James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
waren seine Nackenhaare, die sich gegen das Kissen aufstellten. Bond konnte sogar die kühle Luft spüren, die nun zwischen seinen Haaren hindurch an die Haut drang. Wie außergewöhnlich! Wie vollkommen außergewöhnlich! Er hatte immer gedacht, dass es sich dabei lediglich um eine Redewendung handelte. Aber warum? Was geschah mit ihm?
Das Ding an seinem Bein bewegte sich. Plötzlich wurde Bond klar, dass er Angst hatte, schreckliche Angst. Noch bevor die Meldung in seinem Gehirn angekommen war, hatte sein Instinkt seinem Körper mitgeteilt, dass er einen Hundertfüßer auf sich hatte.
Bond lag da wie erstarrt. Er hatte einmal in einem Museum ein Glas mit einem in Spiritus eingelegten tropischen Hundertfüßer gesehen. Er war hellbraun, recht flach und etwa zwanzig Zentimeter lang gewesen – so lang wie dieser hier. Auf jeder Seite seines flachen Kopfs hatte er gebogene Giftklauen gehabt. Auf dem Etikett des Präparats hatte gestanden, dass sein Gift tödlich sein konnte, wenn es direkt in eine Arterie gelangte. Bond hatte sich das präparierte Tier neugierig angesehen und war weitergegangen.
Der Hundertfüßer hatte inzwischen sein Knie erreicht und wanderte nun in Richtung Oberschenkel. Was auch immer geschah, er durfte sich nicht bewegen, nicht einmal zittern. Bonds ganzes Bewusstsein richtete sich auf diese zwei Reihen vorwärtskriechender Beinchen. Jetzt hatte er seinen Schenkel erreicht. Gott, jetzt krabbelte er weiter auf seine Leiste zu! Bond biss die Zähne zusammen! Angenommen, er mochte die Wärme dort! Angenommen, er versuchte, zwischen seine Beine zu kriechen! Würde er das ertragen können? Angenommen, er wählte ausgerechnet diese Stelle, um ihn zu beißen. Bond konnte spüren, wie der Hundertfüßer die ersten Haare dort berührte. Es kitzelte. Die Haut auf Bonds Bauch zuckte. Er konnte nichts dagegen tun. Aber nun wandte sich das Ding nach oben und kletterte seinen Bauch hinauf. Seine Füßchen zwickten fester zu, um nicht herunterzufallen. Jetzt befand es sich über seinem Herzen. Wenn es ihn dort biss, würde es ihn sicher umbringen. Der Hundertfüßer bahnte sich beständig seinen Weg durch Bonds Brusthaare hindurch und sein Schlüsselbein hinauf. Dort blieb er stehen. Was tat er? Bond konnte spüren, wie sich sein flacher Kopf blind hin und her bewegte. Wonach suchte er? War zwischen seiner Haut und der Bettdecke genügend Platz, um hindurchzukommen? Wagte er es, die Decke ein wenig anzuheben, um dem Ding zu helfen? Nein. Niemals! Das Tier befand sich nun direkt an seiner Halsschlagader. Vielleicht wurde es von dem starken Puls dort angezogen. Himmel, wenn er doch nur seinen Herzschlag kontrollieren könnte. Verdammtes Mistvieh! Bond versuchte, gedanklich mit dem Hundertfüßer zu kommunizieren. Das ist gar nichts. Dieser Puls ist nicht gefährlich. Er kann dir nichts tun. Lauf schnell raus an die frische Luft!
Als ob ihn das Biest gehört hätte, bewegte es sich plötzlich an seinem Hals hinauf und über die Bartstoppeln auf seinem Kinn. Nun befand es sich an seinem Mundwinkel, was wie wahnsinnig kitzelte. Und es krabbelte noch weiter hinauf, die Nase entlang. Jetzt konnte er Gewicht und Länge des Tieres genau spüren. Vorsichtig schloss Bond die Augen. Schon stapfte jeweils ein Beinpaar nach dem anderen über sein rechtes Augenlid. Sollte Bond, sobald es von seinem Auge herunter war, die Chance ergreifen und es abschütteln – darauf bauen, dass seine Beine von seiner schweißnassen Stirn abrutschten? Nein, um Himmels willen! Der Griff der Füßchen war endlos. Er mochte vielleicht einen Teil davon loswerden, aber nicht alle.
Mit unglaublicher Bedächtigkeit bewegte sich das riesige Insekt über Bonds Stirn. Unterhalb des Haaransatzes verharrte es. Was zur Hölle tat es jetzt? Bond konnte spüren, wie es seine Haut beschnüffelte. Es trank! Trank die salzigen Schweißtropfen. Davon war Bond überzeugt. Minutenlang bewegte es sich kaum noch. Bond spürte, wie seine Körperspannung allmählich nachließ. Er konnte fühlen, wie der Schweiß von seinem übrigen Körper auf das Bettlaken strömte. In wenigen Augenblicken würden seine Glieder zu zittern beginnen. Er konnte es bereits spüren. Er würde voller Angst zu zittern anfangen. Konnte er es unterdrücken, konnte er das? Bond lag da und wartete, während er leise ein- und ausatmete.
Der Hundertfüßer bewegte sich wieder. Er krabbelte in seine Haare. Bond spürte, wie sie beiseitegeschoben wurden, während sich das Tier seinen Weg
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