James Bond 03 - Moonraker (German Edition)
strahlen, »begann ich in unserem Familienunternehmen zu arbeiten. Es war eine Tochtergesellschaft des großen Stahlkonzerns Rheinmetall Borsig. Wahrscheinlich haben Sie noch nie davon gehört. Aber wenn Sie während des Krieges von einem 88-mm-Geschoss getroffen wurden, war es wahrscheinlich eines von unseren. Unser Tochterunternehmen war auf besonderen Stahl spezialisiert, und ich habe dort alles über Stahl und die Flugzeugindustrie erfahren. Unsere anspruchsvollsten Kunden. Dort habe ich auch das erste Mal von Kolumbit gehört. Damals wurde es in Diamanten aufgewogen. Dann trat ich der Partei bei, und kurz darauf befanden wir uns im Krieg. Es war eine wunderbare Zeit. Ich war achtundzwanzig und Leutnant beim hundertvierzigsten Panzerregiment. Und wir sind durch die Reihen der britischen Armee in Frankreich gefahren wie ein heißes Messer, das durch Butter gleitet. Berauschend.«
Einen Moment lang paffte Drax genüsslich an seiner Zigarre, und Bond nahm an, dass er im Rauch die brennenden Dörfer in Belgien vor sich sah.
»Das waren glorreiche Tage, mein lieber Bond.« Drax streckte einen langen Arm aus und klopfte die Asche seiner Zigarre auf den Boden. »Doch dann wurde ich für die Brandenburg-Division ausgewählt und ich musste die Mädchen und den Champagner hinter mir lassen und nach Deutschland zurückkehren. Dort begann ich, für den großen Sprung über den Kanal zu trainieren. Es waren meine Englischkenntnisse, die in der Division gebraucht wurden. Wir sollten alle in englische Uniformen gesteckt werden. Das hätte einen Heidenspaß gemacht, aber die verdammten Generäle bliesen die Sache ab, und ich wurde zum Auslandssicherheitsdienst der SS versetzt. Man nannte es das RSHA, und SS-Obergruppenführer Kaltenbrunner hatte gerade die Leitung übernommen, nachdem Heydrich ’42 bei einem Attentat ums Leben gekommen war. Er war ein guter Mann, aber ich war den direkten Befehlen eines noch besseren unterstellt,
Obersturmbannführer
«, er betonte den köstlichen Titel mit Genuss, »Otto Skorzeny. Seine Aufgabe beim RSHA bestand in Terrorismus und Sabotage. Ein angenehmes Intermezzo, mein lieber Bond, und ich habe dabei eine Menge Engländer erledigt.« Drax warf Bond einen eiskalten Blick zu. »Diese Aufgabe hat mir viel Freude bereitet. Aber dann«, Drax’ Faust krachte auf den Schreibtisch, »wurde Hitler erneut von diesen schweinischen Generälen hintergangen, und den Engländern und Amerikanern gelang es, in Frankreich zu landen.«
»Zu schade«, erwiderte Bond ironisch.
»Ja, mein lieber Bond, das war in der Tat zu schade.« Drax zog es vor, die Ironie zu ignorieren. »Aber für mich war es der Höhepunkt des ganzes Kriegs. Skorzeny versammelte all seine Saboteure und Terroristen in SS-Jagdverbänden, um sie hinter den feindlichen Linien einzusetzen. Jeder Jagdverband war in Streifkorps und die wiederum in Kommandos eingeteilt, von denen jedes den Namen seines kommandierenden Offiziers trug. Mit dem Rang eines Oberleutnants«, verkündete Drax mit stolzgeschwellter Brust, »durchbrach ich an der Spitze des Kommandos ‚Drache‘ mit der berühmten Panzerbrigade 150 die amerikanischen Linien während des Ardennen-Durchbruchs im Dezember ’44. Zweifellos werden Sie sich an die Wirkung dieser Brigade in ihren amerikanischen Uniformen und ihren erbeuteten Panzern und Fahrzeugen erinnern. Kolossal! Als sich die Brigade zurückziehen musste, blieb ich dort und versteckte mich in den Wäldern der Ardennen, achtzig Kilometer hinter den alliierten Linien. Wir waren insgesamt zwanzig. Zehn gute Männer und zehn Werwölfe der Hitlerjugend. Sie waren noch Jugendliche, aber sie waren hervorragende Burschen. Und zufällig war ihr Anführer ein junger Mann namens Krebs, der, wie sich herausstellte, über gewisse Talente verfügte, die ihn für den Posten des Scharfrichters und ‚Überreders‘ unserer fröhlichen kleinen Gruppe qualifizierten.« Drax schmunzelte.
Bond leckte sich die Lippen, als ihm das Knacken einfiel, das Krebs’ Kopf beim Kontakt mit der Kommode von sich gegeben hatte. Hatte er so hart wie möglich zugetreten? Ja, seine Erinnerung versicherte ihm, dass er all seine Kraft in seinen Fuß gelegt hatte.
»Wir blieben sechs Monate in diesen Wäldern«, fuhr Drax stolz fort. »Und die ganze Zeit über erstatteten wir dem Vaterland über Funk Bericht. Den Feinden gelang es einfach nicht, uns aufzuspüren. Dann kam eines Tages die Katastrophe.« Drax schüttelte bei der Erinnerung den Kopf.
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