Jakob der Reiche (German Edition)
Silbermünzen ordentlich abgekauft. Was ich dann damit mache, geht euch nichts an und bleibt meine Sache.«
Die beiden Brüder starrten Jakob fragend an. Sie verstanden nicht, was er vorhatte und warum er sich auf ein offensichtlich riesiges Verlustgeschäft einließ.
»Ich stelle euch mein gegenwärtiges Vermögen von fünfzehntausend Gulden als erste Sicherheit.«
»Willst du eine Bank aufziehen wie die Medici in Florenz oder die Patrizier in Venedig?«, fragte Georg. »Das ist nicht unsere Welt, Jakob. Wir sind ein Handelshaus. Wir leben nicht vom Geldwechsel, weiterverkauften Schuldscheinen oder irgendwelchen Zinsen.«
Jakob lächelte nur, dann blickte er zur alten Fuggerin.
»Ich bin dabei«, kicherte sie mit leiser, aber ungewohnt vergnügter Stimme. »Das Jaköble soll tun, was es für richtig hält.«
Die Nachricht aus den Niederlanden traf durch einen Postreiter ein, den Jakob noch aus Herrieden kannte.
Der Tassis-Bote hatte einst dabei zugesehen, wie ihm die allererste Tonsur geschnitten wurde. Nur zwei Wochen danach war er von seinem Bruder Ulrich aus dem Stift geholt und in das Handelshaus eingegliedert worden.
Der Bote kam nicht direkt zum Augsburger Posten, sondern nahm das Wertachbrucker Tor im Nordwesten. Er ritt zwischen dem Dom und der Kirche Sankt Anna hindurch und ließ sein Pferd zum Beschlagen bei einem Hufschmied in der Nähe der westlichen Stadtmauer. Zu Fuß, ohne Ledertasche und in seinen hohen abgewetzten Stiefeln stampfte er bis zum Haus am Rohr. Er verschwand durch die Toreinfahrt, in der sich gerade ein hoch bepackter Wagen mit Stoffen aus der Faktorei um eine enge Ecke quälte.
Ulrich und Georg befanden sich am Rindermarkt auf der Baustelle. Schnell und ohne großes Hin und Her wurde der Tassis-Reiter zu Jakob vorgelassen. Er marschierte nicht an den Stehpulten mit den schwarz gekleideten Gehilfen des Handelshauses vorbei, sondern wurde über einen schmalen Verbindungsgang in den großen oberen Raum geführt, der seit einiger Zeit Jakob allein zustand.
Sie sahen sich eine Weile abschätzend an.
»Von Hans Kohler«, sagte der ehemalige Kanoniker dann. Jakob nahm den Brief und erbrach die Siegel.
»Warum hast du Sankt Veit verlassen?«
»Ich hatte keinen großen Bruder, der mich dort herausholte, um mich in ein goldenes Nest zu setzen«, meinte der junge Mann furchtlos und ein wenig spöttisch.
»Es kann sehr hart sein, so ein goldenes Nest, wie du es nennst«, gab Jakob zurück. Er war weder beleidigt noch unfreundlich zu dem erhitzten Boten. Ehe er den Brief las, schob er ihm einen Krug mit verdünntem, gewürztem Wein und einen Zinnbecher zu.
»Nein, vielen Dank«, wehrte der Bote ab. »Man hört doch überall, dass der Meister Jakob Fugger nur Essigwasser trinkt, und manchmal sogar zu viel davon.«
»Wer sagt das?«
»Die Gossembrots«, antwortete der Bote. »Auch im Haus der Rehlingers hörte ich es und in Kufstein beim Baumgartner Hans.«
»Kennst du noch mehr Gerüchte über mich?«, fragte Jakob und lächelte noch immer.
»Nun ja, es fällt auf, dass man Euch gelegentlich bei den Geschlechtertänzen sieht. Aber Ihr kümmert Euch weder um dralle Mädchen noch um die feinen blassen Damen der Patrizier. So was fällt auf – trotz all der Arbeit.«
Jakob sah den jungen Postreiter nachdenklich an. »Bist du verheiratet?«, fragte er dann. »Hast du eine Liebste?«
»Mehr als ich zählen kann«, gab der ehemalige Kanoniker zurück. »Aber verheiratet bin ich nicht. Dazu haben sie mir in Herrieden zu sehr die Vorzüge des Zölibats eingetrichtert. Ich war nur fünf Jahre dort, und nicht neun wie Ihr. Doch schon der Gedanke an den heiligen Stand der Ehe bereitet mir Alpträume.«
Jakob Fugger schob kaum merklich die Unterlippe vor. Schnell überflog er die wenigen Zeilen des Briefes. Noch ehe er damit fertig war, erkannte er, dass dieses Schreiben keineswegs von Hans Kohler in Salzburg aufgesetzt worden war. Es stammte vielmehr von Francesco Tassis selbst.
»Woher kommst du gerade?«, fragte er den jungen Boten.
»Aus Salzburg, in einem Ritt durch.«
»Durch das Jakobertor?«
»Nein, durch das Wertachbrucker.«
»Also nicht von Osten, sondern aus Richtung Ulm?«
»Nun gut, wenn Ihr es ganz genau wissen wollt, soll es so sein. Francesco Tassis befindet sich augenblicklich in den Niederlanden. Er hat miterlebt, wie dort Maximilian der Streitmacht der Niederländer unterlag. Die Bürger von Brügge haben ihn gefangen genommen und fordern jetzt ein hohes
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