Jakobsweg
Eine Herbergs "mutter" im wahrsten Sinne des Wortes. Es tut richtig gut, einmal so betüddelt zu werden.
Denn trotz allen guten Willens: es ist und bleibt trotz einiger Erleichterungen, die ich mir selbst verordnet habe, ein anstrengendes Unterfangen! Ich hab ganz vergessen zu erzählen, dass ich ein ganz langes Gespräch mit Martina hatte, sie ist so was von nett und lieb und besorgt. Habe ein völlig neues MartinaGefühl!! Und Trudi ist halt Trudi, meldet sich aber doch auch ganz regelmäßig. Naja klar und natürlich mein Kind...
Als ich gestern am sehr späten Nachmittag in der letzten Kurve bergauf gekrochen bin, hat ein Auto angehalten, zwei junge Männer haben das Fenster runtergekurbelt und laut gebrüllt: "Esta hecho, tia" - "Geschafft, Tantchen" - das war sehr schön und ich bin mit einem dicken Grinsen in die Herberge gelaufen.
Foncebadón
Naja, wie immer - alles wieder gut soweit. Ich bin nach einer nicht sehr angenehmen, weil unruhigen Nacht um 8.30h aufgestanden, hab mein Bündel gepackt und einen Cafe getrunken. Bin gegen 10h sehr gemütlich gestartet und gegen 13.30h nach einer langen Telefon- und SMS -Pause in Foncebadon angekommen. Dabei hab ich gut 400 Höhenmeter kaputtgemacht, war trotz des eisigen Windes nass bis auf die Haut - völlig durchgeschwitzt.
Im Hostal "Convento" hab' ich mir ein Zimmer genommen und mich als erstes, jawohl, unter die Dusche gestellt. Trockene Sachen an und dann eine leckere heiße Nudelsuppe gegessen und anschließend "Albondigas al ajo" - Hackfleischbällchen in Knoblauchsauce. Seitdem hab ich ein bisschen Bauchweh - aber es war sooo lecker.
Foncebadon ist ein über 1000 Jahre alter Ort, eine einzige Ruine genau genommen. Erst im Jahr 2000 haben die Wirtsleute dieses Hostals als erste damit begonnen, eines der verfallenen Häuser wieder aufzubauen. Bisher wohnt erst ein einziger Mensch andauernd hier, im Frühjahr kommen dann ein paar Leute und vermieten Betten an die Pilger.
Kann man übrigens bei Kerkeling nachlesen, als der hier war (2001), gab es nur die wilden Hunde. Ringsrum ist alles zerfallen und verfallen und mittendrin dieses Schmuckstück. Allerdings wird überall kräftig gebaut. Drei Herbergen - mit dieser - gibt es hier bereits und die Preise kennen sie auch schon.
Fast glaube ich, dass ich eine Erkältung bekomme. Draußen ist es kalt und windig, es zieht dicker Nebel auf, man kann die Hand schon nicht mehr vor Augen sehen. Die Heizung bullert volle Pulle, sehr gemütlich und kuschelig. Ich bin froh, dass ich dass ich nicht immer in Albergues nächtige, sondern eigentlich immer in kleinen Hostals und Pensionen. Es ist jetzt kurz nach halb acht, die Kneipe unten ist leer, die Wirtsleute streiten heftig und ich geh jetzt ins Bett. Morgen früh, so hoffe ich, werde ich von der Sonne geweckt und bitte, lieber Gott, mach, dass der Wind aufhört über Nacht. Mehr gibt es für heute nicht zu berichten aus meinem einsamen Pilgerleben. Es ist einsam, aber es ist eine gute Einsamkeit.
Meine Pilger"freunde" gestern Nacht waren übrigens: zwei sehr nette, ausgesprochen gut aussehende Spanier auf dem Rad, ein schwuler Portugiese, der von Paris aus gelaufen ist und ein mindestens so schwuler Mexikaner. Und ein fieser alter Mann unbekannter Herkunft mit üblen Ausdünstungen. Bah.
Es geht mir von Stunde zu Stunde von Tag zu Tag in jeder Hinsicht immer besser. Und egal, wer Du bist da oben, pass auf uns alle auf, bitte, und ich danke Dir, dass Du mich hierher geführt hast. - Ich glaube, dass ich morgen die Straße nehmen muss.
18 Uhr
Was für eine gute Idee war das - es hat schon heute früh geschneit, bis jetzt ging es, aber es wird schlimmer. Heut morgen konnte man die berühmte Hand vor Augen wegen des Nebels nicht sehen und jetzt wegen des Schnees. Es ist unglaublich, was da runter kommt. Ich habe für 15 Kilometer und 300 Höhenmeter nach unten über 6 Stunden gebraucht. Die Straße ist spiegelglatt und der Weg ist nicht zu begehen, weil ebenfalls sehr glatt und steil. Ich bin die Straße gegangen und habe saublöderweise meinen Palo unterwegs verloren, es war mir aber zu gefährlich, ihm hinterher zu steigen, wenn ich da ausgerutscht wäre, wäre ich NIE mehr nach oben gekommen und gefundenen hätte mich auch niemand, nicht in 100 Jahren. Es war am Anfang schwierig, danach wurde es schlimmer, der Wind hat mich beinah umgeblasen und auf den Fotos kann man sehen, dass mein Gesicht ganz vereist war. Wahnsinn. Das Cruz Ferro habe ich beinahe nicht
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