Jakobsweg
geschwungen, unmittelbar vor Rabanal del Camino wird es dann steil und geht hoch hinauf bis auf knapp 1200 mtr. Das macht Freude mit wehem Knie und kratzender Hüfte. Hier bin ich übrigens in der viel gepriesenen Herberge von Isabel Rodriguez, "Nuestra Senora Pilar", gelandet. Es ist unglaublich schön hier, ein großes altes Tor führt in einen zauberhaften Innenhof mit vielen Blumen, einer großen hölzernen Bar, ein paar Tischen und Stühlen.
Tolle Musik! Und ein wahnsinnig herzlicher Empfang durch Isabel und ihre Mutter. Die beiden haben sich sofort meines Rucksacks, meines Knies und meines Hungers angenommen. Ich hatte morgens nur ein kleines Brötchen gegessen, unterwegs zwei kleine Bier getrunken und zwei Flaschen Wasser mitgenommen (Gott sei Dank). Jedenfalls bin ich froh, hier zu sein und ich werde auch hier bleiben, ausruhen, etwas essen, ein paar Bilder machen. Ruhe eben. Ausserdem, wie immer: ich werde jetzt meine Wäsche waschen - kaltes Wasser, ein Stückchen Handseife - und zum Trocknen ein bisschen kalten Wind, hihi.
Heute morgen habe ich eine sehr liebe SMS von Cindy bekommen, die ist ja auch ein Schatz!! In der Herberge waren wir in der vergangenen Nacht zu dritt; nein, zu viert. Ein Ire, eine Kanadierin, ein Chilene und ich.
Noch immer in Rabanal
Heute habe ich einen kleinen Spaziergang gemacht, mehr geben mein Knie und auch der Ort nicht her; und einige ganz schöne Fotos habe ich auch gemacht, hoffe ich. (Ja, hatte ich, leider sind diese Bilder mir abhanden gekommen, ich hatte sie mit dem Handy aufgenommen und nirgends gespeichert - das Telefon habe ich im Winter 2010 in der Toilette der Uniklinik Düsseldorf versenkt.)
Anschließend habe ich in einem der kleinen Hostals einen Happen gegessen und ein Viertel Wein getrunken und bin direkt im Anschluss wieder ins Bett gekrabbelt, mit Schlafsack und zwei Decken. Aber das nützt alles nix bei der Eiseskälte, man wird nicht warm - ich jedenfalls nicht. Trotz langer Unterhose, Unterhemd, T-Shirt, Jacke aus Fleece, Tuch um den Hals. Was mach ich bloß morgen mit meinem Kopf?? Es soll noch viel kälter werden, haben die alten Männer aus dem Dorf heute nachmittag gesagt. - Ich will in jedem Fall nicht weiter als bis Foncebadon, das sind zwar nur 6 km, macht mir aber nichts, ich muss es langsam angehen lassen. Von dort geht es am Montag weiter nach Riesgo de Ambros oder Molinaseca - das wären ca. 19 Kilometer und ist sicher auch zu schaffen.
Rabanal del Camino ist ein uralter Ort, die Häuser sind ganz klein, aus unregelmäßigen Steinen, mit winzigen Fenstern und ganz niedrigen kleinen Türen, durch die man meist noch eine Stufe nach unten gehen muss, um die Häuser zu betreten. Die Menschen hier in der Maragateria sind ähnlich wie die Mallorquiner: stumm und unfreundlich; wenn man sie aber in ihrer Sprache anspricht, dann geht das schon. Und natürlich wird man als allein reisende Frau erst einmal beäugt. Überall, aber wirklich überall, wo ich bisher hingekommen bin, sind bei meinem Eintreten die Blicke zur Tür gegangen und dann die Gespräche erst mal verstummt. Aber das geht nach ein, zwei Momenten vorüber. Und IMMER waren die Leute dann unheimlich hilfsbereit, wenn ich eine Frage hatte und haben mir den Weg erklärt oder auch nur gefragt, woher ich komme. Oder mich sogar auf ein Glas eingeladen oder mir einfach eine heiße Brühe oder einen Tee hingestellt, zum Aufwärmen. - WOHIN ich gehe ist ja sowieso klar, mit Rucksack auf dem Rücken und dem "Palo", dem Pilgerstab, in der Hand.
Ich sitze also gerade wieder in der wunderbaren Küche von Isabel, mit einem frisch gezapften Bier vor mir und genieße das Kaminfeuer - obwohl das bei weitem nicht so warm ist wie ein "normaler" Kamin. Das liegt daran, dass mit diesem Kamin auch die Heizung im Schlafraum und in der Küche betrieben wird. Eine gute Idee, ansonsten könnte sich Isabel die Heizung gar nicht leisten, die Räume sind alte Ställe und ein Heuboden auf dem Hof ihrer Eltern und sind entsprechend hoch. Sie ist eine so hilfsbereite und liebe Frau, ganz toll. Heute hat sie mich humpeln sehen und mir anschließend gleich eine ihrer Wundercremchen auf mein Knie geschmiert. Sie ist nicht so streng mit der Bettruhe, dem Verlassenmüssen der Herberge usw. Sie hat uns heute schlafen lassen und dann sogar Cafe gebracht. Aber sie hilft auch sonst mit allem. Bringt Brot und Medizin, schmiert Rücken oder Knie ein und schleppt Rucksäcke in den Schlafraum. Sie ist wirklich ganz besonders.
Weitere Kostenlose Bücher