James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
Mühe zu machen.« Er wandte sich an den Experten. »Sollen wir Sie mit einem Wagen irgendwo hinbringen lassen?«
»Nein, vielen Dank, das ist wirklich nicht nötig. Ich mache lieber einen kleinen Spaziergang durch den Park.«
Man schüttelte sich die Hände, verabschiedete sich, und Bond begleitete den Doktor hinaus. Dann kehrte Bond zurück. Inzwischen hatte M eine dicke Aktenmappe mit dem roten Stern, der »streng geheim« bedeutete, aus einer Schublade gezogen und war bereits darin vertieft. Bond setzte sich wieder auf seinen Platz und wartete. Bis auf das Blättern der Seiten war es still im Raum. Aber auch das hörte auf, als M ein blaues Blatt Papier herausnahm, das für vertrauliche Personalaufzeichnungen benutzt wurde, und sich daran machte, das eng beschriebene Blatt sorgfältig durchzulesen.
Schließlich schob er es wieder in die Akte und sah auf. »Ja«, sagte er, und seine blauen Augen funkelten interessiert. »Es passt alles zusammen. Das Mädchen wurde 1935 in Paris geboren. Die Mutter war während des Krieges in der Résistance aktiv. Sie half beim Aufbau der Tulpenfluchtroute, ohne erwischt zu werden. Nach dem Krieg ging das Mädchen auf die Sorbonne und bekam eine Anstellung als Übersetzerin in der Botschaft, im Büro des Marineattachés. Den Rest kennen Sie. Sie wurde kompromittiert – eine unangenehme Sexgeschichte – von einigen alten Freunden ihrer Mutter aus der Widerstandsbewegung, die inzwischen für das Innenministerium der UdSSR arbeiteten. Seit damals arbeitet sie unter ihrer Kontrolle. Sie bewarb sich für eine britische Staatsbürgerschaft, zweifellos auf Befehl. Das Empfehlungsschreiben der Botschaft und die Aktivitäten ihrer Mutter in der Résistance halfen ihr dabei, diese 1959 zu bekommen, und sie wurde uns vom Außenministerium empfohlen. Aber dann beging sie einen großen Fehler. Sie bat um eine einjährige Pause, bevor sie zu uns kam, und als Nächstes wurde uns vom Hutchinson-Netzwerk berichtet, dass sie im Spionagelager in Leningrad gesehen wurde. Dort durchlief sie wahrscheinlich die übliche Ausbildung, und wir mussten entscheiden, was wir ihretwegen unternehmen sollten. Sektion 100 dachte sich diese Code-Lila-Operation aus und den Rest kennen Sie ja. Sie arbeitet inzwischen seit drei Jahren hier im Hauptquartier für den KGB. Und nun bekommt sie ihre Belohnung – diesen Smaragdglobus im Wert von hunderttausend Pfund. Und das ist aus zwei Gründen interessant. Erstens bedeutet es, dass der KGB auf den Code Lila reingefallen ist, sonst würde man ihr nicht so viel bezahlen. Das sind gute Neuigkeiten. Das heißt, wir können den Russen endlich interessanteres Material unterjubeln – ein paar Fehlinformationen Stufe 3 und uns dann vielleicht zu Stufe 2 hocharbeiten. Zweitens erklärt es etwas, das wir nie verstanden haben – warum die Frau bis heute noch keine einzige Bezahlung für ihre Dienste erhalten hat. Wir waren deswegen besorgt. Sie hatte ein Konto bei Glyn, Mills & Co., auf dem lediglich der Eingang ihres monatlichen Gehaltsschecks von etwa fünfzig Pfund verzeichnet war. Und sie ist stets damit ausgekommen. Nun bekommt sie durch diesen Tand, von dem wir erfahren haben, ihre Abfindung in einer einzigen großen Summe. Alles in allem sehr befriedigend.«
M beugte sich zu dem Aschenbecher vor, der aus einer dreißig Zentimeter breiten Muschelschale bestand, und klopfte seine Pfeife mit dem Gebaren eines Manns aus, der sein Tagwerk zufriedenstellend erledigt hatte.
Bond rutschte nervös auf seinem Platz herum. Er sehnte sich nach einer Zigarette, aber er hätte nicht mal im Traum daran gedacht, sich eine anzuzünden. Er brauchte eine, um einen klaren Kopf zu bekommen. Denn er spürte, dass die Sache nicht so einfach war, wie sie zu sein schien. Ein Aspekt störte ihn besonders. »Wissen wir, wer ihre Kontaktperson ist, Sir?«, fragte er vorsichtig. »Woher bekommt sie ihre Anweisungen?«
»Sie braucht keine«, antwortete M ungeduldig, während er sich mit seiner Pfeife beschäftigte. »In dem Moment, in dem man ihr die Code-Lila-Operation anvertraut hatte, musste sie nicht mehr tun, als die Stellung zu halten. Verdammt, sie schiebt ihnen sechs Mal am Tag Informationen zu. Was für Anweisungen sollten sie ihr denn geben? Ich bezweifle, dass die KGB-Leute in London überhaupt von ihrer Existenz wissen. Vielleicht der Stationsleiter, aber wie Sie ja wissen, kennen wir seine Identität nicht. Ich würde mein Augenlicht geben, um sie herauszufinden.«
Plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher