James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Gyllius wiederentdeckt. Eines Tages las ich seinen Bericht darüber, wie er sie gefunden hatte. Er sagte, dass sie im Winter von ‚
einem großen Kanal mit großem Lärm
‘ befällt wurde. Mir kam der Gedanke, dass es einen weiteren ‚
großen Kanal
‘ geben musste, um sie schnell zu leeren, falls der Feind die Stadt einnahm. Ich ging zur Halle der Säulen, bestach den Wachmann und ruderte dort eine ganze Nacht mit einem meiner Söhne in einem Schlauchboot herum. Wir untersuchten die Mauern mit einem Hammer und einem Echolot. An einem Ende, an der offensichtlichsten Stelle, gab es ein hohles Geräusch. Ich schob dem Tiefbauamt etwas Geld zu, und sie schlossen den Ort für eine Woche – zur ‚Reinigung‘. Mein kleines Team hatte ganz schön was zu tun.« Kerim lehnte sich erneut vor, warf einen Blick in das Periskop und fuhr fort. »Wir gruben uns über dem Wasserstand hindurch und landeten am oberen Ende eines Bogengewölbes, dem Anfang eines Tunnels. Wir betraten den Tunnel und gingen ihn entlang. Ziemlich aufregend, nicht zu wissen, wo man herauskommen würde. Und natürlich führte er den Hügel hinab – unter die Straße, in der die Russen ihr Quartier haben, und hinaus zum Goldenen Horn unweit der Galatabrücke, zwanzig Meter von meinem Warenhaus entfernt. Also haben wir unser Loch in der Halle der Säulen wieder aufgefüllt und an meinem Ende zu graben begonnen. Das war vor zwei Jahren. Wir brauchten ein ganzes Jahr und eine Menge Vermessungsarbeiten, um direkt unter die Russen zu kommen.« Kerim lachte. »Und nun befürchte ich immer, dass die Russen auf die Idee kommen, sich ein anderes Büro zu suchen. Aber bis dahin ist hoffentlich jemand anders der Leiter von T.«
Kerim lehnte sich wieder gegen die Gummiokulare. Bond sah, wie er sich versteifte. Dann sagte Kerim drängend: »Die Tür geht auf. Schnell. Übernehmen Sie. Hier kommt sie.«
ZEIT ZUM TOTSCHLAGEN
Es war neunzehn Uhr am gleichen Abend, und James Bond war wieder in seinem Hotel. Er hatte ein heißes Bad und eine kalte Dusche genommen. Endlich hatte er das Gefühl, den Zoogestank aus seinen Poren vertrieben zu haben.
Nackt bis auf die Unterhose saß er an einem der Fenster seines Zimmers, nippte an einem Wodka Tonic und blickte in das Herz des großen, dramatischen Sonnenuntergangs über dem Goldenen Horn. Doch seine Augen nahmen den zerrissenen Stoff aus Gold und Blut gar nicht wahr, der hinter der minarettgeschmückten Kulisse hing, unter der er seinen ersten Blick auf Tatjana Romanowa erhascht hatte.
Er dachte an das große, wunderschöne Mädchen mit den langen Beinen einer Tänzerin, das mit einem Blatt Papier in der Hand durch die düstere Tür geschritten war. Sie hatte sich neben ihren Vorgesetzten gestellt und ihm das Blatt überreicht. Alle Männer hatten zu ihr aufgeblickt. Sie war errötet und hatte den Blick zu Boden gesenkt. Was hatte dieser Ausdruck auf den Gesichtern der Männer bedeutet? Es war mehr als die normale Art gewesen, mit der manche Männer eine schöne Frau betrachteten. Er hatte Neugier verraten. Das war verständlich. Sie wollten wissen, was in dem Telegramm stand, warum sie gestört wurden. Aber was sonst noch? Es war Durchtriebenheit und Verachtung – die Art, auf die man Prostituierte ansah.
Es war eine seltsame, rätselhafte Szene gewesen. Dies war ein Teil einer hochdisziplinierten paramilitärischen Organisation. Es waren Offiziere, jeder von ihnen auf der Hut vor den anderen. Und diese Frau war nur eine Angestellte mit dem Rang eines Korporals, die eine normale Tätigkeit ausübte. Warum starrten diese Männer sie mit dieser neugierigen Missbilligung an – fast so, als wäre sie eine Spionin, die erwischt worden war und nun hingerichtet werden würde? Verdächtigten die Männer sie? Hatte sie sich irgendwie verraten? Aber das schien immer unwahrscheinlicher, während sich die Szene vor ihm entfaltete. Der Stationsleiter las das Telegramm, und die Blicke der anderen richteten sich von dem Mädchen auf ihn. Er sagte etwas, wahrscheinlich wiederholte er den Inhalt des Telegramms, und die Männer sahen ihn mürrisch an, als ob sie das Thema nicht interessieren würde. Dann sah der Leiter zu dem Mädchen auf, und die Augen der anderen folgten seinen. Mit einem freundlichen fragenden Blick sprach er zu ihr. Das Mädchen schüttelte den Kopf und antwortete kurz. Die anderen Männer wirkten jetzt nur noch interessiert. Der Stationsleiter sagte ein Wort mit einem Fragezeichen am Ende. Das Mädchen
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