Jakob der Reiche (German Edition)
Silbermünze … einen Guldiner sozusagen, mindestens fünfzig Kreuzer wert.«
»In Italien werden die unpraktischen Geldsäcke zunehmend durch geschriebene Vereinbarungen ersetzt«, meinte Jakob ohne jede Scheu vor den anderen. »Dort stellen die Medici und andere Bankiers sogenannte Wechsel aus.«
Jakob hatte die Anspielung des Kirchenmannes auf seinen toten Bruder Markus sehr wohl verstanden – und auch das Angebot an ihn selbst. Aber noch wollte er sich nicht auf derartige Geschäfte einlassen.
»Die Wechsel kann ein Reiter unauffällig im Ärmel bei sich führen«, fuhr er fort. »Jeder, der eingeweiht ist, löst das Schriftstück wieder in Silber, Gold oder gleich in Handelswaren ein. Es ist so gut wie Bargeld, aber nicht so schwer …«
»Arbeiten wir in Innsbruck oder sogar beim Kaiser in Wien etwa anders?«, seufzte der Obristhauptmann. »Ich bin ja auch nicht unvermögend. Aber bei Licht besehen, bin ich nur des Fürsten Strohmann, der für ihn leihen muss.«
»Gehört dem Erzherzog als Landesherrn nicht das gesamte Erz in den Tiroler Bergen?«, fragte Jakob verwundert.
»Das mag ja sein«, gab der Obristhauptmann zurück. »Aber der Herzog vergibt die Bergrechte an Grubenpächter für ihre Gewerke. Und die zahlen ihm einen Anteil ihrer Erträge – so sie denn können und auch wollen …«
»Allein im letzten Jahr hat er dafür achtzigtausend Gulden eingenommen«, warf der Münzmeister ein. »Aber das reicht ihm nicht für seine Schlösser, seine Feste und seine Abenteuer. Deshalb muss ich immer mehr Kupfer und billige Metalle in unsere Münzen mischen.«
»Aber das ist doch … Falschmünzerei!« Jakob biss sich auf die Unterlippe. Diesmal war er eindeutig zu vorlaut gewesen. Trotzdem lachten die anderen.
»Ihr habt ganz recht«, sagte Meckau mit einem fast verschwörerischen Lächeln. »Aber ihr Kaufleute seid auch nicht besser. Es gibt sehr viele, die sich auf verbotene Geschäfte einlassen und ihr Geld gegen sündhaft hohe Zinsen verleihen!«
»Was denkt Ihr denn, wo viele unserer Bergwerksbesitzer wären, wenn ihnen bestimmte Kaufleute nicht immer wieder Geld für neue Wasserpumpen, Hunte und die ganze Technik geben würden? Das ist es doch, wofür die Kaufleute sich Schuldverschreibungen erkaufen.«
»Wir nicht!«, behauptete Jakob. Die drei anderen Männer sahen ihn fast schon verwundert an.
»Nein, Jakob Fugger«, sagte der Münzmeister in die Stille hinein. »Da habt Ihr sogar recht. Euer Vater hat niemals herkömmlichen Schuldscheinen getraut, weil er gesehen hat, welche Mühe es die Fugger vom Reh selbst am kaiserlichen Hof gekostet hat, Schuldscheine wieder in bare Münze umzuwandeln. Deshalb hat sich der alte Jakob, Gott hab ihn selig, in aller Stille Anteile an den Silberbergwerken von Schwaz ausstellen lassen. Kuxe, verstehst du – Eigentumsrechte im Wert von immerhin sechstausend Gulden …«
»Mein Vater?«, fragte Jakob ungläubig. »Das ist unmöglich! Er war ein Weber, ein Kaufmann, der nie im Leben mit Gewürzen gehandelt oder gar heimliche Münzgeschäfte gemacht hätte!«
Der Münzmeister stellte seinen Weinkrug hart auf den Tisch zurück. »Ich war dabei«, sagte er. »Ich habe auch den Teilhabervertrag vor dem Notarius in Innsbruck als Zeuge unterschrieben.«
Jakob presste die Lippen zusammen. »Davon wusste ich nichts«, gestand er dann. Ihm war, als würde sich ein Vorhang nach dem anderen vor den Geheimnissen des Handels und des Erfolgs seiner eigenen Familie öffnen. »Ich habe nie davon gehört, dass unsere Familie auch in verbotene Geldgeschäfte verwickelt war.«
»Und immer noch verwickelt ist«, sagte Anton vom Ross. »Fragt Euren Bruder Ulrich nach seinen Plänen. Er versucht schon seit geraumer Zeit, andere Augsburger und ganz besonders Hans Baumgartner aus Kufstein beim Erzherzog in Innsbruck auszustechen.«
»Auch davon wusste ich nichts.«
»Seht Ihr, Meister Jacopo, der Ihr in Venedig so viel gelernt habt«, schmunzelte der Münzmeister. »Beim Geld hört nicht nur Freundschaft, sondern oft sogar die Verwandtschaft auf.«
Und plötzlich ahnte Jakob, welche Art der Intrige sich hinter dieser fröhlichen Gastfreundschaft verbarg: Sie wollten ihn abfangen und gegen seine eigenen Brüder einsetzen! Oder gehörte all das vielleicht zu den höheren Weihen, die er im Kloster nicht erhalten hatte und die sie ihm stattdessen jetzt als Kaufmann anboten?
»Viele Grubenbesitzer kommen nicht mit dem Geld aus, das ich ihnen für ihr Silber zahlen
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