Jakob der Reiche (German Edition)
Fugger dreimal, in die Nähe von Maximilian zu kommen. Zweimal wurde er ihm sogar zusammen mit einigen anderen Kaufleuten aus Nürnberg und Augsburg vorgestellt. Beide Male sah ihn der Habsburger wohlwollend an, blickte ihm auch direkt in die Augen und schien etwas fragen zu wollen. Aber im Lärm und im ständigen Gedränge um den Herrscher kam es zu keinem Wiedererkennen und keinem Wort unter vier Augen. Und dann hörte Jakob Fugger genau das, worauf er schon so lange wartete. Er hatte überall bei den Versammlungssälen und in den Gesindeküchen für den Tross der Angereisten seine Gesellen aus der Schreibstube und der Faktorei sowie Männer aus dem Warenlager und ehemalige Kanoniker aus dem Stift Sankt Veit aus Herrieden aufgestellt. Sie hatten Anweisung, alle Informationen zu sammeln, die Rückschlüsse auf die Wünsche Maximilians zuließen.
Kaum einer der Fürsten und Adligen wagte sich während des Reichstags vor die Stadtmauern. Zu viel Volk, das keinem Herrn gehorchte, drängte sich auf den Mainauen, schlug sich betrunken die Köpfe ein oder bedrohte nicht nur bei Nacht die Wachen an den Toren. Besonders wüst gebärdeten sich einige Ritter aus der Umgebung, die längst nicht mehr zu den Reichstagen eingeladen wurden.
Doch dann hörte Jakob, dass Maximilian zu einer Jagd aufbrechen wollte. Es gab nur eine Richtung, in die er sich ohne großes Risiko bewegen konnte – hinauf nach Kronberg, wo noch immer ein kaisertreuer Ritter herrschte.
»Ich brauche einen meiner Beutel mit Guldinern«, befahl Jakob sofort. »Er soll noch heute Nacht in kleine Silbermünzen umgetauscht werden. Gebt Nachlass bis zum fünften Teil von hundert, wenn es sein muss.«
Wenn er nicht an den König herankam, dann musste Maximilian eben zu ihm kommen, und zwar genau dorthin, wo er ihn haben wollte, um mit ihm allein zu sprechen.
Ein Ritterfest
Zwei weitere Tage vergingen, bis Jakob Fugger alles so weit vorbereitet hatte, dass der Kaiser endlich aufbrechen konnte. Denn eine ganze Weile zierte sich der Kronberger und stellte Bedingungen für den Jagdausflug des Herrschers in seine Wälder. So bestand er darauf, dass keiner von den Frankfurter Patriziern an der Jagdgesellschaft teilnehmen dürfe – angeblich, weil er nicht mehr als dreißig Edle in seiner kleinen Burg bewirten könne.
Die Frankfurter knurrten verbittert, als sie davon hörten. Sie wussten sehr wohl, dass sie der Kronberger mit dieser Forderung nur erneut demütigen wollte. Seit genau hundert Jahren zahlten sie Jahr für Jahr das Lösegeld ab, das die Stadt nach dem Krieg gegen die Vorfahren des Raubritters für ihre gefangenen Bürger vereinbart hatte. Bis auf die Frankfurter selbst fanden alle, die davon gehört hatten, die unglaubliche Geschichte dieser Fehde höchst vergnüglich, denn damals hatte der Raubritter keine Patrizier oder Ratsherren eingefangen, sondern sämtliche Bäcker und Metzger der Stadt. Notgedrungen und schon halb verhungert, hatte der Frankfurter Rat die demütigenden Bedingungen unterschreiben müssen, als niemand mehr innerhalb der Stadtmauern Brot backen oder schlachten konnte …
»Du auch hier?«, fragte Jakob Fugger, als er unvermutet vor der Fassade des Römers mit Conrad Peutinger zusammenstieß. »Ich denke, du studierst die Schriften der alten Griechen irgendwo in einer Universität von Padua, Basel oder Bologna.«
»Das habe ich die ganzen Jahre auch getan«, gab Peutinger zurück. »Aber zuletzt war ich in Aachen.«
»Dann darf man dich inzwischen also Magister oder Doktor nennen?«
Conrad verzog sein Gesicht und hob wie zur Entschuldigung die Schultern. »Nein, leider nicht, ich bin ganz einfach bisher nicht dazu gekommen. Zu viele Aufgaben für den kaiserlichen Hof, zu viele Forschungen für Freunde, die mir wichtig waren, wenn du verstehst.«
Sie lachten beide, und Jakob Fugger legte einen Arm um Peutingers Schultern. Gemeinsam gingen sie in eines der überfüllten Gasthäuser gleich neben dem Frankfurter Rathaus. Jakob kannte den Besitzer von den Messezeiten her. Er erfreute ihn mit einem blitzenden Guldiner. Dennoch dauerte es einige Zeit, bis zwei andere Gäste ihre Plätze für sie frei machten.
Abwechselnd erzählten sie sich, wie es ihnen in den vergangenen Jahren ergangen war. Zum ersten Mal seit langer Zeit berichtete Jakob einem anderen über all das, was er in Tirol und Augsburg aufgebaut hatte. Sein Vertrauen zu Conrad Peutinger war so groß, dass er nicht einmal verschwieg, mit welchen Mitteln er die
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