James Bond 14 - Octopussy (German Edition)
gebeten, die Sotheby’s so gerne ausrichtet. Das alles ist natürlich eine wunderbare Werbung für sie. Mein Gott, wenn sie wüssten, dass die ganze Angelegenheit auch noch einen mysteriösen Aspekt hat, gäbe es einen Aufstand! Gibt es denn sonst noch etwas zu tun? Oder müssen wir einfach nur diesen Mann finden und das war es dann?«
»Das ist alles. Was denken Sie, für wie viel dieses Ding weggehen wird?«
Mr Snowman tippte sich mit einem goldenen Kugelschreiber gegen seine Vorderzähne. »Tja, Sie müssen verstehen, dass ich dazu leider nichts sagen kann. Ich weiß, wie hoch ich gehen werde, aber das ist das Geheimnis meines Klienten.« Er schien einen Augenblick lang nachzudenken. »Sagen wir einfach, dass es mich sehr überraschen würde, wenn das Objekt für weniger als hunderttausend Pfund verkauft wird.«
»Ich verstehe«, sagte Bond. »Und wie komme ich in die Auktion?«
Mr Snowman öffnete eine elegante mit Krokodilleder bespannte Mappe und nahm zwei Einladungen heraus. Eine reichte er Bond. »Die gehört meiner Frau. Ich werde ihr einen anderen Sitzplatz besorgen. B5 … ein guter mittiger Platz vorne. Ich habe B6.« Bond nahm die Einladung entgegen. Darauf stand:
Sotheby & Co
Versteigert werden
Eine Schmuckschatulle mit prächtigen Juwelen
und
ein einzigartiges Objekt von Carl Fabergé
Aus dem Besitz einer Dame
Eintritt für eine Person in den Hauptsaal
Dienstag, 20. Juni, um Punkt 21:30 Uhr
EINGANG IN DER ST GEORGE STREET
»Es ist nicht der alte georgianische Eingang in der Bond Street«, erklärte Mr Snowman. »Seit die Bond Street eine Einbahnstraße ist, haben sie eine Markise und einen roten Teppich an ihrer Hintertür.« Er erhob sich. »Wollen Sie jetzt ein paar Fabergé-Objekte sehen? Wir haben hier ein paar Stücke, die mein Vater um 1927 herum dem Kreml abgekauft hat. Dadurch bekommen Sie eine Vorstellung davon, worum es bei dem ganzen Wirbel geht, auch wenn der Smaragdglobus selbstverständlich ungleich erlesener ist als alles, was ich Ihnen hier zeigen kann, abgesehen natürlich von den berühmten Fabergé-Eiern.«
Später verließ Bond Aladins Schatzhöhle unter der Regent Street, noch ganz geblendet von den Diamanten, dem vielfarbigen Gold, dem seidigen Glanz der durchscheinenden Emaille, und verbrachte den restlichen Tag in schäbigen Büros in Whitehall. Dort plante er bis ins Detail, wie er es anstellen wollte, in einem überfüllten Raum einen Mann zu identifizieren und zu fotografieren, der bis jetzt noch keine Identität und kein Gesicht hatte, bei dem es sich jedoch mit höchster Sicherheit um den wichtigsten sowjetischen Spion in London handelte.
Während des nächsten Tages nahm Bonds Aufregung immer weiter zu. Er fand einen Vorwand, um in die Kommunikationsabteilung zu gehen und in den kleinen Raum zu schlendern, wo Miss Maria Freudenstein und zwei Assistentinnen die Chiffriermaschinen bedienten, die die Code-Lila-Botschaften erstellten. Er nahm eine unverschlüsselte Akte in die Hand – Bond hatte eine Zugangsberechtigung zu einem Großteil des Materials im Hauptquartier – und überflog die sorgfältig bearbeiteten Paragrafen, die in etwa einer halben Stunde von irgendeinem CIA-Mitarbeiter in Washington ungelesen abgeheftet und in Moskau voller Ehrfurcht an einen leitenden KGB-Offizier weitergegeben werden würden. Er scherzte mit den beiden Assistentinnen, doch Maria Freudenstein sah nur kurz von ihrer Maschine auf und schenkte ihm ein höfliches Lächeln. Bond verursachten diese Nähe zum Landesverrat und der Gedanke an das schwarze und tödliche Geheimnis, das sich unter der weißen Rüschenbluse verbarg, eine Gänsehaut. Freudenstein war nicht besonders attraktiv, hatte blasse unreine Haut, schwarzes Haar und wirkte irgendwie ungepflegt. Eine solche Person fühlte sich bestimmt ungeliebt, hatte nur wenige Freunde, war angesichts ihrer Unehelichkeit besonders empfindlich und der Gesellschaft im Allgemeinen bestimmt eher feindlich gesinnt. Vielleicht bestand die einzige Freude in ihrem Leben in dem Geheimnis, das sie in ihrer flachen Brust bewahrte – das Wissen, dass sie klüger war als alle um sie herum, dass sie es der Welt Tag für Tag und mit aller Macht heimzahlte. Einer Welt, von der sie aufgrund ihrer Unansehnlichkeit verabscheut oder schlichtweg ignoriert wurde. Eines Tages würde es ihnen schon noch leidtun! Es war ein bekanntes psychologisches Muster – die Rache des hässlichen Entleins an der Gesellschaft.
Bond kehrte wieder in sein eigenes Büro
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