James Bond 06 - Dr. No (German Edition)
»Winde dich hinein. Jeder Zentimeter wird helfen.« Vorsichtig machte er sich daran, seinen Körper tiefer in die Kuhle zu graben, die sie für sich geschaffen hatten. Er spürte, wie sie das Gleiche tat. Er starrte hinaus. Seine Augen waren nun nur noch knapp über dem Horizont des Strands.
Der Mann hob sein Megafon. Die Stimme dröhnte: »Okay, Leute! Nur damit ihr wisst, dass dieses Ding nicht nur Zierde ist.« Er hob einen Daumen. Der Schütze am Maschinengewehr zielte mit seiner Waffe auf die Wipfel der Mangroven hinter dem Strand. Ein schnelles, ratterndes Getöse ertönte. Bond hatte dieses Geräusch das letzte Mal aus den Reihen der Deutschen in den Ardennen gehört. Die Kugeln, die über sie hinwegsausten, machten das gleiche Geräusch wie aufgeschreckte Tauben. Dann herrschte wieder Stille.
In der Ferne beobachtete Bond, wie die schwarze Wolke aus Kormoranen in die Luft aufstieg und zu kreisen begann. Seine Augen richteten sich wieder auf das Boot. Der Schütze betastete den Lauf seiner Waffe, um festzustellen, ob er warm geworden war. Die beiden Männer tauschten ein paar Worte aus. Der Späher hob einmal mehr sein Megafon.
»Okay, Leute«, sagte er barsch. »Wir haben euch gewarnt. Das war’s.«
Bond sah, wie der Lauf des Spandau-Gewehrs herumschwang und nach unten gerichtet wurde. Der Mann würde mit dem Kanu zwischen den Felsen anfangen. »Also gut, Honey«, flüsterte Bond dem Mädchen zu. »Nicht bewegen. Bleib einfach unten. Es wird nicht lange dauern.« Er spürte, wie sie mit einer Hand seinen Arm drückte. Armes kleines Ding, dachte er. Sie ist nur meinetwegen in diese Lage geraten. Er lehnte sich nach rechts, um ihren Kopf zu schützen, und drückte sein Gesicht fest in den Sand.
Dieses Mal war der Lärm entsetzlich. Die Kugeln schlugen heulend in die Biegung der Landzunge ein. Felssplitter zischten über den Strand wie Hornissen. Querschläger sprangen umher und verschwanden surrend im Hinterland. Und über allem ertönte das presslufthammerartige Dröhnen des Gewehrs.
Es gab eine Pause. Ein neues Magazin, dachte Bond. Jetzt sind wir dran. Er spürte, wie sich das Mädchen an ihn klammerte. Ihr Körper zitterte neben seinem. Bond streckte einen Arm aus und drückte sie an sich.
Das Gewehr brüllte erneut los. Die Kugeln rasten an der Gezeitenlinie entlang auf sie zu. Die schnellen Einschläge waren jetzt ganz nah. Der Baum über ihnen wurde in Fetzen gerissen. Es war, als würde eine Stahlpeitsche den Baum in Stücke schneiden. Um sie herum fielen Stückchen zu Boden und bedeckten sie nach und nach. Bond konnte kühlere Luft riechen, die bedeutete, dass sie nun im Freien lagen. Verbargen die Blätter und Zweige sie? Die Kugeln marschierten entlang der Küste davon. Nach weniger als einer Minute verstummte der Lärm.
Die Stille war fast greifbar. Honey wimmerte ängstlich. Bond beruhigte sie und drückte sie noch fester an sich.
Das Megafon dröhnte: »Okay, Leute. Wenn ihr noch Ohren habt: Wir kommen an Land und sammeln eure Einzelteile ein. Und wir werden die Hunde mitbringen. Bis gleich.«
Das langsame Tuckern der Dieselmotoren nahm Fahrt auf. Die Maschinen gaben ein ungestümes Brüllen von sich, und Bond beobachtete durch die gefallenen Blätter, wie das Heck des Boots tiefer ins Wasser sank, als es Richtung Westen aufbrach. Innerhalb weniger Minuten war es außer Hörweite.
Vorsichtig hob Bond den Kopf. Die Bucht lag friedlich da, und der Strand wirkte unberührt. Alles war wie zuvor, abgesehen von dem Gestank nach Kordit und dem säuerlichen Geruch von zerschossenem Felsgestein. Bond zog Honey auf die Beine. Ihr Gesicht war tränenüberströmt. Sie starrte ihn bestürzt an. »Das war schrecklich«, sagte sie ernst. »Warum haben die das getan? Die hätten uns töten können.«
Dieses Mädchen hatte sich schon immer verteidigen müssen, aber nur gegen die Natur, dachte Bond. Sie kennt die Welt der Tiere, Insekten und Fische und weiß, wie man damit umgeht. Aber es ist eine kleine Welt, die von der Sonne, dem Mond und den Jahreszeiten bestimmt wird. Sie kennt die große Welt nicht, in der es verrauchte Räume, Säle voller Börsenmakler, Flure und Wartezimmer vor Regierungsbüros und vorsichtige Treffen auf Parkbänken gibt. Sie hat keine Vorstellung vom Kampf um Macht und Geld, den die großen Männer führen. Sie weiß nicht, dass sie aus ihrem kleinen Tümpel in das schmutzige Meer hinausgespült wurde.
»Ist schon gut, Honey«, sagte er. »Das sind nur ein paar böse
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