Jakob der Reiche (German Edition)
Lösegeld von seinem Vater. Und hinter all dem steht Frankreich.«
»An diesem Lösegeld soll ich mich mit fünfzehntausend Gulden beteiligen?«, empörte sich Jakob Fugger, während sich eine steile Falte zwischen seinen Brauen bildete. »Es ist nicht gesagt, wie hoch die Forderung insgesamt ist. Kennst du sie denn?«
»Nein«, antwortete der Postbote. »Ich weiß nur, dass die Niederländer Maximilian vom Leben zum Tode foltern werden, wenn keine Rettung kommt.«
Jakob presste die Lippen zusammen. Genau das hatte Hans Kohler bereits vorausgesagt! Und plötzlich blitzten seine Augen. War es nur ein untrüglicher Instinkt oder eine göttliche Eingebung gewesen, als er sich bereit erklärt hatte, die vielen Ablasspfennige und kleinen Opfermünzen überall im Reich gegen Gulden einzutauschen? Jetzt brauchte er das Kleingeld aus aller Herren Länder, um Maximilians Leben zu retten …
Nachdem Kaiser Friedrich III . die Aufstände der Niederländer mit einem großen neuen Heer niedergeschlagen und seinen Sohn Maximilian aus der Gefangenschaft in Brügge befreit hatte, versammelten sich die Großen zum Reichstag in Frankfurt. Hier sollten, wie es hieß, diesmal auch neue Rechte für die Reichsstädte verhandelt werden.
Und wieder stand es nicht gut um die Habsburger. Friedrich III ., der Erzherzog von Österreich und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, war immer noch ein armer Mann. Inzwischen hatte er auch noch Niederösterreich verloren und musste sich mit seinem ganzen Hofstaat von Pfalz zu Pfalz durchschlagen.
Keiner der Kurfürsten, die Friedrich vor mehr als drei Jahrzehnten gewählt hatten, beneidete den Habsburger in diesen Monaten und Jahren. Er war ein Flüchtling in seinem eigenen Reich, abhängig von der Gnade, den zögerlich gezahlten Steuern und den Spenden der anderen Fürsten, der Reichsstädte und Kaufleute überall im Land.
Obwohl er eigentlich in Innsbruck gebraucht wurde, hatte Jakob Fugger sich entschlossen, ebenfalls an den Main zu reisen. Er mochte diesen Ort, weil er einer der ältesten Messe- und Handelsplätze in ganz Europa war.
In den vierzehn Jahren, seit er Maximilian zum ersten Mal gesehen hatte, war nie der Wunsch von ihm gewichen, ihn eines Tages noch einmal auf ihre Begegnung als Halbwüchsige anzusprechen. Jakob lächelte, als er daran dachte, wie gut sie sich damals verstanden, lateinisch miteinander gesprochen und im Hof Ball gespielt hatten, während die Älteren verhandelten.
In voller Absicht hatte Jakob auf eine starke Bedeckung verzichtet. Er ließ sich nur von drei bewaffneten Knechten begleiten, wie dies für einen Tuchtransport üblich war. Sie waren mit zwei Lastwagen und insgesamt acht Fuhrleuten losgezogen. Dazu kam ein Wagen für Eisenschmied und Sattler. Diesmal hatte Jakob verboten, dass Weibsleute mitzogen. Dafür hatte er einen Koch und zwei Küchenjungen mitgenommen. Er wollte auch nicht, dass sie in Ulm mit seinen fast zweihundert Badestuben Rast machten. Stattdessen sollten die Wagen von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang unterwegs sein.
Der kleine Kaufmannszug mit seinen beiden Wagen bewegte sich ohne besonderes Aufsehen unterhalb der Würzburger Bischofsburg an der Mainstraße flussabwärts. Es waren nicht die ersten und auch nicht die letzten Wagen, die in diesen Tagen in Richtung Frankfurt zogen.
Manchmal versuchten Kutschen, die Kaufmannswagen zu überholen, dann wieder bliesen die schnellen Reiter von Francesco Tassis ins Horn, um an allen vorbei in jagendem Galopp Meile um Meile hinter sich zu bringen. Während einige der Händler schon ab Würzburg versuchten, die anderen abzuhängen, um sich einen besonders guten Platz auf den Mainwiesen von Frankfurt zu sichern, blieb Jakob Fugger aus Augsburg völlig gelassen. Ohne die geringste Hast begleitete er zu Pferd seine beiden Wagen, die deutlich sichtbar die Konturen von Stoffballen unter den straff gespannten ledernen Planen zeigten.
Jakob aber dachte nicht daran, seine Augsburger Stoffe mit der Handelsmarke der Fugger von der Lilie in Frankfurt zu verkaufen. Er begleitete nur die Ware, die er wirklich in ihren eigenen Faktoreien nördlich der Donau verteilen wollte …
Während die Wagen gemächlich an jenen vorbeizogen, denen schon kurz nach Würzburg wieder ein Rad gebrochen oder ein Zuggeschirr gerissen war, dachte Jakob daran, dass jetzt der Zeitpunkt näher rückte, an dem er ernten würde, was er in all den Jahren zuvor mit sehr viel Mühe und in aller Stille gesät hatte. Noch
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