James Bond 02 - Leben und sterben lassen (German Edition)
da drüben an.« Er deutete auf eine große Plakatwand auf einem leeren Grundstück.
Es handelte sich um eine Werbung für Umstandsmode.
S TUTZHEIMER & B LOCK , hieß es dort, G ANZ NEU ! M ODE FÜR VOR UND NACH DER G EBURT ! K LEIDUNG FÜR K RÜMEL (1-4) UND Z WERGE (4-8).
Bond stöhnte. »Lassen Sie uns von hier verschwinden«, bat er. »Das geht wirklich über die Pflicht hinaus.«
Sie kamen ins Hafenviertel und bogen nach rechts ab, bis sie die Wasserflugzeugbasis und die Station der Küstenwache erreichten. Die Straßen waren frei von »alten Knaben«, und hier und dort konnte man das normale Alltagsleben an einem Hafen beobachten – Anlegeplätze, Lagerhäuser, ein Schiffshändler, ein paar umgedrehte Boote, trocknende Netze, Möwengeschrei. Nach dem überfüllten Friedhof, den die Stadt darstellte, war das Schild über einer Garage, auf dem die Worte A UTOHANDEL . P AT G RADY . D ER LÄCHELNDE I RE . G EBRAUCHTWAGEN standen, eine fröhliche Erinnerung an eine lebhaftere, geschäftigere Welt.
»Wir steigen besser aus und laufen«, sagte Leiter. »Die Höhle des Robbers befindet sich einen Block weiter.«
Sie ließen das Auto am Rand des Hafens stehen und schlenderten an einer hölzernen Lagerhalle und ein paar Öltanks vorbei. Dann wandten sie sich wieder nach links in Richtung Meer.
Die Seitenstraße endete vor einem kleinen, verwitterten Landungssteg aus Holz, der auf mit Seepocken übersäten Pfählen sechs Meter in die Bucht hinausragte. Direkt daneben befand sich eine lange, niedrige Lagerhalle aus Wellblech. Über ihren breiten Doppeltüren prangte in schwarz-weißer Farbe die Aufschrift UROBOROS INC. HÄNDLER FÜR LEBENDE WÜRMER UND KÖDER. KORALLEN, MUSCHELN, TROPISCHE FISCHE. NUR GROSSVERKAUF. In einer der beiden Doppeltüren befand sich eine kleinere Tür mit einem glänzenden Sicherheitsschloss. An der Tür hing ein Schild mit den Worten: PRIVAT, KEIN ZUTRITT.
Davor saß ein Mann auf einem Küchenstuhl und hatte sich so zurückgelehnt, dass die Tür sein Gewicht stützte. Er reinigte ein Gewehr, ein .30 Remington, wenn Bond es richtig erkannte. Aus seinem Mund hing ein hölzerner Zahnstocher, und sein Hinterkopf wurde von einer abgenutzten Baseballmütze bedeckt.
Er trug ein schmutziges weißes Unterhemd, sodass die schwarzen Haarbüschel unter seinen Armen sichtbar waren, und dazu eine abgewetzte Leinenhose und Turnschuhe mit Gummisohlen. Er war um die vierzig, und sein Gesicht war genauso verwittert wie die Stützpfähle des Landungsstegs. Es war schmal und scharf geschnitten, und auch die Lippen waren dünn und blutarm. Seine Hautfarbe erinnerte an Tabakstaub, ein blasses gelbliches Beige. Er wirkte grausam und eiskalt, wie der Schurke in einem Film über Pokerspieler und Goldminen.
Bond und Leiter gingen an ihm vorbei und weiter zum Pier. Er sah nicht von seinem Gewehr auf, als sie ihn passierten, doch Bond spürte, dass er ihnen mit den Augen folgte.
»Wenn das nicht der Robber ist«, sagte Leiter, »dann ist es auf jeden Fall ein Blutsverwandter.«
Ein Pelikan, grau mit einem hellgelben Kopf, hockte auf einem der Pfähle am Ende des Stegs. Er ließ sie sehr nah herankommen, schlug dann ein paarmal zögerlich mit den großen Flügeln und segelte Richtung Wasser hinab. Die beiden Männer standen da und beobachteten, wie er langsam über die Wasseroberfläche flog, die nur wenige Zentimeter von ihm entfernt war. Plötzlich stürzte er scheinbar unbeholfen nach unten, und sein langer Schnabel schoss hervor. Als er wieder hochkam, hielt er einen kleinen Fisch darin fest, den er seelenruhig verschlang. Dann erhob sich der schwere Vogel wieder in die Luft und widmete sich erneut dem Fischen. Dabei flog er meist gegen das Sonnenlicht, damit sein großer Schatten seine Beute nicht vorwarnte. Als sich Bond und Leiter umdrehten, um über den Steg zurückzugehen, gab der Pelikan das Fischen auf und glitt zurück auf seinen Wachposten. Er ließ sich mit raschelnden Flügeln nieder und fuhr mit seiner nachdenklichen Betrachtung des späten Nachmittags fort.
Der Mann saß immer noch über seine Waffe gebeugt und polierte sie mit einem öligen Lappen.
»Guten Tag«, sagte Leiter. »Sind Sie der Geschäftsführer dieses Anlegeplatzes?«
»Allerdings«, erwiderte der Mann, ohne aufzusehen.
»Ich hab mich gefragt, ob es vielleicht möglich wäre, mein Boot hier festzumachen. Das Hafenbecken ist ziemlich voll.«
»Nein.«
Leiter zückte seine Brieftasche. »Würde ein Zwanziger
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