Jamaica Lane - Heimliche Liebe
Sie sah verletzt aus.
»Baby, kommst du mit, was zu essen holen?«, fragte Cam leise und stand von seinem Schreibtisch auf.
Ihre Blicke begegneten sich, und sie führten eine stumme Unterhaltung. »Klar.« Sie ergriff seine ausgestreckte Hand und ließ sich von ihm hochziehen. Selbst nachdem sie das Zimmer verlassen hatten, blieb die Stimmung verkrampft.
Cole räusperte sich und wandte sich wieder dem Spiel zu. »Also, ich finde, die Reaktionszeit könnte echt besser sein«, sagte er im Versuch, das Thema zu wechseln.
Nate nickte ihm dankbar zu. »Ich glaube, du hast recht, Kurzer.«
Sie begannen, mit Peetie über das Spiel zu diskutieren. Ich beobachtete derweil Nate und wartete darauf, dass die Spannung in seinen Schultern nachlassen würde – vergebens. Ich fühlte mit ihm. Ich wollte ihm irgendwie zeigen, dass ich für ihn da war, wenn es ihm schlechtging, so wie er für mich. Als Peetie sich gerade mit Cole über die Graphikqualität unterhielt, rückte ich näher an ihn heran.
»Ein Tattoo?«, raunte ich ihm leise ins Ohr, nicht wissend, ob er mir dafür den Kopf abreißen würde wie kurz zuvor Jo.
Nate drehte sich zu mir um. Sein Blick war weich, als er kaum merklich den Kopf schüttelte. »Später, Babe«, murmelte er. »Ich hätte Jo nicht so anschnauzen sollen.«
»Sie wird’s überleben«, tröstete ich ihn. Dann drückte ich leicht sein Knie und stand auf, um Jo und Cam in der Küche zu helfen. Als ich den Raum verließ, kam Cam gerade zurück ins Wohnzimmer. Seine Miene war düster.
»Alles klar?«
Er schüttelte andeutungsweise den Kopf. »Sie fühlt sich mies, weil sie ihn so bedrängt hat.«
»Und er fühlt sich mies, weil er sie angeschnauzt hat, also mach ihm bloß nicht die Hölle heiß«, murmelte ich als Antwort.
Cam sah zu seinem Freund hinüber und raunte dann: »Du vergisst, dass ich Bescheid weiß, Liv. Ich hatte nicht die Absicht, ihm die Hölle heißzumachen. Aber manchmal frage ich mich, ob jemand anders das vielleicht sollte.«
Da mir keine Entgegnung einfiel, schenkte ich ihm bloß ein kleines Lächeln und schlüpfte an ihm vorbei. Ich traf Jo in der Küche an, wo sie den Inhalt diverser Chipstüten auf mehrere Schalen verteilte. Ich beschloss, ihr behilflich zu sein, und schnappte mir die Tüten mit den Erdnüssen.
»Und, wie ist deine Woche so?«, erkundigte ich mich bei ihr. »Lässt Dad dich so richtig schuften?«
Jo lächelte mich von der Seite an. »Wir haben unglaublich viel zu tun. Aber das ist gut.«
»Und die Neuen?«
»Prima. Ich glaube, Cam hat sich anfangs ein bisschen Sorgen gemacht, wie sie sich mir gegenüber verhalten würden – aber Mick hat sie gut ausgesucht. Im Wesentlichen sind sie wie zwei Klone von ihm. Jetzt muss ich mich mit dreien von seiner Sorte rumschlagen.«
Ich nickte schmunzelnd. »So viel habe ich schon aus dem rausgehört, was Dad mir erzählt hat.«
»Und bei dir?« Sie sah mich mit zusammengezogenen Brauen an. »Geht’s dir gut? Du wirkst … ich weiß nicht … gestern Abend beim Essen warst du so still. Ist es wegen Mick und Dee? Kommst du damit klar? Wir haben uns noch gar nicht so richtig darüber unterhalten, und es scheint ja wirklich was Ernstes zu sein.«
Am Abend zuvor im Restaurant war ich wirklich still gewesen, aber das lag in erster Linie daran, dass ich all die schmeichelhaften und leicht frivolen Komplimente im Kopf Revue passieren ließ, die Nate mir während unserer Nachhilfestunde am Donnerstagabend gemacht hatte. »Ach was, ich hatte bloß eine anstrengende Woche. Ich finde Dee toll. Ich habe absolut kein Problem damit.«
»Es wäre dein gutes Recht, ein Problem damit zu haben, das weißt du, oder?«
Ich schüttelte den Kopf und spürte das altbekannte sehnsüchtige Ziehen in der Brust, als ich sagte: »Dad hat Mom vergöttert, und er war bis zum Ende bei ihr. Sie war die meiste Zeit ihrer Ehe krank. So krank, dass sie eher Freunde als ein Liebespaar waren, aber Dad hat sich nie beklagt. Ich glaube, er hat sie einfach geliebt.« Ich lächelte, während die Küche vor meinen Augen verschwamm. »Er hat es verdient, glücklich zu sein. Dee ist eine tolle Frau, und sie macht ihn glücklich. Das reicht mir.«
Es überraschte mich nicht, als ich auch in Jos Augen Tränen schimmern sah. Sie hatte die Angewohnheit, mit ihren Freunden mitzuweinen, weil sie ein sehr einfühlsamer Mensch war. »Du kannst immer mit mir reden, Liv, wenn dich irgendwas bedrückt.«
Natürlich wusste ich, dass sie es ernst meinte. Ich
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