Jamaica Lane - Heimliche Liebe
konnte. »Bin ein bisschen nervös.«
Er schloss die Tür hinter sich und verzog das Gesicht. »Weswegen? Ich bin’s doch nur.«
Ich funkelte ihn an.
»Okay. Sei ruhig nervös.« Er ging an mir vorbei und zog seine Jacke aus. Er warf sie auf die Couch und ging dann in die Küche, wo er zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank holte. Ich fing eine davon auf, als er sie mir zuwarf. Er drehte bei seiner Flasche den Kronkorken ab und zeigte damit auf mich. »Nervennahrung.«
Als er danach fünf Minuten – fünf sehr lange Minuten – nichts sagte, hockte ich mich auf die Armlehne der Couch und genehmigte mir erst mal einen Schluck.
»Okay, jetzt erzähl«, sagte Nate plötzlich. Seine Stimme in meiner kleinen Wohnung war so laut, dass ich mich beinahe an meinem Bier verschluckt hätte. »Was genau passiert, wenn ein Typ, den du gut findest, dich anspricht?«
Im Bemühen, nicht noch unfähiger zu erscheinen, als ich war, kämpfte ich gegen die Röte an, die mir ins Gesicht steigen wollte. »Ich kriege den Mund nicht auf.«
»Wieso nicht?«
»Ich bin versucht, darauf etwas Sarkastisches zu erwidern, aber ich begnüge mich mal mit einem Achselzucken.« Ich zuckte mit den Achseln.
»Jetzt komm mir bloß nicht mit ›Ich hab keine Ahnung, denn wenn ich eine hätte, würde ich dich ja nicht brauchen‹. Das ist Schwachsinn. Warum kriegst du den Mund nicht auf?«
Ich versuchte wirklich, nicht sauer auf ihn zu sein. Das wäre kein guter Start. Ich biss die Zähne aufeinander und antwortete in einem Ton, als wäre die Sache glasklar – was ja auch stimmte: »Ich bin eben unsicher.«
Nate musterte mich eine Zeitlang. »In Bezug auf dich selbst? Dein Aussehen? Wegen deiner mangelnden Erfahrung? Oder weshalb?«
»Hast du eine Ahnung, wie mordspeinlich das hier gerade ist?« Ich sah ihn mit finsterer Miene an.
Offensichtlich genervt, kniff Nate die Augen zusammen. »Ich bin nicht hier, um mich über dich lustig zu machen. Sondern um dir zu helfen.«
Wir schwiegen erneut, während ich meinen Mut zusammenraffte, um ihm eine ehrliche Antwort zu geben. Nachdem ich zitternd noch einen Schluck von meinem Bier getrunken hatte, blickte ich zu Boden und sagte leise: »Du weißt ja, dass ich unsicher bin, weil ich so gut wie keine Erfahrung in Sachen Sex habe, und außerdem … fühle ich mich … ganz einfach nicht attraktiv.«
Als er schwieg, hob ich den Kopf. Er sah mich schon wieder so ungläubig an.
»Was hast du?«
Er stellte seine Bierflasche ab und stützte die Hände auf den Tresen, als ginge es jetzt ans Eingemachte. »Fangen wir mit diesem Punkt an. Du hast also das Gefühl, nicht begehrenswert zu sein.«
Ich schluckte. »Genau.«
»Willst du mich verarschen?«
Er sagte das so anklagend, dass ich vor Schreck zurückzuckte. Warum war er wütend? »Was ist denn?«
»Steh auf«, befahl er brüsk. »Na los, hoch mit dir.« Er kam um den Tresen herum und verließ das Wohnzimmer.
Langsam stand ich auf. Ich fragte mich, was ich falsch gemacht hatte.
»Komm mit.«
Mitkommen … okay. Meine Knie zitterten, als mir klarwurde, dass wir auf dem Weg ins Schlafzimmer waren. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und ich konnte nicht sprechen. Im Türrahmen blieb ich stehen.
Nate stand vor meinem mannshohen Spiegel und zeigte auf das Glas. »Sag mir, was du siehst.«
Ich schluckte trocken. »Nate …« Ich wich einen Schritt zurück.
Die Bewegung brachte Leben in Nate. Blitzschnell hatte er mich gepackt und zurück ins Zimmer gezogen. Er bugsierte mich vor den Spiegel und blieb hinter mir stehen.
»Sag’s mir. Hab Vertrauen.«
Ich holte tief Luft und betrachtete mein Spiegelbild. Ich fing bei meinem Gesicht an und ließ den Blick einmal von oben nach unten wandern und wieder zurück.
»Liv?«
»Ich sehe … ich sehe eine total durchschnittliche Frau mit …« Ich zuckte mit den Achseln. Das Ganze war mir hochgradig unangenehm. »Mit Sch-Schwabbelarmen, Bauchspeck und einem dicken Arsch.«
Als auf meine Antwort lediglich Schweigen folgte, fasste ich mir ein Herz und hob den Blick, bis ich Nate im Spiegel ins Gesicht sehen konnte. Er schaute schon wieder so verärgert. »Gibt es vielleicht auch irgendwas Positives?«
Erneut betrachtete ich mein Gesicht. Meine Augen waren nach wie vor das Einzige, was ich wirklich an mir mochte. Ich hatte sie von meinem Vater geerbt, sie waren wirklich besonders: von einem ungewöhnlichen Hellbraun und mit so vielen goldenen Sprenkeln darin, dass sie bei bestimmtem Licht fast
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