Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
spät beherzigte. Meine Mutter brach bei meiner Verabschiedung schier in Tränen aus. Sie ließ es sich auch nicht nehmen, mich auf den Schwaigerner Bahnhof zu begleiten, um mir zum Abschied nachzuwinken.
13.30 Uhr stieg ich in Karlsruhe in einen kleinen Bus ein, bei dem es sich, wie ich später feststellen konnte, um einen Zubringerbus handelte. In Ludwigshafen endlich saß ich im Eurolines-Bus, der mich nach San Sebastian brachte. Auf der Busfahrt entschied ich mich, in San Sebastian einen Tageszwischenaufenthalt einzulegen. Meine Entscheidung wurde noch dadurch gestärkt, dass es beim Ausstieg in San Sebastian den Anschein hatte, als würde sich das seither regnerische Wetter bessern.
Mittwoch, den 05.05.:
Dieser Tag hatte es in sich. Als ich am Bahnhof von San Sebastian ankam, wurde mir sogleich ein Zimmer zu einem annehmbaren Preis zentrumsnah angeboten. Da es aufzuklaren schien, nahm ich erfreut an. Kaum hatte ich es allerdings bezogen, fing es im wahrsten Sinne des Wortes zu schütten an. Nichts desto trotz machte ich mich sogleich mit meiner extra für diese Reise erworbenen Videokamera auf, die Sehenswürdigkeiten bei Regen, Sturm und Kälte in Bild und Ton festzuhalten. Die Bucht von San Sebastian hatte es mir angetan. Sie war einfach fantastisch, diese „Bahia de la Concha“. Ich filmte und filmte den lieben langen Tag über und lief hierbei sicherlich einige Kilometer. Hungrig begab ich mich am Abend in ein Restaurant, um meine erste Paella zu genießen. Hierzu bestellte ich einen Wein nicht wissend, dass es sich um eine dreiviertel Literflasche handelte, zumal der Preis nach deutschen Preisverhältnissen auch keinen gegenteiligen Rückschluss zuließ. Da ich noch die hell angestrahlte Christusfigur, die hoch oben im Fort über der Bucht und über San Sebastian thronte, filmen wollte, verließ ich das Restaurant und schlenderte die Gassen der Altstadt San Sebastians entlang, die Welt um mich vergessend. Urplötzlich huschte eine Gestalt wie aus dem Erdboden entsprungen zu mir rasch her, ohne dass ich Genaueres erkennen hätte können. Just in diesem Augenblick hielt mir jemand für mich völlig überraschend die Augen und den Mund zu und zog meinen Kopf ruckartig und kraftvoll nach hinten. Gleichzeitig wurden meine beiden Hände festgehalten. Ich stürzte rücklings zu Boden, wobei jedoch meine beiden Schulterblätter mit Händen abgestützt wurden, so dass ich mir nicht zu sehr den Kopf am Boden anschlug. Zwar gelang es mir einige Male, um Hilfe zu rufen, was allerdings die Räuber zu ignorieren schienen. So wie sie aufgetaucht waren, entschwanden sie auch wieder, nunmehr allerdings um meine gesamte Videoausrüstung sowie meine Sonnenbrille bereichert. Aufgewühlt, verwirrt und wütend vor Zorn lief ich kopflos in den Gassen um her.
Als ich mich einigermaßen wieder gefangen hatte, wurde mir bewusst, dass ich es versäumt hatte, mir zumindest den Tatort und die Tatzeit einzuprägen. Meine anschließende Suche hiernach verlief ergebnislos. In den Bars, in denen ich nach der nächstgelegenen Polizeistation fragte, erntete ich nur abwehrende Auskünfte. Und wenn ich welche bekam, so verstand ich sie nicht, weil ich eben kein bzw. so gut wie kein Spanisch beherrsche. Und Englisch wiederum verstanden die Befragten nicht. Um mich nicht so widerstandslos in mein Schicksal zu fügen, rief ich meinen Bruder Leander an. Da ich ihn nicht erreichen konnte, sprach ich auf seinen Anrufbeantworter. Mit Beendigung meines Anrufes schoss es mir durch den Kopf: Na Prosit! Jetzt habe ich auch noch meinen Bruder mit Familie in Angst und Schrecken um mich versetzt! Um nicht noch mehr Mist zu machen, beschloss ich, mein Zimmer aufzusuchen und mein Missgeschick erst einmal zu überschlafen.
Donnerstag, den 06.05.:
Wie der gestrige Tag endete, so fing der neue an: Chaotisch! Zwar hatte ich gestern schon meine Weiterfahrt am Bahnhof von San Sebastian erfragt, jedoch, wie könnte es anders sein, meine Abfahrt um 6.30 Uhr verschlafen. Auch war mir noch nicht klar, wie ich die gestrige Angelegenheit weiter behandeln sollte. Da mir zwar der Tathergang jedoch nicht der Tatort und die Täter bekannt waren, schied eine Strafanzeige bei der hiesigen Polizei aus, zumal meine Videoausrüstung nicht versichert war. Auch rechnete ich mit erheblichen Verständigungsschwierigkeiten. Nachdem dieses geklärt war, fragte ich mich, ob ich mir eine neue Videoausrüstung vor Ort kaufen sollte, um nochmals die gestrigen
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