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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition)
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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darüber«, mischte sich der alte Cornaro sofort in das Gespräch ein und lenkte vom Thema ab. »Ein guter Kaufmann ist wie ein Bauer, der nicht zu viel und nicht zu wenig erntet. Sackt er zu früh ein, verschenkt er den Gewinn. Lässt er aber ins Kraut schießen oder zu lange reifen, weil er zu gierig ist, riskiert er Unwetter oder faule Früchte.«
    »Eigentlich fehlt in den Alpen ein Monopol für Kupfer und für Silber«, meinte der Kaufmann aus Brügge. Er sah zu Andrea Cornaro. »Wie beim Zucker von Zypern. Nur wenn es einer in die Hand nimmt, wird ordentlich gearbeitet, wenig verschwendet und ein Preis erhandelt, mit dem erneut zum Nutzen aller in die Produktion investiert werden kann.«
    »So wird es auch bei uns gemacht«, mischte sich Jakob selbstgefällig in das Gespräch. »Bei den Fuggern von der Lilie gibt es weder Wucher noch Geschäfte, die nicht gottgefällig sind.«
    Die anderen sahen ihn verständnislos an. Er merkte, dass er irgendetwas falsch gemacht hatte, und errötete.
    »Ist es … ist es denn nicht so?«, fragte er unsicher.
    »Nur wer etwas riskiert, ist auch ein Kaufmann, Jacopo!«, sagte der alte Cornaro.
    Die Tage im Fondaco vergingen für Jakob Fugger wie in einem Rausch. Morgens war er einer der ersten im deutschen Handelshaus. An schönen Sonntagen flanierte er nach der Morgenmesse über den Marcusplatz bis zu den Säulen am Kai, die angeblich aus Konstantinopel stammten. Er hatte keine Augen für die ebenfalls herumspazierenden Schönen der Stadt, auch wenn sie ihn, wie auch die anderen jungen, eleganten Ausländer und die exotisch-wilden Seeleute vom Hafen, immer wieder neckten, um seine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken.
    Seit er das Bild gesehen hatte, war in seinem Herzen nur für Caterina Cornaro Platz. Aber sie war und blieb für ihn so fern und überirdisch unerreichbar. Manchmal sah er sich sogar mit ihr zusammen als Herrscher über den gesamten Handel im märchenhaften Dogenpalast. Dann bewunderte er den mächtigen goldenen Bucintoro und die vielen anderen Schiffe zwischen der Mole und der Insel San Giorgo so wohlgefällig, als ob die Hanse-Koggen, die großen spanischen Karacken und die arabischen Dhaus nur für ihn und seine Königin von Zypern fahren würden.
    Offiziell galt er noch nicht als Kaufherr. Er drängte sich nirgends auf, war nicht laut und stellte seine Fragen so, dass sie den Gefragten wie Anerkennung und Lob erschienen. Auf diese Weise bekam er überall ausführlichere Antworten als andere junge Kaufleute, die wie er in die Lagunenstadt geschickt worden waren, um hier die Geheimnisse kaufmännischer Erfolge zu ergründen.
    An manchen der kühlen und feuchten Herbstabende, wenn roter Wein in geschliffenen Karaffen verlockend auf der Damasttischdecke im Palazzo seiner vornehmen und zurückhaltenden Gastgeber stand, wenn die anderen Gäste beim Nachtmahl die schlechten Zeiten, die alles vernichtenden Stürme oder die zu teure Ware beklagten, luden die beiden alten Cornaros den jungen Fugger ein, den Abend mit ihnen zusammen am Kamin zu verbringen.
    Am Vormittag des Weihnachtstages waren sie alle schon früh zur Messe in die überfüllte Kirche San Apostoli gegangen. Ein paar Schneeflocken hatten Jakob und die anderen Gäste der Lagunenstadt an ihre Heimat erinnert. Als dann trotz der Kälte die Sonne wieder durchbrach, strömten die Honoratioren und Nobili der Lagunenstadt zu einem großen Festmahl im Palast des Dogen. Dabei sollte die Rückkehr des Gesandten Leonardo Loredan gefeiert werden, der vor Jahresfrist in wichtiger und zunächst streng geheimer Mission nach Nikosia geschickt worden war.
    Nach der offiziellen Lesart hatte er am Gründonnerstag in der Kirche von Sankt Sophien das Attentat auf die Königin von Zypern vereitelt. Im Fondaco hatte Jakob aber auch gehört, dass Loredan zum gefürchteten Geheimdienst der Serenissima gehören sollte. Und er hatte sich vor sechs Jahren ebenfalls in Zypern aufgehalten – damals, als Caterinas Ehemann und ihr kleiner Sohn kurz nacheinander vergiftet worden waren.
    Jakob begleitete den alten Cornaro nur bis zu den Arkaden des Dogenpalastes. Er selbst war nicht eingeladen worden. Viele hatten sich wie sie auf den Weg durch die Kälte gemacht. Und dann sah Jakob, wie ein Boot mit Deutschen, die nicht aus einer Kirche, sondern ganz offensichtlich aus einer Taverne gekommen waren, im Verkehrsgewühl auf dem teilweise siebzig Schritt breiten Kanal so stark ins Schlingern kam, dass die angetrunkenen Fahrgäste laut
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