Jakob der Reiche (German Edition)
Schlinge um Sigismund den Münzreichen immer enger gezogen hatte.
»Dann gehört dir jetzt also praktisch das gesamte Silber aus Tirol«, stellte Peutinger bewundernd fest.
»Nein, Conrad. Ganz und gar nicht. Du vergisst, dass es immer noch einige andere einflussreiche Kaufleute gibt, die schon vor mir und auch während meiner Zeit Kuxe an den Bergwerken erworben haben. Andere beteiligen sich nach wie vor am Erztransport und an den Silberfuhren nach Venedig.«
»Dennoch hast du deine Pflöcke überall eingeschlagen, wo etwas genehmigt oder abgewickelt wird – in der Nähe Sigismunds, in Zollstationen, bei den Steuereinnehmern und wohl auch in Kirchen und Klöstern. Summa summarum besitzt du Mehrheiten, an denen niemand mehr vorbeikommt. Du hast ein Monopol, Jakob Fugger von der Lilie, und ein Monopol ist der Petrusschlüssel zum Himmel des Erfolgs …«
»So schön hat mir noch nie jemand bestätigt, was ich mir erkämpft und wirklich hart errungen habe«, sagte Jakob und lächelte. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich ausgesprochen glücklich.
»Und jetzt willst du also auch noch auf die Jagd gehen«, meinte Peutinger und schmunzelte. »Ich frage mich allerdings, ob du mit oder gegen Maximilian auf der Pirsch sein willst. So, wie ich dich kenne, könnte sogar er das Wild sein, das der vermaledeite Jakob Fugger diesmal erlegen will.«
»Eins nach dem anderen«, wehrte Jakob ab. »Nur wenn die Unternehmungen in Tirol vollkommen sicher sind, darf ich an weitere Geschäfte denken.«
»Klug bist du«, stimmte Conrad Peutinger zu. »Verdammt klug sogar, fast schon ein Hexer. Du solltest aufpassen, dass dir der Neid nicht gerade dieses vorwirft.«
»Wie meinst du das?«, fragte Jakob verständnislos.
»Es wird bereits überall gegen die Hexen gepredigt. Succubus und Incubus, Teufel und Verführer. Da kann es leicht geschehen, dass auch ein Kaufmann, dem zu viel gelingt, unter den Hexenhammer kommt.«
Der letzte Ritter genoss es, wieder einmal all seine ernsthaften Berater, die Kleriker und Advokaten, den Reichskanzler und die Fürsten hinter sich zu lassen, die ihm von früh bis spät mit leidenden Gesichtern vortrugen, wie viel es doch im ganzen Reich zu beklagen gab. Sie hörten niemals auf damit. Und wenn doch irgendwann ein anderer dazwischensprach, der nicht zum Hofstaat oder zur Reichsregierung gehörte, dann kam auch dieser unvermeidlich auf die Ungerechtigkeit des Himmels und der Erde und die Machenschaften von Teufel und Dämonen, nachlässigen Heiligen und faul gewordenen Kirchenmännern zu sprechen.
Bei alledem hatte sich König Maximilian im Laufe der Jahre angewöhnt, das Kinn noch weiter vorzuschieben, als es den Habsburgern ohnehin gewachsen war. Er wusste, dass er dann stark und wild entschlossen aussah und nicht mehr auf das hören musste, was sie ihm erzählten.
Nur im Turnier, beim fröhlichen Gelage und auf der Jagd verwandelte sich Maximilian wieder in den jungen Erzherzog von Österreich, der schon einmal vom Pferd hinuntersprang, um aus schierem Übermut einem schwarz-weiß gefleckten Wildschwein nachzulaufen und es so lange an den Ohren festzuhalten, bis es einer seiner Männer mit einem Dolch von vorn erstach.
Auch diesmal tobte Maximilian mit nicht einmal zwei Dutzend seiner allerengsten Gefolgsleute unterhalb des Bergfrieds derer von Kronberg durch den Wald. Es störte ihn nicht, dass die Einladung zur Jagd von einem alten und ganz speziell bei den Frankfurtern verhassten Raubrittergeschlecht gekommen war. Allein die Aussicht, nach all den Tagen in der Stadt endlich wieder aufs Pferd zu kommen, hatte ihm genügt.
Jakob gehörte nicht zur Jagdgesellschaft. Sein Plan sah andere Vergnügen vor. Noch während draußen Jagdhörner und Pferdewiehern durch den Wald schallten, überprüfte er zusammen mit Ritter Kronberg die Festtafel im größten Saal der Burg. Überall an den Wänden waren neue Fackelhalter angebracht worden. Zwischen den Pfeilern hingen Wappenfahnen herab, und auf dem Podest an der Stirnseite des Saals stand ein langer Tisch, wie ihn die Burg Kronberg nie zuvor gesehen hatte. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte bedeckte mit heißem Glas faltenlos gebügeltes schneeweißes Leinen die große Tischplatte. Auch an den Seiten hingen viele Ellen weißen Leinens bis zum Boden herab. Jakob Fugger erklärte dem Burgherrn, dass eben dieser Stoff dazu diente, sich beim Essen die Finger und den Mund abzuwischen.
»Ich habe nie zuvor etwas Ähnliches gesehen«, sagte
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