu willst du dann noch in Basel studieren?«
    »Weil es nicht reicht, wenn man weiß, wie man eine Nachricht schneller als alle Konkurrenten von einem Ort zum anderen bringen kann. Man muss auch schneller wissen, was man berichten will. Ich sage dir, die Nachricht ist meist wichtiger als der Reiter oder irgendeine Ware.«
    »Wie wahr, wie wahr«, sagte Jakob nachdenklich. Dann gab er Conrad einen freundschaftlichen Schlag auf die Schulter und drückte ihn auf einen freien Platz an den Bohlentischen. Eine lachende Tirolerin stellte gewaltige Holzbretter mit festem, gewürztem Speck und hartem getrocknetem Krümelbrot vor ihnen auf den Tisch und goss weißen Wein in die bereitstehenden Steinkrüge.
    Am nächsten Tag rumpelten sie über den noch immer eisig kalten Brennerpass. Nachdem sie den südwärts fließenden Eisack mit dem nach Norden rauschenden Inn getauscht hatten, erreichten sie noch vor Sonnenuntergang Innsbruck. Die Residenzstadt von Erzherzog Sigismund machte einen etwas verschlafenen Eindruck und wirkte auf die beiden jungen Männer wenig einladend. Nach den Monaten in Venedig kam sich Jakob wie auf einem steinernen Friedhof vor.
    »Komm«, sagte er deshalb zu Conrad, »wir fahren noch die paar Meilen weiter nach Hall. Ich möchte gern sehen, wo mein Großvater Franz Bäsinger nach seinen Jahren im Augsburger Schuldturm Asyl gefunden hat.«
    Gut gelaunt verließen sie die kleine, stille Stadt am Inn. Schließlich stiegen sie in einem Gasthof im Südosten von Hall in der Nähe der Burg Hasegg ab.
    »Hall ist durch Salz reich geworden«, sagte Jakob bei einem einfachen Mahl, das wiederum aus hartem Brot, Rauchfleisch und saurem Wein bestand. In Trient hatte es ihm noch gut geschmeckt, aber seit Bozen musste er sich erst wieder an die Nahrung der Tiroler mit ihrem steinharten Brot gewöhnen. »Aber dank der Tatkraft meines Großvaters erhielt der Erzherzog Jahr für Jahr so viele Münzen, wie er brauchte. Das Rohsilber kommt aus den Schwazer Gruben ein paar Meilen weiter nördlich. Seit der Erzherzog vor drei Jahren seine landesfürstliche Münze von Meran hierher verlegt hat, ist Hall für Sigismund wichtiger geworden als Innsbruck oder Salzburg.«
    Nach dem Mahl bezogen sie ihre Schlafkammer. Jakob bat den Hausknecht um Papier und Tinte, und an einem winzigen Holztisch vor dem Fenster schrieb er an den Münzmeister mit der Bitte, Conrad zu empfangen. Nachdem die Tinte der wunderschön gezeichneten Buchstaben trocken war, gingen sie zusammen wieder nach unten in die Schankstube. Dort wechselte Jakob beim Wirt einen Florint in eine Handvoll Tirolini und schickte einen jungen Schankknecht mit dem Papier und zwei der winzigen Münzen als Botenlohn zum Haller Münzmeister.
    Am Morgen überreichte ihnen der Wirt ein gerolltes und gesiegeltes Schreiben des Haller Münzmeisters, mit dem er sie einlud, am Nachmittag mit ihm gemeinsam zu speisen. Zwei weitere hohe Herren habe er ebenfalls als Gäste gebeten.
    Den ganzen Vormittag besprach sich Jakob mit Conrad Peutinger. Er fragte den Wirt nach dem Münzmeister aus und dazu nach allen hohen Herren, die jemals in Hall gesehen worden waren.
    Der Tiroler schmunzelte. »Sperrt nur die Augen auf! Vielleicht trefft ihr sogar unseren Erzherzog Sigismund, den Neffen von Kaiser Friedrich.«
    Schon gegen Mittag zog Jakob seine besten italienischen Beinlinge an, knöpfte sein Wams eng zu, schlüpfte in spitze Schuhe und setzte sein dunkelrotes Barett so verwegen auf, wie es die erfolgreichen jungen Kaufleute in Venedig zu tragen pflegten. Dann schmückte er sich mit einem Zierdolch am Gürtel. Kein schwäbischer Kaufmann wäre je so aufgetreten. Die meisten hätten sich aus Vorsicht an jedem Ort, durch den sie reisten, der landesüblichen Tracht angepasst. Zu leicht konnte das in Süddeutschland beliebte Schwarz-Gelb zusammen mit den absichtlich bauchweit genähten Hemden Spott und sogar Prügel bedeuten.
    Jakob missachtete bewusst die ungeschriebenen Kaufmannsgesetze der Älteren. Er wollte damit demonstrieren, wie sehr er den weltoffenen Stil der Kaufleute von San Marco in Venedig bewunderte.
    »Ich habe noch bei Eurem Großvater Bäsinger in

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