James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)
herabhängender schwarzer Schnurrbart verbarg die vollen roten Lippen fast vollständig. Der Blick war wild und grausam, die Nase wirkte syphilitisch. Der Mond ließ das kantige Kinn und die hohen Wangenknochen leuchten. Seine rechte Hand, an deren Daumen er einen goldenen Ring trug, ruhte auf dem Griff eines kurzen Krummdolchs in einer Lederscheide, die mit filigranem Silber geschmückt war.
Der Zigeuner hatte aufgehört zu reden. Kerim sagte ein paar Worte, nachdrücklich und offensichtlich voller Komplimente über Bond, und streckte gleichzeitig seine Hand in dessen Richtung aus, als ob er der Conférencier eines Nachtclubs wäre, der eine neue Nummer ankündigte. Der Zigeuner baute sich vor Bond auf und musterte ihn. Dann verbeugte er sich. Bond tat es ihm nach. Der Zigeuner sagte sarkastisch grinsend ein paar Worte. Kerim lachte und wandte sich an Bond. »Er sagt, dass Sie zu ihm kommen können, wenn Sie mal Arbeit brauchen. Er wird Ihnen einen Job geben – Sie können für ihn töten und seine Frauen zähmen. Das ist ein großes Kompliment für einen
gajo
– einen Fremden. Sie sollten etwas erwidern.«
»Sagen Sie ihm, ich kann mir nicht vorstellen, dass er in diesen Dingen Hilfe benötigt.«
Kerim übersetzte. Der Zigeuner grinste höflich. Er sagte etwas und kehrte dann an den Tisch zurück, wo er scharf in die Hände klatschte. Zwei Frauen standen auf und kamen auf ihn zu. Er sprach kurz mit ihnen und sie gingen zum Tisch zurück, nahmen einen großen Steinguttopf und verschwanden zwischen den Bäumen.
Kerim ergriff Bonds Arm und nahm ihn zur Seite.
»Wir sind an einem ungünstigen Abend gekommen«, sagte er. »Das Restaurant ist geschlossen. Sie müssen einen Familienstreit lösen – auf drastische Art und Weise, und daher wollen sie unter sich bleiben. Aber ich bin ein alter Freund, und wir wurden zum Essen eingeladen. Es wird scheußlich werden, aber ich habe um Raki gebeten. Wir dürfen zusehen – jedoch nur unter der Bedingung, dass wir nicht eingreifen. Ich hoffe, Sie verstehen das, mein Freund.« Kerim drückte Bonds Arm noch mal. »Egal was Sie zu sehen bekommen, Sie dürfen sich weder bewegen noch einen Kommentar abgeben. Es wurde gerade eine Gerichtsverhandlung abgehalten, und nun muss der Gerechtigkeit Genüge getan werden – ihrer Gerechtigkeit. Es geht um Liebe und Eifersucht. Zwei Mädchen des Stamms haben sich beide in seinen Sohn verliebt. Tod liegt in der Luft. Beide drohen, die andere zu töten, um ihn zu bekommen. Und wenn er eine auswählt, hat die Unterlegene geschworen, ihn und das Mädchen zu töten. Es ist also eine ausweglose Situation. Es gab viele Diskussionen innerhalb des Stamms. Schließlich wurde der Sohn in die Hügel geschickt, und die beiden Mädchen sollen es heute Abend hier austragen – in einem Kampf auf Leben und Tod. Der Sohn hat eingewilligt, die Gewinnerin zu nehmen. Jetzt gerade sind die Frauen noch in unterschiedlichen Wohnwagen eingesperrt. Nichts für zarte Gemüter, aber es wird sicher aufregend. Es ist ein großes Privileg, dass wir anwesend sein dürfen. Verstehen Sie? Wir sind
gajos
. Werden Sie Ihren Sinn für Anstand vergessen? Sie werden sich nicht einmischen? Dafür würde man Sie töten, und vielleicht auch mich.«
»Darko«, sagte Bond. »Ich habe einen französischen Freund. Ein Mann namens Mathis, der Leiter des Deuxième. Er hat einmal zu mir gesagt: ‚
J’aime les sensations fortes
.‘ Ich bin in dieser Hinsicht wie er. Ich werde Sie nicht blamieren. Männer, die Frauen schlagen, sind eine Sache. Aber Frauen, die gegeneinander kämpfen, eine ganz andere. Doch was ist mit der Bombe? Die Bombe, die in Ihrem Büro explodiert ist. Was hat er darüber gesagt?«
»Es war der Anführer der Gesichtslosen. Er hat sie selbst dort angebracht. Sie kamen in einem Boot vom Goldenen Horn, er ist eine Leiter hinaufgestiegen und hat sie an der Wand befestigt. Es war reines Pech, dass er mich nicht erwischt hat. Die Operation war gut durchdacht. Der Mann ist ein Krimineller. Ein bulgarischer ‚Flüchtling‘ namens Krilencu. Ich werde mit ihm abrechnen müssen. Nur der Himmel weiß, warum sie mich plötzlich töten wollen, aber ich kann solche Belästigungen nicht durchgehen lassen. Vielleicht entscheide ich mich heute Abend noch, Maßnahmen zu ergreifen. Ich weiß, wo er wohnt. Für den Fall, dass Vavra den Übeltäter kennt, habe ich meinen Chauffeur angewiesen, mit der notwendigen Ausrüstung zurückzukommen.«
Eine äußerst attraktive junge
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