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James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

James Bond 06 - Dr. No (German Edition)

Titel: James Bond 06 - Dr. No (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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Bedächtig aß er drei verschiedene Schalen Suppe, wofür er einen Löffel mit einem kurzen Stiel benutzte, der genau zwischen seine Zangen passte. Bond konzentrierte sich darauf, seine Angst vor Honey zu verbergen. Er bemühte sich, entspannt dazusitzen, und aß und trank mit erzwungenem Appetit. Gut gelaunt plauderte er mit ihr über Jamaika, die dortigen Vögel, Tiere und Blumen, was für sie ein leichtes Gesprächsthema war. Hin und wieder suchte er mit seinen Füßen unter dem Tisch nach ihren. Sie wirkte fast fröhlich. Bond fand, dass sie eine ausgezeichnete Imitation eines verlobten Paars abgaben, das von einem verhassten Onkel zum Abendessen eingeladen worden war.
    Bond hatte keine Ahnung, ob sein armseliger Bluff funktioniert hatte. Er machte sich jedoch keine allzu großen Hoffnungen. Doktor No und seine Geschichte strahlten Unbezwingbarkeit aus. Die unglaubliche Biografie klang nach der Wahrheit. Nicht ein Wort davon war unmöglich. Vielleicht gab es auf der Welt noch andere Menschen, die ihre privaten Königreiche hatten – abseits des alltäglichen Rummels, wo es keine Zeugen gab und wo sie tun konnten, was sie wollten. Und was beabsichtigte Doktor No als Nächstes zu tun, nachdem er die Fliegen zerdrückt hatte, die gekommen waren, um ihn zu piesacken? Und falls – wenn – er Bond und das Mädchen umbrachte, würde London dann die Hinweise finden, die Bond bereits gefunden hatte? Vermutlich schon. Immerhin gab es da noch Pleydell-Smith. Den Beweis des vergifteten Obstes. Doch wie weit würde Bonds Nachfolger bei Doktor No kommen? Nicht weit. Doktor No würde Bonds und Quarrels Verschwinden mit einem Schulterzucken abtun. Er würde behaupten, noch nie von ihnen gehört zu haben. Und es würde keine Verbindung zu dem Mädchen geben. In Morgan’s Harbour würde man denken, dass sie auf einem ihrer Ausflüge ertrunken war. Bond konnte sich nur schwer vorstellen, was Doktor No in die Quere kommen könnte – ihm und dem zweiten Kapitel seines Lebens, wie immer es auch aussehen mochte.
    Während er mit dem Mädchen plauderte, bereitete sich Bond auf das Schlimmste vor. Neben seinem Teller lagen zahlreiche Waffen. Als die perfekt gebratenen Koteletts serviert wurden, fummelte Bond unentschlossen mit den Messern herum und wählte das Brotmesser, um sie zu essen. Während er aß und sich unterhielt, schob er das große Stahlmesser fürs Fleisch Stück für Stück immer näher zu sich heran. Mit einer ausladenden Geste seiner rechten Hand warf er sein Champagnerglas um, und in dem Bruchteil der Sekunde, in dem es klirrend auf den Tisch fiel, schob er das Messer mit der linken Hand in den weiten Ärmel seines Kimonos. Bond entschuldigte sich überschwänglich, und in der Verwirrung, die entstand, während er und die Wache den verschütteten Champagner aufwischten, hob Bond seinen linken Arm und spürte, wie das Messer bis unter seine Achselhöhle rutschte und dann im Inneren des Kimonos gegen seine Rippen glitt. Nachdem er seine Koteletts aufgegessen hatte, zog er den Seidengürtel an seiner Taille straff, wobei er das Messer vor seinen Bauch verlagerte. Dort ruhte es nun bequem an seiner Haut und wurde langsam warm.
    Das Mahl war beendet und der Kaffee wurde serviert. Die beiden Wachen kamen und stellten sich direkt hinter Bond und Honey auf. Mit vor der Brust verschränkten Armen standen sie vollkommen reglos da, wie Scharfrichter.
    Doktor No stellte seine Tasse behutsam auf die Untertasse. Er legte seine beiden Stahlklauen vor sich auf den Tisch und setzte sich noch ein wenig aufrechter hin. Dann drehte er seinen Körper ein kleines Stück in Bonds Richtung. Sein Gesicht wirkte jetzt nicht mehr gedankenverloren. Der Blick war hart und unverwandt. Der dünne Mund verzog sich. »Haben Sie Ihr Abendessen genossen, Mister Bond?«
    Bond nahm eine Zigarette aus dem silbernen Etui vor sich und zündete sie an. Er spielte mit dem silbernen Feuerzeug herum. Er spürte, dass nun etwas Unangenehmes passieren würde. Er musste es irgendwie schaffen, das Feuerzeug heimlich einzustecken. Feuer mochte sich als eine weitere Waffe erweisen. »Ja. Es war ausgezeichnet«, sagte er lässig. Er schaute zu Honey, lehnte sich auf seinem Stuhl vor und stützte seine Unterarme auf den Tisch. Er verschränkte sie und umschloss damit das Feuerzeug. Er lächelte das Mädchen an. »Ich hoffe, du mochtest das Essen, das ich für dich bestellt habe.«
    »Oh ja, es war köstlich.« Für sie war die Party immer noch in vollem Gange.
    Bond

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