James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
Sie dort auf mich. Ich muss mich noch um die Tür kümmern.«
Bond schaltete seine Lampe ein, trat durch die Öffnung und ging vorsichtig die Treppe hinunter. Das Licht der Taschenlampe zeigte frisches Mauerwerk, und sechs Meter darunter funkelndes Wasser. Als Bond am unteren Fuß der Treppe angelangt war, sah er, dass das Funkeln von einem kleinen Strom stammte, der eine zentrale Abflussrinne im Boden eines antiken Steintunnels entlangfloss. Rechts führte der Tunnel steil aufwärts, links ging es bergab, und Bond nahm an, dass er wahrscheinlich am Goldenen Horn enden würde.
Außerhalb des Lichtkegels von Bonds Taschenlampe war ein beständiges leises Scharren zu hören, und in der Dunkelheit flackerten Hunderte kleiner roter Punkte auf, die sich bewegten. Nach oben und nach unten war es das Gleiche. Zwanzig Meter zu jeder Seite wurde Bond von Tausenden Ratten angestarrt. Sie erschnüffelten seinen Geruch. Bond stellte sich vor, wie sich ihre Schnurrhaare leicht bewegten. Einen kurzen Augenblick lang fragte er sich, was sie tun würden, wenn seine Taschenlampe ausging.
Plötzlich tauchte Kerim neben ihm auf. »Es ist ein langer Aufstieg. Etwa eine Viertelstunde. Ich hoffe, Sie mögen Tiere.« Kerims Lachen dröhnte durch den Tunnel. Die Ratten liefen aufgeregt durcheinander. »Leider hat man hier unten nicht viel Auswahl. Ratten oder Fledermäuse. Ganze Geschwader, Divisionen – eine komplette Luftwaffe und Armee. Und wir müssen sie vor uns hertreiben. Gegen Ende wird es recht überfüllt werden. Wir sollten losgehen. Die Luft ist gut. Zu beiden Seiten des Stroms ist der Boden trocken. Aber im Winter kommt die Flut, und dann müssen wir Taucheranzüge benutzen. Richten Sie Ihre Lampe auf meine Füße. Wenn eine Fledermaus in Ihre Haare gerät, verjagen Sie sie. Aber das wird nicht oft passieren. Ihr Radar ist gut.«
Sie begannen den steilen Aufstieg. Der Gestank der Ratten und der Fledermausexkremente war penetrant – eine Mischung aus Affenhaus und Legebatterie. Ihm kam der Gedanke, dass es Tage dauern würde, bis er ihn wieder loswurde.
Schwärme von Fledermäusen hingen wie vertrocknete Trauben von der Decke, und wenn Kerims oder Bonds Kopf sie gelegentlich streiften, schossen sie aufgeregt in der Dunkelheit umher. Während sie weiter aufwärts stiegen, wurde der Wald aus funkelnden roten Augen zu beiden Seiten der Abwasserrinne immer dichter. Gelegentlich hob Kerim seine Taschenlampe und das Licht fiel auf ein graues Feld voller glitzernder Zähne und zuckender Schnurrhaare. Wenn das geschah, wurden die Ratten von einer zusätzlichen Raserei ergriffen, und diejenigen, die Bond und Kerim am nächsten waren, sprangen auf die Rücken der anderen, um sich in Sicherheit zu bringen. Die ganze Zeit über wurden kämpfende, ineinander verschlungene graue Körper die Rinne entlanggespült, und je weiter sie im Tunnel voranschritten, desto näher rückte die brodelnde Masse.
Die beiden Männer hielten ihre Taschenlampen wie Waffen auf den Rand der Masse gerichtet, bis sie nach einer guten Viertelstunde ihr Ziel erreicht hatten.
Es handelte sich um eine tiefe Nische neu wirkender Ziegel in der Seitenmauer des Tunnels. Zu beiden Seiten eines breiten, mit wasserdichtem Material eingewickelten Objekts, das von der Decke herabhing, gab es eine Sitzgelegenheit.
Sie betraten die Nische. Noch ein paar Meter mehr, dachte Bond, und die Massenhysterie hätte die Tausenden von Ratten dazu gebracht, sich weiter in den Tunnel vor ihnen zu drängen, bis es nicht mehr gegangen wäre. Aus schierem Platzmangel hätten sich die Ratten daraufhin dem Licht gestellt und sich auf die beiden Eindringlinge geworfen, trotz der zwei großen Augenpaare und dem bedrohlichen Geruch.
»Sehen Sie«, sagte Kerim.
Einen Moment lang herrschte Stille. Weiter oben im Tunnel hatte das Gequietsche wie auf Befehl aufgehört. Dann war der Tunnel plötzlich dreißig Zentimeter hoch mit einer Welle aus zappelnden grauen Körpern bedeckt, während die Ratten wieder zurückliefen.
Minutenlang brodelte der graue Strom an der Nische vorbei, bis die Masse ausdünnte und nur noch ein paar kranke oder verletzte Ratten vorbeihumpelten.
Der Schrei der Horde verebbte langsam, bis es außer dem gelegentlichen Flattern einer flüchtenden Fledermaus wieder still war.
Kerim schnaubte. »Eines Tages werden diese Ratten anfangen zu sterben. Und dann wird in Istanbul wieder die Pest herrschen. Manchmal fühle ich mich schuldig, weil ich der Behörde eigentlich von
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